Die Telekommunikation im SPIEGEL – Teil 44 khd
Stand:  3.5.2006   (17. Ed.)  –  File: Spiegel/44.html




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  • Neuere SPIEGEL-Berichte   (45. Teil).
  • 13.03.2006: Hilfe, mein Teppich funkt.
  • 13.03.2006: Vodafone: Gent geht.
  • 12.03.2006: Unter Erich gäb's kein Blu-ray.
  • 10.03.2006: Alle wollen Filme übers Netz verkaufen.
  • 10.03.2006: WIMAX – überschätzte Technik?
  • 06.03.2006: TV-Gebühren: „Sehr genau hinschauen“.
  • 04.03.2006: So will ich IP-Fernsehen!
  • 02.03.2006: Mobiles Fernsehen mit Hindernissen.
  • 02.03.2006: Fahnder können auf E-Mails zugreifen.
  • 27.02.2006: Leben in der Surflücke.
  • 26.02.2006: UMTS wird breitgeklopft.
  • 10.02.2006: Desktopsuche sorgt wieder für Streit. (Google)
  • Ältere SPIEGEL-Berichte   (43. Teil).
    Made with Mac


    G O O G L E   U N D   D E R   D A T E N S C H U T Z

    Desktopsuche sorgt wieder für Streit

    Neuer Streit zwischen Google und Datenschützern: In der neuen Version von Googles Desktopsuche können User nicht nur auf ihrem Privatcomputer suchen, sondern zum Beispiel auch auf Firmenrechnern. Die Informationen werden auf Google-Servern gespeichert – ein Unding, wie Datenschützer finden.

    Aus:
    Spiegel Online – 10. Februar 2006, 19.11 Uhr MEZ (nur elektronisch publiziert). [Original]

    Die Beziehung zwischen Google und den Datenschützern war nie allzu innig: Extrem langlebige Cookies, durchforstete Elektropost bei "Google Mail" und automatisch übertragene Informationen zum Surfverhalten bei "Google Desktop" – so heißen nur einige Reizworte, die in der Vergangenheit immer wieder für böses Blut sorgten. US-Datenschützer Chris Hoofnagle vom "Electronic Privacy Information Center" (EPIC) beklagte im vergangenen Sommer sogar, der Suchmaschinenriese sei inzwischen "eines der größten Datenschutzrisiken im Internet".

    Das Unternehmen selbst hat Vorwürfe dieser Art naturgemäß immer weit von sich gewiesen: "Der Datenschutz und die Privatsphäre unserer Nutzer sind das höchste Gut", so lautet das Mantra von Google-Sprecher Stefan Keuchel. Schließlich habe man detaillierte Datenschutzrichtlinien in die Allgemeinen Geschäftsbedingungen integriert. Diese Richtlinien regeln, was Google mit den gewonnenen Daten alles anstellen darf – und was nicht.

    Nun gibt es ein neues Kapitel im Streit zwischen Google und den Datenschützern. Es ist die neue Version von Googles Desktopsuche. Bisher arbeitete der Schreibtisch-Schnüffler nach folgendem Prinzip: Einmal installiert, durchwühlte er die lokalen Festplatten Verzeichnis um Verzeichnis und merkte sich in einem Suchindex alles, was er dabei so fand: Texte, Fotos, E-Mails, Musikstücke etc. War das einmal geschafft, durchsuchte "Google Desktop" nur noch in Windeseile diesen Index – und nicht mehr die ganze Festplatte.

    In der neuen Version des Programms gibt es nun aber eine weitere Funktion. Sie erlaubt es, auch andere Rechner zu durchsuchen, für die der User einen Zugang hat. Das könnten zum Beispiel Firmenrechner sein. Alle Computer, auf denen der Nutzer die Desktopsuche installiert hat, können nun gleichzeitig durchsucht werden. Was beim ersten Hinhören ungemein praktisch klingt, hat allerdings einen gewaltigen Haken: Die Index-Dateien werden auf Google-Servern zwischengespeichert, damit man auch auf sie zugreifen kann, wenn die Rechner ausgeschaltet sind.

    Für Datenschützer ist das ein Unding: "Was ich bis jetzt da sehen konnte, ist höchst bedenklich", sagt Sven Borchert vom Unabhängigen Landeszentrum für Datenschutz Schleswig-Holstein in einer ersten Reaktion auf eine Anfrage von Spiegel Online. In den USA schlägt vor allem die "Electronic Frontier Foundation"(EFF) Alarm. "Außer wenn Sie Google Desktop sehr sorgfältig konfigurieren – und sehr wenige Menschen werden das tun –, hat Google Zugriff auf Kopien Ihrer Steuerabrechnungen, Liebesbriefe, Geschäftsunterlagen, Finanz- und Krankenakten und alle anderen Textdokumente, die von der Desktop-Software indiziert werden können", warnt EFF-Mitarbeiter Kevin Bankston.

    Er befürchtet, dass US-Regierungsstellen bei Bedarf allzu leicht Zugriff auf die Unterlagen haben. Das liege daran, dass E-Mails und andere elektronische Unterlagen auf Grund des sogenannten "Electronic Communication Privacy Acts" nur eingeschränkt geschützt sind – wenn sie auf den Rechnern eines Online Service Providers liegen, wie es bei Google der Fall ist. Dateien auf dem eigenen Computer wären hingegen besser geschützt. Deswegen sollten die User besser die Finger von der neuen Suchfunktion lassen.

    Doch trotz der harschen Kritik, will sich die EFF Google auch nicht vollständig zum Feind machen – und ruft das Unternehmen stattdessen zum gemeinsamen Kampf für bessere Datenschutzgesetze auf. Das liegt an einem anderen Rechtsstreit: Google ringt gerade mit dem US-Justizministerium, das von dem Suchmaschinenanbieter umfangreiche Daten über Suchanfragen verlangt. Und bei aller Kritik kämpfen Datenschützer und Suchmaschine in diesem Fall an derselben Front.



    M O B I L F U N K

    UMTS wird breitgeklopft

    Die überhöhten Erwartungen an den schnellen Mobilfunkstandard haben sich nicht erfüllt. Jetzt hofft die Branche auf eine Weiterentwicklung des Standards, der wirklich breitbandige mobile Internetverbindungen ermöglichen soll. Könnte gelingen – wenn die Funker endlich von ihren Preisen herunter kämen.

    Aus:
    Spiegel Online – 26. Februar 2006, 15.48 Uhr MESZ (nur elektronisch publiziert). [Original]

    Wenn 2005 das Jahr der Billigtarife im Mobilfunk war, dann könnte 2006 ganz im Zeichen der mobilen Datennutzung stehen. Die UMTS-Netze liefern bereits seit rund 2 Jahren Daten mit bis zu sechsfacher ISDN-Geschwindigkeit auf Handy und Notebook. Zur CeBIT in Hannover werden zumindest die beiden großen Netzbetreiber, T-Mobile und Vodafone, ihre Bandbreite deutlich aufstocken. Mobile Datenübertragung wird dann so schnell wie heute der durchschnittliche DSL-Anschluss. Zugleich bewegen sich die Tarife. Surfen unterwegs dürfte nicht nur schneller, sondern auch billiger werden.

    Bei den Tarifen hat E-Plus für die Branche die Latte aufgelegt. Für die mobile Datennutzung berechnet die Düsseldorfer Nummer drei im deutschen Markt knapp 40 Euro pauschal mit subventionierter Datenkarte, ohne sind es – unter der Flatrate-Marke Base – nur 25 Euro. Mehr können auch die anderen Unternehmen auf Dauer nicht verlangen, vermutlich werden die Preise eher noch sinken.

    T-Mobile hat zum 1. März nachgelegt und bietet seinerseits eine Flatrate an. Als Grundpreis berechnet die Telekom-Tochter 35 Euro im Monat. Hinzu kommt ein Euro für jeden Tag, den der Anwender online geht. Der IT-Informationsdienst heise.de nannte den Tarif daher auch eine "Quasi-Flatrate".

    Die beiden übrigen Netzbetreiber sind beim Thema Flatrate bisher deutlich zurückhaltender. Vodafone hat zwar bereits 200.000 Nutzer einer Notebook-Datenkarte und sieht laut Unternehmenssprecher Heiko Witzke in den Datendiensten einen wichtigen Wachstumsmarkt. Eine Flatrate gibt es von den Düsseldorfern dennoch nicht. Stattdessen bietet Vodafone seinen Kunden ebenso wie O2 Zeit und Volumentarife.

    Auch die Notebookhersteller haben inzwischen erkannt, wie wichtig die mobile Datennutzung wird. Müssen Anwender bisher separate UMTS-Datenkarten in den Erweiterungsschacht des Notebooks stecken, haben Dell, HP und Lenovo Geräte für Geschäftskunden mit integriertem Mobilfunkmodul angekündigt. Für Privatanwender plant T-Mobile, ein subventioniertes Notebook mit eingebautem UMTS zu verkaufen.

    Einen weiteren Schub bekommt das mobile Internet auf der Computermesse CeBIT im März in Hannover. T-Mobile und Vodafone starten zur Messe ihren beschleunigten UMTS-Dienst HSDPA, zunächst in den größeren Städten und dann sukzessive im gesamten UMTS-versorgten Gebiet. Der High Speed Downlink Packet Access ermöglicht zum Start eine Datenübertragung beim Herunterladen von Inhalten aus dem Netz mit bis zu 1,8 Megabit pro Sekunde (Mbit/s), also ebenso schnell wie derzeit mit einem durchschnittlichen DSL-Anschluss. Beim Hochladen ist die Technik mit 384 Kilobit pro Sekunde (Kbit/s) sogar doppelt so schnell wie der übliche DSL-Anschluss und ebenso leistungsstark wie UMTS heute beim Download.

    Damit ist das Ende der Beschleunigung mobiler Datenübertragung per Mobilfunk jedoch noch nicht erreicht. HSDPA verfügt über weit mehr Potenzial. Bereits Ende des Jahres will Vodafone die eigenen Netze bis auf 3,6 Mbit/s aufrüsten, bis Ende 2007 sollen 7,2 Mbit/s möglich sein. Unternehmenssprecher Witzke ist zuversichtlich, dass die ersten Datenkarten für die beschleunigte Datenübertragung ebenso Ende des Jahres auf den Markt kommen werden. Die ersten HSDPA-Karten, die zur CeBIT in die Läden kommen, werden voraussichtlich nicht mittels Update nachgerüstet werden können.

    Mit der Datenbeschleunigung werden sich aller Voraussicht nach auch die Tarife weiter bewegen. Denn die Mobilfunkunternehmen sind auf den Massenmarkt angewiesen. Allein für Geschäftskunden würden sich die Investitionen kaum rechnen. Das Privatanwender-Notebook von T-Mobile weist in diese Richtung. Weitere Angebote werden folgen. [mehr beim SPIEGEL]



    A L T E R N A T I V E N   Z U   D S L

    Leben in der Surflücke

    Sie klingen so schön, die Werbesprüche, die zeitlich unbegrenztes und ganz und gar flottes Surfen per DSL versprechen - oft gerade einmal für einen Zehner im Monat. Doch längst nicht überall ist DSL verfügbar. SPIEGEL ONLINE hat einige Alternativen für Geplagte zusammengestellt.

    Aus:
    Spiegel Online – 27. Februar 2006, 16.25 Uhr MESZ (nur elektronisch publiziert). [Original]

    Flatrates sind für immer mehr Bundesbürger der ganz normale Weg ins Internet. Doch nicht jeder kann das schnelle Surfen genießen. Vor allem da, wo die Telekom Anfang der Neunziger Glasfaserkabel im Boden versenkte, ist es Essig mit dem DSL-Vergnügen. "DSL ist in vielen Anschlussbereichen verfügbar", heißt das dann im Werbedeutsch. In vielen, aber eben nicht in allen.

    Nach Angaben des Verbands der Anbieter von Telekommunikations- und Mehrwertdiensten (VATM) gibt es in Deutschland rund 5.200 Ortsnetze mit rund 7.900 Hauptverteilern. Jeder Fünfte davon ist nach Schätzung des Verbandes gar nicht oder nur eingeschränkt DSL-fähig. Im Osten ist sogar fast jeder zweite Hauptverteiler technisch so beschaffen, dass schnelles Surfen ausfallen muss.

    Wimax: Beeindruckend bei Geschwindigkeit und Reichweite

    Für alle, die aus solcherlei Gründen nicht mit DSL ins Netz gehen können, gibt es allerdings einige Alternativen. Der derzeit wohl ernstzunehmendste DSL-Konkurrent heißt dabei Wimax. Das ist die Abkürzung für "Worldwide Interoperability for Microwave Access".

    Geschwindigkeitstechnisch bricht der neue Drahtlosstandard alle Rekorde: Zwei bis fünf Megabit pro Sekunde verspricht die Technologie. Beeindruckend ist auch die Reichweite von Wimax, die bei ungefähr 50 Kilometern pro Funkzelle liegt. Normale WiFi ("Wireless Fidelity") Funknetze, die es in zahlreichen Privathaushalten, Unternehmen und öffentlichen Orten zu Popularität gebracht haben, bringen es gerade mal auf ein Fünfhundertstel davon.

    In einigen Leuchtturmprojekten wird derzeit der Ausbau von Wimax vorangetrieben, etwa in den rheinischen Gemeinden Sankt Augustin und Swistal, wo die Telekom probefunkt. Die Konkurrenz von Intel, Capgemini und Siemens hat vorgenommen, die neue Technik in Düsseldorf im Praxistest vorzuführen: Dort soll Wimax unter anderem dazu dienen, WM-Touristen zu einer multimedialen Stadtführung zu verhelfen oder der Feuerwehr eine bessere Kommunikation mit der Einsatzzentrale zu ermöglichen. Privates Surfen ist dabei allerdings nicht vorgesehen. Doch andernorts wird Wimax schon vermarktet: AirMax oder DSLonair heißen die Produkte, die aber längst noch nicht überall verfügbar sind.

    Intel fördert – ganz eigennützig

    Darüber, wie populär Wimax in der Fläche tatsächlich werden wird, gehen die Meinungen auch erheblich auseinander. Euphorische Beobachter wie etwa die Analysten von Steria Mummert gehen davon aus, dass sich Wimax "voraussichtlich ab 2008" gegen DSL durchsetzen wird – bei einem weltweiten Umsatz an Wimax-Zubehör von respektablen 940 Millionen Euro. Doch längst nicht alle Marktbeobachter sind so euphorisch. So beklagten die Analysten von Unstrung Insider Ende Januar, dass Probleme bei der Wimax-Standardisierung viele Risikokapitalfirmen davon abhielten, im Wimax-Bereich zu investieren. Und wo kein Riskikokapital, da auch keine Services und Endgeräte.

    Der wohl größte Förderer von Wimax ist der Chiphersteller Intel. Im eigenen Interesse: Intel entwickelt und verkauft nämlich die Chips für die Sendestationen, außerdem soll die neue Generation von Intels Notebook-Prozessoren Wimax-fähig sein. So stieg der Chipriese vor wenigen Tagen für eine unbekannte Summe bei der Firma DBD Deutsche Breitband Dienste GmbH ein. Das Unternehmen bietet in Heidelberg und Berlin-Pankow Wimax-Dienste an. Nach einem Zeitungsbericht stehen als nächste Städte Dresden und Leipzig auf der Agenda. "Wir haben über zwei Jahre Vorsprung vor den Wettbewerbern – den werden wir konsequent nutzen", trommelte DBD-Chef Fabio Zoffi.

    Das wollten besagte Wettbewerber so nun auch nicht auf sich sitzen lassen: Kurz nach DBD kündigte auch die Bielefelder WiBEG ein Wimax-Engagement in Dresden an. Ein schöner Erfolg für die Aktivisten der Bürgerinitiative "DSL für Dresden", die jahrelang für schnelles Surfen im früheren "Tal der Ahnungslosen" gekämpft hatten.

    Eines Tages sollen übrigens auch Handys nach dem Wimax-Standard funken können. In Korea, beim drahtlosen Internet-Zugang seit jeher in der Spitzengruppe, soll bis Ende des Jahres auch die mobile Variante von Wimax kommerziell vermarktet werden. [mehr beim SPIEGEL]



    V E R F A S S U N G S U R T E I L

    Fahnder können auf E-Mails zugreifen

    Das Verfassungsgericht hat die Bedingungen für die Beschlagnahme von Handy- und Computerdaten neu definiert: Fahnder erhalten Zugriff, müssen sich aber an Regeln halten. Spannend sind die Nebenwirkungen: Verstößt die entsprechende EU-Richtlinie gegen deutsches Recht?

    Aus:
    Spiegel Online – 2. März 2006, 14.15 Uhr MEZ (nur elektronisch publiziert). [Original]

    KARLSRUHE. Das Bundesverfassungsgericht hat mit einem Urteil am heutigen Donnerstagmorgen einerseits die Beschlagnahme von E-Mail-Verbindungsdaten erleichtert, die auf dem Computer eines Empfängers gespeichert sind. Zugleich aber gab es der Klägerin in einigen Punkten Recht, die wegen der Umstände einer solchen Beschlagnahmung Verfassungsbeschwerde eingelegt hatte.

    Nach dem Urteil unterliegen die Verbindungsdaten nicht mehr dem Fernmeldegeheimnis, sobald sie beim Empfänger eingegangen sind und der Übertragungsvorgang beendet ist. Die Beschlagnahme der Daten bei einer Durchsuchungsaktion müsse allerdings "verhältnismäßig" sein und das Recht auf informationelle Selbstbestimmung wahren.

    Letztlich erleichtert das Urteil den Fahndern den Zugriff auf Handy- und Computerdaten, die nun nur noch durch das Recht auf informationelle Selbstbestimmung geschützt sind. Damit reicht den Fahndern schon ein Verdacht auf leichtere Straftaten, um die Beschlagnahmung entsprechender Daten zu veranlassen. Das Fernmeldegeheimnis sanktioniert solche Zugriffe nur bei einem Verdacht auf schwere Straftaten.

    Im konkret verhandelten Fall der Heidelberger Richterin, deren Computerdaten bei einer Wohnungsdurchsuchung beschlagnahmt worden waren, weil sie in Verdacht stand, Ermittlungsergebnisse an die Presse weitergegeben zu haben, war das Vorgehen der Fahnder dagegen nicht korrekt. Der Verdacht gegen die Richterin hatte sich nicht erhärtet. Nach dem jetzigen Urteil des Bundesverfassungsgerichts verstieß sowohl der Durchsuchungsbeschluss als auch die Beschlagnahme gegen das Recht auf informationelle Selbstbestimmung und die Unverletzlichkeit der Wohnung. Das Urteil der acht Richter des Zweiten Senats erging einstimmig.

    EU-Richtlinie nicht verfassungskonform?

    Die Begründung des Urteils dürfte noch für heiße Diskussionen sorgen. Denn auch, wenn Handy- und E-Mail-Daten nun weniger stark als unter dem Fernmeldegesetz geschützt sind, genießen sie doch prinzipiell einen gesetzlich garantierten Schutz. Beschlagnahmt werden dürfen sie nur bei Vorliegen eines Verdachtes auf eine Straftat. Das aber steht im offenen Gegensatz zur EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung, die von Telekommunikationsunternehmen eine präventive, grundsätzliche Speicherung und Archivierung solcher Daten ohne Vorliegen eines Anfangsverdachtes verlangt.

    Die EU-Richtlinie sieht vor, dass künftig jede Benutzung von Telefon, Handy und Internet protokolliert werde, damit Strafverfolgungsbehörden auf diese Informationen zugreifen können. Nachdem das Europäische Parlament nach langer Diskussion den vom Minsterrat vorgelegten Kompromissvorschlag im Dezember billigte, folgten kürzlich auch die EU-Justizminister.

    Die Bundesregierung unterstützt die EU-Richtlinie, will bei ihrer Umsetzung aber auf Bedenken von Datenschützern und Bürgerrechtlern eingehen. Der Entwurf eines neuen Telekommunikationsgesetzes des Bundeswirtschaftsministeriums sieht bereits vor, dass Speicherungsdauer und Art der erfassten Daten nicht über die Mindestanforderungen der EU-Regelung hinaus gehen sollen. Außerdem sollen die Unternehmen eine "angemessene Entschädigung" für die Erfassung der Daten erhalten: Die Verbände der IT- und Telekommunikationsindustrie hatten sich vor allem mit der Begründung gegen die EU-Richtlinie gestellt, dass ihnen die erheblichen wirtschaftlichen Lasten für die Schaffung der Überwachungs-Infrastruktur aufgebürdet werden sollten.

    Mit dem Urteilsspruch des Bundesverfassungsgerichts dürfte nun die Frage in die Diskussion kommen, ob die Grundbedingung einer verdachtsunabhängigen Vorratsspeicherung von Telekommunikations- und Internet- Daten überhaupt mit der deutschen Verfassung in Einklang zu bringen ist.



    H A N D Y - T V

    Mobiles Fernsehen mit Hindernissen

    Obwohl seit Monaten angekündigt, ist vom Ausbau der Handy-TV-Netze nicht viel zu sehen. Ein Fachhandelsmagazin warnt jetzt, der geplante Start zur Fußball-WM könnte platzen. Einer der Gründe: Die Bundesländer können sich nicht auf einen Standard einigen.

    Aus:
    Spiegel Online – 2. März 2006, 16.38 Uhr MEZ (nur elektronisch publiziert). [Original]

    BERLIN. Im Rahmen der Internationalen Funkausstellung (IFA) in Berlin im vergangenen September wurde der Start des digitalen Handy-TV zur Fußball WM 2006 angekündigt. So gab T-Systems-Manager Bertold Heil gegenüber dpa zu Protokoll, seiner Meinung nach sei "die WM ein tolles Argument, Handy-TV zu starten". Im Januar noch tönte Handy-Hersteller Samsung, das Fernsehen werde spätestens zur Fußball-WM mobil [Ed: ha-ha Samsung, das war es doch schon lange – die Japaner hatten doch schon Ende der 60er-Jahre kleine, mobile TV-Geräte auf den Markt gebracht]. Nun aber warnt das Fachhandelsmagazin Living Technology, daraus könnte womöglich gar nichts werden. Das Gerangel um Standards und Sendefrequenzen sei Schuld am Desaster. Zigtausende UMTS-Anwender wundern sich ob dieser Äußerungen. Sie können schon seit letztem Jahr Dutzende TV-Programme auf ihrem Handy sehen.

    Aber genau genommen gibt es noch gar kein echtes Fernsehen auf dem Handy – zumindest nicht hierzulande. Stattdessen sind die derzeitigen TV-Angebote via UMTS eher mit Streaming oder Video-On-Demand-Verfahren vergleichbar, wie man sie etwa von der Deutschen Welle aus dem Internet kennt. Das TV-Programm wird in Form von Video-Datenpaketen an die Endgeräte der Benutzer geschickt. Das Problem dabei: Pro Mobilfunkzelle steht nur eine bestimmte Bandbreite zur Verfügung. Ist die ausgeschöpft, weil zu viele Anwender gleichzeitig fernsehen wollen, bricht das System zusammen.

    Hinzu kommen die laufenden Kosten. Zwar bietet beispielsweise O2 sein TV-Programm noch bis Ende März kostenlos an, aber danach sollen die Nutzer zur Kasse gebeten werden. UMTS-TV-Primus Vodafone hat bereits konkrete Preismodelle ausgetüftelt. Während dort die sogenannten Basis-Programme auch zukünftig im Rahmen eines UMTS-Tarifs abgegolten sein sollen, müssen Premium-Programme extra bezahlt werden. Wer sich beispielsweise seine Mittagspause mit der Daily Soap "Verliebt in Berlin" versüßen will, muss das "Paket M" buchen. Für 3 Euro sind damit 60 Minuten TV-Programm abgegolten. Für jede weitere 5-Minuten-Einheit werden 75 Cent fällig [Ed: also 9,00 Euro/Stunde – etwas für die Besserverdienenden].

    DVB-H oder DMB?

    Echtes Handy-TV dagegen funktioniert anders. Zwar wird es auch nicht kostenlos zu sehen sein, hat aber wenigstens nicht mit Bandbreiten-Beschränkungen zu kämpfen. Sein Vorteil: Es wird, wie das terrestrische Digitalfernsehen DVB-T, per Rundfunk ausgestrahlt und bedient alle Geräte, die sich im Ausstrahlungsbereich befinden, gleichermaßen. Hört sich gut an und ist auch gut. Nur gibt es, wie so oft, zwei konkurrierende Standards: DMB und DVB-H.

    DMB (Digital Multimedia Broadcasting) kann für sich den enormen Vorteil verbuchen, dass es auf der bereits bestehenden Infrastruktur für Digitales Radio, DAB, aufsetzt. Damit wäre ein flächendeckender Ausbau vergleichsweise schnell und günstig machbar. Für das Handy- Fernsehen würden einfach ungenutzte Digital-Radio- Frequenzbereiche genutzt. Allerdings hat auch dieses System einen Haken: Höchstens 3 bis 4 TV-Programme könnten über DMB ausgestrahlt werden.

    Dem gegenüber hat DVB-H (Digital Video Broadcast Handheld) einiges mehr zu bieten. Bis zu 20 Sender könnten darin unterkommen. Vor allem aber verfügt DVB-H über einen digitalen Rückkanal. Damit wären beispielsweise interaktive TV-Sendungen oder M-Commerce- Anwendungen realisierbar – was im Teleshop angeboten wird, könnte auf Tastendruck gekauft werden. Der Pferdefuß ist in diesem Fall, dass ein landesweiter DVB-H-Ausbau bedeutend aufwendiger wäre.

    Die Länder entscheiden

    Wie es nun weitergeht, liegt in der Hand der Landesmedienanstalten, denn die Vergabe von Rundfunk-Frequenzen ist nun mal Ländersache. Aber auch unter den Bundesländern herrscht Uneinigkeit. In den vergangenen Jahren wurde das DAB-Netz im Süden besser ausgebaut als im Norden. Dementsprechend favorisieren die südlichen Bundesländer DMB, während im Norden DVB-H hoch im Kurs steht. So will man etwa in Hamburg und Berlin-Brandenburg beide Standards testen, derweil die Feldversuche in Bayern und Baden-Württemberg sich auf DMB konzentrieren. Sämtlichen Pilotprojekten gemein ist, dass sie zunächst einen 3 Jahre währenden Testbetrieb vorsehen. Auch den Betriebsstart zur Fußball-WM im Juni haben sich alle Länder fest vorgenommen.

    Halten sich die Landesmedienanstalten an eine Empfehlung der übergeordneten "Gemeinsamen Stelle Programm, Werbung und Medienkompetenz (GSPWM)", so dürfte das privat finanzierte "Unternehmen Mobiles Fernsehen Deutschland (MFD)" in allen 15 Bundesländern den Zuschlag für den DMB-Testbetrieb erhalten. Realistisch betrachtet wird DMB aber selbst in diesem Fall vorerst auf die Austragungsorte der WM-Spiele beschränkt bleiben.

    Für TV-affine Handy-Nutzer hätte diese Entscheidung den Vorteil, dass ihnen die Wahl eines TV-tauglichen Mobiltelefons erleichtert würde: DMB wäre vorerst die Wahl der Stunde. Entsprechende Modelle hat beispielsweise Samsung bereits millionenfach erfolgreich in Korea abgesetzt. Wer in den DVB-H-Testgebieten in Hamburg und Berlin wohnt, kann dagegen zu einem Modell greifen, das zu diesem Standard passt. Nokia hat hier mit dem N92 bereits ein passendes Gerät vorgestellt.

    Würde dieses Szenario eintreten, wäre erst einmal wieder Ruhe im Karton. Das Versprechen eines Handy-TV-Starts zur WM wäre eingelöst und ein flächendeckender Ausbau, zumindest im DMB-Bereich, relativ schnell realisierbar. Aufbauend auf den Erfahrungen aus diesem Testbetrieb könnte ein landesweites DVB-H-Netz errichtet werden und parallel dazu in Betrieb gehen. Ob am Ende beide Verfahren gleichberechtigt nebeneinander existieren oder sich eines davon gegen das andere durchsetzen wird, liegt dann in der Hand der Verbraucher.



    T V - Z U K U N F T

    So will ich IP-Fernsehen!

    Internet-Fernsehen verspricht eine Menge: Hunderte Kanäle aus aller Welt, Sendungen dann schauen, wenn man Zeit hat und nicht dann, wenn sie gesendet werden. Aber nicht alles, was technisch machbar ist, wird auch so gemacht. Schade!

    Aus:
    Spiegel Online – 4. März 2006, 17.13 Uhr MESZ (nur elektronisch publiziert). [Original]

    Ich bin ein Zapper vor dem Herrn. Deshalb habe ich am liebsten 100 Kanäle in der Kiste, von mir aus auch 200 – und zwar aus möglichst vielen verschiedenen Ländern. Italienische Fernsehshows sind der Hammer. Dort laufen so viele knapp bekleidete Blondinen herum, dass man ziemlich schnell realisiert, wie seriös doch eigentlich RTL 2 und Kabel 1 sind. Ein Hoch auf die deutschen Medienwächter! Oder auch auf die deutsche Ernsthaftigkeit!

    Russisches Fernsehen macht ebenfalls Laune. Oder arabisches – man muss nicht immer alles verstehen. Mit einer Satellitenschüssel sind derartige Zapporgien kein Problem – mit IPTV, dem Fernsehen über die DSL-Leitung sollte es erst Recht keins sein. Ein geradezu unbeschränktes Fernsehvergnügen wird für die Zukunft versprochen – ich würde es gern nehmen.

    Aber ich will nicht nur viele Kanäle – ich möchte auch Zugriff auf die Harald-Schmidt-Show vom vergangenen Mittwoch, die ich verpasst habe. Und auf den Film, der am Samstag lief. Weil die IPTV-Anbieter nicht unendlich viel Festplattenplatz haben, könnte der Zugriff von mir aus auf die vergangenen sieben Tage begrenzt werden.

    Ein Muss für das Fernsehen der Zukunft ist eine Brennfunktion. Sendungen, die einem gut gefallen, muss man abspeichern und auf DVD archivieren können.

    Natürlich muss es IPTV wahlweise in hoher Auflösung (HD) geben – wozu hängt sonst ein 45-Zoll-Monster an der Wand? Mit einer elektronischen Fernsehzeitung (EPG), über die man Aufnahmen mit einem Knopfdruck programmieren kann, mindestens eine Woche im Voraus, macht das Fernsehen der Zukunft erst richtig Spaß – sie ist ebenfalls ein Muss.

    Das sind viele Wünsche, die technisch durchaus umsetzbar sind. Um die IPTV-Server nicht heißlaufen zu lassen, könnte der Download älterer Sendungen über ein Peer-to-Peer-Netzwerk wie bei Tauschbörsen organisiert werden. Dann bräuchte man natürlich eine Festplatte – entweder in der IPTV-Settopbox oder im PC. Wo man IPTV schaut, am PC oder am Fernseher, sollten die Anbieter besser den Zuschauern überlassen.

    Triple-Play oder Fernsehen am PC?

    So einfach könnte IPTV sein – die Wirklichkeit ist allerdings wesentlich komplizierter. Es gibt ein Nebeneinander ganz verschiedener Konzepte: vom browserbasierten Internet- Fernsehen, speziellen IPTV- Programmen für den PC unabhängig vom Browser bis hin zu Lösungen mit einer speziellen Settopbox, die ausschließlich an den herkömmlichen Fernseher angeschlossen werden kann.

    Auflösungen, wie wir sie vom "echten" Fernsehen kennen, sind unter den webbasierten Anbietern äußerst rar. Meist geht es um Fenster der Größe 320 mal 240 Pixel. Hunderte Kanäle in PAL- oder gar HD-Auflösung wird es wohl zunächst nur für Kunden bestimmter Provider geben – und via Settopbox.

    Swisscom und T-Online planen solche Angebote als Teil ihrer Triple-Play-Strategie. In Belgien ist Belgacom bereits mit IPTV am Start. Zuschauen können aber nur die Kunden des jeweiligen Providers. IPTV findet also nicht mehr im globalen Internet – sondern nur im Netz des Providers statt. Die hohen Investitionen in VDSL-Netze mit 50 MBit/s schnellen Glasfaserleitungen müssen halt bezahlt werden.

    Für notorische Zapper müssen sich die Programmierer aber noch einiges einfallen lassen. Denn ein Kanalwechsel braucht – anders als bei einem herkömmlichen Analog-TV – seine Zeit [Ed: was schon beim DVB-T-Empfang mittels PC ärgerlich auffiel]. Bei PCCW, einem IPTV-Anbieter aus Hongkong mit einigen hunderttausend Kunden, dauert das Umschalten von Kanal zu Kanal beispielsweise zwischen einer und zwei Sekunden. Zappen kann man das nur bedingt nennen.

    Mit technischen Rafinessen, etwa durch das parallele Abgreifen mehrerer Videostreams, soll die Umschaltzeit verringert werden. Der Branchenriese Microsoft, der ebenfalls auf dem IPTV-Markt mitmischt, hat eine Technik zum Patent angemeldet, die das sofortiges Umschalten ermöglichen soll. Mal schauen, ob's funktioniert.

    Ein weiteres Hindernis für IPTV sind die Ängste der Filmindustrie und der TV-Sender, ihre Inhalte könnten durch die digitale Verbreitung noch schneller den Weg in illegale Tauschbörsen finden. Und selbst die Privatkopie auf der heimischen Festplatte ist vielen Contentanbietern ein Dorn im Auge, weshalb die Videostreams per DRM geschützt werden sollen. Speichern, Brennen auf DVD, Time-Shifting, Überspringen der Werbepausen – all das lässt sich per DRM leicht verbieten. Und es wird verboten werden – zumindest beim sogenannten Premium-Content.

    TV-Perlen und Pixelblöcke

    Solange Triple-Play-Lösungen in Deutschland nicht verfügbar sind, kann man nur durch die diversen webbasierten IPTV-Angebote stöbern – etwa von Comedy Central. Auch auf deutschen Servern finden sich Perlen – etwa Ehrensenf. Im Vergleich zu dem, was noch vor einigen Jahren an unscharfem Gewusel im Web als Video zu bestaunen war, sehen heutige Angebote immerhin schon richtig gut aus.

    CNN.com geht noch einen Schritt weiter und verschenkt seine Videostreams nicht im Netz, sondern bietet sie als kostenpflichtiges Abo an. Ein Monat des Pipeline genannten Dienstes kostet 3 US-Dollar, dafür ist das Angebot werbefrei. Parallel dazu gibt es auf CNN.com auch Gratisvideos – allerdings nur eine Handvoll.

    In Full-Screen-Auflösung sieht man nach wie vor Pixelblöcke, etwa bei Comedy Central. Aber in einem kleineren Fenster stimmt die Schärfe. Ärgerlich ist nur, dass eine Vielzahl von Playern und Oberflächen für IPTV existiert. Ein einheitlicher Standard wäre hilfreich. Aber den kriegt die IT-Branche ja nicht mal beim Nachfolgeformat der DVD hin.



    T V - G E B Ü H R E N

    „Sehr genau hinschauen“

    ZDF-Indendant Markus Schächter, 56, über die Pläne des Satellitenbetreibers SES Astra, von den Zuschauern künftig Gebühren für den digitalen Fernsehempfang zu kassieren [Ed: abzuzocken].

    Aus:
    Der Spiegel – 10/2006, 6. März 2006, Seite 129 (Trends Medien). Von t-off zwischenkommentiert. [Original suchen]

    SPIEGEL: Der Empfang von Satellitenfernsehen soll für die Zuschauer in Deutschland künftig nicht mehr kostenlos sein: Der [halbstaatliche] Satellitenbetreiber SES Astra kündigte an, bisher frei empfangbare Kanäle ab 2007 zu verschlüsseln und nur gegen eine monatliche Gebühr freizugeben [Ed: was dann kein ‚Rundfunk‘ mehr wäre]. Macht das ZDF dabei mit?

    Schächter: Grundsätzlich: Das ZDF muss frei und unverschlüsselt empfangbar sein [Ed: klar, denn nur das ist öffentlicher ‚Rundfunk‘]. Der Gebührenzahler hat für unser Programm bereits bezahlt. Er darf nicht noch einmal zahlen müssen.

    SPIEGEL: SES Astra argumentiert, der Aufbau der technischen Infrastruktur koste nun mal Geld [Ed: was aber auch schon seit 1988 der Fall war, ohne daß dafür gelöhnt werden mußte. Oder sollten in dieser Zeit die Verbraucher mit preiswerten Satelliten- Empfangsanlagen nur geködert werden, um nunmehr abkassieren zu können?].

    Schächter: Das galt auch bisher. Dafür zahlen aber die Sender. Eine allgemeine technische Gebühr – wie beim Kabel – ist zwar im Prinzip vorstellbar. Es darf aber nicht zusätzlich dafür kassiert werden.

    SPIEGEL: Und wenn nur die öffentlich- rechtlichen Sender anders als die privaten Anbieter nicht mitziehen? Fliegt das ZDF dann etwa aus dem Satellitenangebot?

    Schächter: Eine Grundverschlüsselung bedeutet ein neues Fernsehsystem. Da müssen Kartellbehörden und Politik sehr genau hinschauen. Eines ist klar: Auch die neuen digitalen Satelliten- Boxen [Set-top-Boxen] müssen öffentlich- rechtliches Fernsehen unverschlüsselt durchleiten.

    SPIEGEL: In anderen europäischen Ländern [Ed: wo die Nutzer bereits vor Jahren übertölpelt worden sind (siehe Story von BSkyB-TV!)] ist die Verschlüsselung an der Tagesordnung.

    Schächter: Das sind völlig andere TV-Märkte, die meisten von Pay-TV bestimmt. Öffentlich- rechtliches Fernsehen in Deutschland ist Fernsehen für alle. Schließlich zahlen ja auch alle eine Gebühr dafür [Ed: hoffentlich]. [mehr]



    L E B E N   I N   D E R   S U R F L Ü C K E   I I

    WIMAX – überschätzte Technik?

    Der schnelle und reichweitenstarke Datenfunk WIMAX verspricht nicht nur, den Internet-Nutzern auf dem platten Land endlich "Breitband" zu bringen, sondern gilt auch als Weg zum "Triple Play" aus TV, Telefon und Internet. Manche Experten warnen jedoch vor überhöhten Erwartungen [Ed: denn aus Ingenieurssicht ist die durchgehende Glasfaser bis ins Wohnzimmer – das FTTH – die wahre Lösung für den Breitband-Zugang zum Internet, alles andere – auch das umstrittene VDSL-Netz der Telekom – ist schlechter! Und die ganze DSL-Technik ist nur eine Übergangslösung].

    Aus: Spiegel Online – 10. März 2006, 13.08 Uhr MEZ (nur elektronisch publiziert). [Original]

    Ein neues Modewort macht in der Telekommunikation die Runde: Die Technik WIMAX wird vielfach schon neben schnellem DSL-Internet, UMTS-Mobilfunk und TV-Kabel als vierter Weg in die Breitbandwelt bejubelt. Rund um die CeBIT gibt es neue Nahrung – die Deutsche Telekom kündigt den Einsatz an, Chiphersteller wie Intel und Ausrüster wie Motorola zeigen fortgeschrittene Lösungen, die Bundesnetzagentur meldet großes Interesse an entsprechenden Frequenzen. Aus Sicht außenstehender Experten sind die Geschäftsaussichten in Deutschland und den anderen Industriestaaten aber begrenzt.

    Telekom-Festnetzvorstand Walter Raizner geriet auf der Hightechmesse ein bisschen ins Schwärmen, als er die drahtlose Übertragungsmöglichkeit als "zukunftsweisende Anschlusstechnologie" vorstellte: "Wir betrachten WIMAX als einen weiteren Schlüssel beim Engagement für eine flächendeckende Breitbandversorgung in der Bundesrepublik." WIMAX ist eine Art WLAN-Funknetz in Riesenformat: Daten und Sprache sollen in hohem Tempo und über viel größere Entfernungen als in einem herkömmlichen Hotspot auf die Reise geschickt werden.

    In zahlreichen Ländern ist WIMAX schon im kommerziellen Einsatz – von Frankreich über Mexiko und Mauritius bis zu den Philippinen. Der US-Konzern Intel, der die Entwicklung vorantreibt, registrierte bis Ende vorigen Jahres über 20 Netzbetreiber, die Breitbandzugänge auf Basis seiner Technik einsetzen. In Deutschland ist es bislang ein kleines Unternehmen, das mit dem Chipriesen als Gesellschafter WIMAX vertreibt und ehrgeizige Ziele hat: Die Deutsche Breitband Dienste GmbH (DBB) hatte zunächst Heidelberg und Teile Berlins vernetzt und schickt sich an, bis Ende des Jahres eine Million Haushalte zu erreichen.

    Die Kunden sollen über WIMAX Internet, Telefon und Fernsehen beziehen – eben jenes "Triple Play", für das etablierte Unternehmen wie die Telekom oder Arcor jetzt ihre DSL-Netze aufrüsten. In Österreich ist das Telefonieren über die neue Technik bereits Wirklichkeit. Deutschland ist noch nicht so weit. Vorreiter DBB nutzt zwar umgewidmete Frequenzen aus ihrem Bestand, die eigentlich für eine längst zu Grabe getragene Technik, den lokalen WLL-Richtfunk, dienten.

    Das Kabel ist kräftiger

    Wer die Kanäle nicht besitzt, ist auf die Regulierungsbehörde angewiesen – und die vermeldete dieser Tage ein großes Interesse: Rund 900 Anträge seien eingegangen und zeigten, dass schnell ein flächendeckendes Breitbandangebot im stellenweise noch unterversorgten Deutschland erreicht werden könne, sagte Behördenpräsident Matthias Kurth. Zu denen, die Frequenzen beantragt haben, gehört die Deutsche Telekom. Rivale Arcor, der wie der Platzhirsch einen WIMAX-Feldversuch laufen hat, besitzt noch WLL-Kapazität. Gedacht wird allenfalls an einen punktuellen Einsatz zur Ergänzung des DSL-Netzes.

    Weit enthusiastischer zeigen sich naturgemäß die Hersteller. Motorola etwa teilte auf der Messe mit, mit WIMAX seien Übertragungsraten bis zu 108 Megabit in der Sekunde möglich seien, mehr als doppelt soviel wie mit dem geplanten DSL-Supernetz der Telekom. Doch das ist noch Zukunftsmusik und das behauptete Tempo nur der theoretische Laborwert.

    "In der Praxis sind Durchsatzraten von zwei bis sechs Megabit bei Reichweiten von sechs bis zehn Kilometern realistisch", sagt Jan Wittek von der Unternehmensberatung A. T. Kearney. Und der mobile Standard werde nicht vor 2008 kommen. Einstweilen müssen sich die Anwender mit einer stationären oder bestenfalls portablen Nutzung begnügen – die Geräte können zwar herumgetragen werden, schaffen aber noch nicht den Wechsel von einer Funkzelle in die andere.

    Eine Gefahr für Internetbetreiber, Kabelgesellschaften und Mobilfunker sieht Wittek nicht. WIMAX werde nicht an das extrem hohe Tempo der festen Leitungen reichen. Und der Mobilfunk, der jetzt auf DSL-Geschwindigkeit komme, habe einen deutlichen Zeit-Vorsprung wegen seiner riesigen Kundenzahl und der schon bestehenden Netze. In Deutschland werde WIMAX nur eine Nischenposition erringen können, zum Beispiel in Regionen ohne größere kabelgebundene Breitbandnetze.



    D O W N L O A D - D I E N S T E

    Alle wollen Filme übers Netz verkaufen

    Verschiedene Konsortien kündigen an, demnächst in großem Stil Filme übers Internet zu vertreiben – auch in Deutschland. Einem Zeitungsbericht zufolge ist auch der Internet-Versandhändler Amazon dabei, ins dieses Geschäft einzusteigen.

    Aus:
    Spiegel Online – 10. März 2006, 16.11 Uhr MEZ (nur elektronisch publiziert). [Original]

    Die New York Times beruft sich auf 3 verschiedene Quellen, die alle über Gespräche zwischen Amazon.com und 3 Hollywood-Studios informiert sein wollen. Bislang gebe es Gespräche mit Paramount Pictures, Universal Studios und Warner Brothers, so eine der ungenannten Quellen.

    Dem Bericht zufolge geht es bei den Verhandlungen um einen Downloaddienst, der es Amazons Kunden erlauben würde, Filme direkt von der Seite herunterzuladen und zu Hause auf DVDs zu brennen. Paramount, Warner und Universal unterstützen bereits jetzt einen Downloadservice namens Movielink, das Konkurrenzangebot MovieBeam wird von Walt Disney unterstützt.

    Im Rahmen einer Pressekonferenz von Intel bei der CeBIT in Hannover kündigte Warner-Manager Wilfried Geike gemeinsam mit Intel-Sprecher Christian Morales auch ein Jointventure namens In2Movie an. Auch dieser Service, der in etwa einem Monat online gehen soll, will Filme zum Download anbieten – laut Geike mit einer Technologie, die auf einer Kombination von Peer-to-Peer- Technologie und zentralen Servern basiert. Nutzer könnten den Ankündigungen zufolge mit dem Ansehen eines Filmes direkt nach dem Start des Downloads beginnen, ohne auf ein vollständiges File warten zu müssen. Das System soll mit Intels Viiv-Wohnzimmer-PCs zusammenarbeiten.

    Auch ProSiebenSat.1 will Filme durchs Netz schicken

    Einen ähnlichen Dienst für TV-Inhalte gibt es in den USA bereits, unter dem Namen In2TV. Dieses Angebot ist eine Kooperation von AOL und Warner.

    Auch ProSiebenSat.1 kündigte bei der CeBIT an, man werde im zweiten Quartal 2006 in Kooperation mit dem Internetprovider 1&1 ein Video-on-demand-Portal namens "maxdome" eröffnen. Dort soll es Filme und Serienfolgen zum Download geben, sowie Inhalte aus den Programmen der Sendergruppe. T-Online bietet seinen deutschen DSL-Kunden schon seit einiger Zeit Filme, Serien und Dokumentationen per Download auf Settop-Box oder den PC an.

    Von der Möglichkeit, Heruntergeladenes auch auf DVD zu brennen und zu behalten, ist bei den bislang angekündigten oder bereits angebotenen Diensten allerdings nicht die Rede. Die großen Studios unternehmen im Augenblick alle möglichen Anstrengungen, um ihre Produkte nicht frei kopierbar zu machen. Kopierschutzmechanismen und Digital Rights Management sind für Hardwarehersteller auch im Zusammenhang mit hochauflösenden DVDs eine große Hürde.

    Sollte der Amazon-Downloaddienst wirklich die Möglichkeit bieten, vollständige DVDs herunterzuladen und anschließend zu brennen, müssten Filme und Extras dafür in ein eigenes Format gebracht werden – übliche Kauf- oder Leih-DVDs enthalten mehr Daten als auf einen handelsüblichen DVD-Rohling passen.

    Amazon hatte kürzlich erst angekündigt, künftig auch Musik zum Download anzubieten, zudem wurde ein Amazon-MP3-Player vorgestellt. Einen Kommentar zu den neuen Enthüllungen gab es von den Buchversendern aber nicht.



    F O R M A T K R I E G S - P O L E M I K

    Unter Erich gäb's kein Blu-ray

    Anstatt sich auf einen Standard zu einigen, erfindet die Computer-Branche laufend neue inkompatible Formate. Sehr zum Ärger der Kunden, die nicht wissen, was sie kaufen sollen. Was die freie Marktwirtschaft bis heute nicht hinkriegt, hatte der Sozialismus einst im Griff.

    Aus:
    Spiegel Online – 12. März 2006, 13.43 Uhr MEZ (nur elektronisch publiziert). [Original]

    Eins gleich vornweg: Nein, ich wünsche sie mir nicht zurück, die DDR. Die nach Schwefelabgasen stinkenden grauen Straßen meiner Heimatstadt Leipzig. Die gleichgeschalteten Zeitungen von Neues Deutschland bis zu Junge Welt. Und die zum Teil sehr unangenehmenen Genossen, die einem immer wieder auf den Zahn fühlten. Darauf verzichte ich gern.

    Nur in einem Punkt hätte ich gern doch ein bisschen Sozialismus in der heutigen Zeit. Es geht um die unsäglichen Formatkriege, die sich Konzerne wie Sony, Philips, Apple oder Microsoft schon seit Jahren liefern [Ed: das gilt aber auch für Teppichböden...].

    Was für eine unsinnige Verschwendung von Ressourcen, Geld und Energie! Zwei oder drei konkurrierende Videokassettensysteme auf den Markt zu bringen, so wie einst VHS, Video 2000 und Betamax. Oder das x-te neue Flashkartenformat, das sich nur ein paar Millimeter von CF, SD oder Memory Stick unterscheidet.

    Eins weiß ich: In der DDR wäre das kaum passiert! Zugegeben: Das System hat den Wettstreit mit dem Westen auch deshalb verloren, weil das kreative Moment der Konkurrenz fehlte. Wozu etwas Neues bauen, wo das Alte doch funktioniert und im Konsum[ent]-Warenhaus gekauft wird?

    Würde die DDR heute noch existieren, dann gäbe es in den HO-Fachgeschäften wohl nur 2 oder 3 verschiedene Digitalkameras zu kaufen. Stattdessen stehen bei den Discountern zwischen Flensburg und Zittau so viele verschiedene Apparate im Regal, dass man schreiend davon laufen möchte [Ed: was dann allzuoft zum totalen Kaufverzicht führt]. Das ist zum Glück nur halb so schlimm, schließlich kann man sich ja beraten lassen – durch gute Fachmagazine oder hoffentlich kompetente Verkäufer [Ed: he, wo gibt es die denn noch].

    Weniger wäre mehr

    Aber das jede Kamera ein anderes Flashformat benutzt – muss das sein? Wo bitte ist der Nutzen, wenn ich nicht weiß, auf welches Pferd ich setzen soll? Besteht der "Nutzen" darin, dass ich mir mit dem Kauf einer neuen Kamera zwangsläufig neue Speicherkarten kaufen muss? Wohl nur für die Flashkartenproduzenten.

    Berücksichtigen die Manager bei Sony beispielsweise, dass ich mittlerweile ziemlich sauer bin über die Extrawürste, die der japanische Konzern laufend macht? Die erfinden die Mini-Disc, eine Videokassette namens MicroMV, Memory-Stick-Flashkarten [Ed: sind aber nicht einmal in der Lage, den Digital-Kameras ein einfaches Software-Tool zur schnellen Behebung des berühmten „Memory Stick Format Error (C13:01)“ beizufügen], den MP3-Ersatz Atrac – und jetzt auch noch einen eigenen Nachfolger für die DVD namens Blu-ray.

    Was aus den Sony-Eigengewächsen wurde? Die Mini-Disc ist praktisch tot, MicroMV ebenfalls. Atrac kennt kaum jemand. Ob Blu-ray je den Durchbruch schaffen wird – keiner weiß es. Denn als Alternative zu Sonys DVD-Nachfolger steht ja noch die HD-DVD bereit. Im vergangenen Jahr versuchten sich die beiden Lager noch auf einen Kompromiss zu einigen – erfolglos.

    Bei Kaufmusik aus dem Internet das gleiche Theater. Auf der einen Seite steht Microsoft mit dem Format WMA. Apple vertreibt Songs in einem anderen Format, dass ausschließlich der iPod abspielen kann. Konkurrierende MP3-Player dürfen nicht für Apples Kopierschutz geöffnet werden – da passt das kalifornische Unternehmen genau auf. Einmal iPod, immer iPod, heißt das Konzept.

    Microsoft gibt sich im Vergleich dazu geradezu großzügig, denn es verbietet keinem MP3-Player-Hersteller, kopiergeschützte WMA-Dateien zu unterstützen. Als Kunde darf man sich also auch mal einen anderen MP3-Player kaufen, ohne dass die Musik verstummt wie bei Nicht-iPods.

    Wo ist der Beschluss des ZK der DVD?

    Solch absurde Formatkriege, wie sie sich die IT-Branche schon lange liefert, erlebt man in anderen Industrien zum Glück nicht ganz so häufig. Wie wäre es beispielsweise, wenn der neue Golf nur noch ein Spezial-Benzin schlucken dürfte, das exklusiv über die VW-Autohäuser vertrieben wird? Oder wenn Aldi Toastbrote herausbringt, die nur in den Aldi-eigenen Toaster passen?

    Einheitliche Standards können ganz hilfreich sein, liebe IT-Manager [Ed: schaltet endlich Euer Hirn ein, denn wozu habt Ihr denn diesen Neuronenpool, von dem Ihr noch nicht mal wißt, wie er funktioniert...]. Ihr könnt von mir aus jeden Tag tausend neue Handys und zehntausend neue Digicams auf dem Markt werfen – aber bitte alle mit denselben Ladekabeln und Speichermedien. Ok?

    Sonst kommen wir Konsumenten vielleicht noch auf die Idee, dass die freie Marktwirtschaft irgendwie besser geregelt werden muss, weil sie bestimmte Dinge von selbst nicht geregelt kriegt.

    Wenn ich Manager bei Toshiba, NEC oder Sony wäre, ich würde mir die Sache mit Blu-ray und HD-DVD noch mal überlegen.



    C H A O S   B E I   V O D A F O N E

    Gent geht

    Bei Vodafone brodelt es gewaltig. Nach Streitereien im Management hat der frühere Konzernchef Christopher Gent sein Amt als Ehrenpräsident auf Lebenszeit aufgegeben. Und der britische Mobilfunkriese wird zum Übernahmekandidaten.

    Aus:
    Spiegel Online – 13. März 2006, 17.18 Uhr MEZ (nur elektronisch publiziert). [Original]

    HAMBURG/LONDON. Wenn jemand bei Vodafone seit Monaten in der Schusslinie stand, dann Arun Sarin. Dem indischstämmigen Vodafone-Chef mit amerikanischem Pass werfen die Aktionäre den Verfall des Börsenwertes vor, seine Personalpolitik ist umstritten, das Japan-Geschäft kriselt. Zuletzt schockierte Sarin die Finanzmärkte mit seiner Ankündigung, dass Vodafone rund 41 Milliarden Euro vom Unternehmenswert abschreiben müsse, da das Wachstum hinter den Erwartungen zurückbleibe.

    Doch Sarin bleibt, stattdessen verlässt dem Sender BBC zufolge sein Vorgänger Christopher Gent den weltgrößten Mobilfunkanbieter. Nach wochenlangen Auseinandersetzungen mit Sarin um den Kurs des Konzerns gibt der britische Top-Manager sein Amt als Vodafone-Ehrenpräsident auf Lebenszeit auf.

    Gents Rückzug deuten Beobachter als Reaktion auf Berichte über die Zerstrittenheit der Vodafone-Spitze. In der vergangenen Woche hatten mehrere Zeitungen über Auseinandersetzungen zwischen Vorstandschef Sarin und der alten Garde um Gent und Chairman Ian Maclaurin berichtet. Gent hatte mehrfach deutlich gemacht, er werde gegen eine Wiederwahl Sarins, der ihm im Sommer 2003 im Amt gefolgt war, votieren.

    Wenn die Berichte stimmen, ist es Sarin gelungen, den Vorstand für sich zu gewinnen. Gestern stellte sich selbst Maclaurin ausdrücklich hinter ihn. "Ich stelle klar, dass ich und das Board unseren Vorstandsvorsitzenden uneingeschränkt unterstützen, weil er das Unternehmen in diesen Zeiten voller Veränderungen und Herausforderungen vorwärts bringt", sagte Maclaurin gegenüber der BBC. Gent erklärte seinen Rücktritt.

    Vorwürfe, sich zu sehr in die Geschäfte seines Nachfolgers Sarin eingemischt oder gar gegen ihn gearbeitet zu haben, weist der Ex-Vodafone-Chef zurück. "Wenn es eine Kampagne oder eine Verschwörung gäbe – was ich sehr bezweifle –, dann bin ich daran nicht beteiligt", sagte er gestern.

    Gent hatte sich mit der monatelangen Übernahmeschlacht um den Düsseldorfer Mannesmann- Konzern den Ruf eines knallharten Managers erworben. 1999 machte Gent ein erstes Angebot, der damalige Mannesmann-Chef Klaus Esser baute eine Abwehrfront auf. Am Ende entschied der Preis: Gent verdoppelte sein Angebot, mit 180 Milliarden Euro ging der Kauf von Mannesmann durch Vodafone als die bislang teuerste Übernahme der Welt in die Geschichte ein. Die millionenschweren Abfindungen für Ex-Mannesmann-Manager beschäftigen bis heute die Juristen.

    Neue Konzernstrategie, neuer Marketingchef

    Bereits in der vergangenen Woche war bekannt geworden, Vodafone-Marketingchef Peter Bamford werde das Unternehmen zum 1. April verlassen. Einen Nachfolger benannte Arun Sarin nicht. In der Londoner Vodafone- Zentrale heißt es, Bamfords Ausscheiden habe mit einer Neuausrichtung der Konzernstrategie zu tun. Worin diese Neuausrichtung besteht, wollte ein Konzernsprecher nicht näher erläutern. Bamford, der als Vertrauter Gents gilt, gehe jedenfalls nicht im Streit.

    Neben der Nachricht von Gents Rücktritt ließen auch Spekulationen um eine Übernahme Vodafones den Kurs der Aktie um zeitweise über drei Prozent steigen. Die britische Zeitung "The Mail on Sunday" meldete, Beteiligungsgesellschaften wie Apax Partners und CVC Capital hätten rund 100 Milliarden Pfund, umgerechnet knapp 145 Milliarden Euro, für den Mobilfunkkonzern geboten. Anderen Berichten zufolge bietet der US-Konzern Verizon Communications rund 40 Milliarden Dollar für Vodafones Anteil an Verizon Wireless.

    Aus Branchenkreisen ist zu hören, dass Vodafone sich stärker auf den Mobilfunkbereich konzentrieren will. Zunächst war daher geplant, die deutsche Festnetztochter Arcor, auf dem deutschen Markt die Nummer 2 nach der Deutschen Telekom, zu verkaufen. Dieser Plan werde nun nicht weiter verfolgt, heißt es. Stattdessen solle Arcor mit dem Mobilfunkunternehmen Vodafone D2 fusioniert werden. Interesse an Arcor hatten unter anderem die spanische Telefonica, die France Telekom, freenet.de sowie mehrere Finanzinvestoren bekundet und angeblich bis zu 2,4 Milliarden Euro geboten.

    Das Vodafone-Engagement im Festnetz ist in der Konzernspitze umstritten, weil dieser Bereich nicht zum Kerngeschäft des Unternehmens zählt. Andererseits bietet das Festnetz, insbesondere im Bereich des schnellen Internet- Zugangs DSL, weitaus größere Wachstumsperspektiven als die Mobilfunktelefonie.



    S C H L A U E R   F U S S B O D E N B E L A G

    Hilfe, mein Teppich funkt

    Mit Staubsaugern, Küchenmaschinen und Auslegeware verdient Vorwerk seit Jahrzehnten Millionen. CeBIT-reife Innovationen hatte das bodenständige Wuppertaler Traditionsunternehmen bisher nicht zu bieten. Doch jetzt kommt der denkende Teppich.

    Aus:
    Spiegel Online – 13. März 2006, 18.32 Uhr MEZ (nur elektronisch publiziert). [Original]

    HANNOVER. Großmütter schwören auf das grün-weiße Staubsaugermodell "Kobold" von Vorwerk. Das klobige Gerät gibt es bei Sprüche klopfenden Verkäufern an der Haustür zu kaufen. Nicht gerade das, was Computerfreaks prickelnd finden.

    Etwas verloren wirkt Thomas Weber daher, als er in seinen Prospekten blättert. Weber ist Sprecher der Teppichsparte des Wuppertaler Unternehmens Vorwerk. Hin und wieder bleiben doch ein paar Besucher stehen am ersten CeBIT-Stand in der Vorwerk-Geschichte – sie schauen sich den roten Roboter an, der seine Bahnen über den Boden zieht und ihn säubert. Dann nutzt Weber die Chance und erklärt, was es mit dem "Smart Floor" auf sich hat, dem "schlauen Fußboden".

    Das neue Produkt ist eine Bodenunterlage, in die ein Netz so genannter Radio-Frequency- Identification-Chips (RFID) eingearbeitet ist – briefmarkengroße, foliendünne Elektronikbauteile. "Damit können Sie zum Beispiel per Funk Reinigungsroboter in Krankenhäusern steuern. Oder Roboter Medikamente über weite Strecken innerhalb eines Gebäudekomplexes transportieren lassen", erklärt Weber. Der Bodenbelag mit eingebauter elektronischer Landkarte müsse dazu nur flächendeckend verlegt werden, anschließend könne jeder andere Belag drauf, "PVC, Parkett, Laminat, Granit, Teppich, was Sie wollen, maximal 3 Zentimeter dick", sagt Weber. Ein Stromanschluss ist nicht erforderlich, die Chips beziehen ihre Energie von den Robotern, die über sie hinwegrollen.

    Die Idee dazu kam vor drei Jahren von Infineon. "Wir wollten mit intelligenten Textilien neue Märkte erschließen", sagt die selbständige Ingenieurin Christl Lauterbach, damals Projektmanagerin bei dem Münchner Chiphersteller. "Ursprünglich ging es darum, MP3-Player in den Stoff einzuarbeiten." Mit RFID wurde schon seit längerem experimentiert, zum Beispiel mit Chips an Waren im Supermarkt, die ihren Preis an eine Kasse funken und so das zeitaufwändigere Strichcode- Einscannen überflüssig machen. Aus der MP3-Geschichte entstand die Idee, "RFID-Chips in großflächige Textilien" einzuarbeiten. Infineon meldete ein Patent an und begann, einen Partner zu suchen. Vorwerk zeigte Interesse.

    Erfolgsmodell Staubsaugervertreter

    Inzwischen ist die Auslegeware serienreif, "12 bis 15 Euro kostet der Quadratmeter", sagt Weber. Hinzu kommen die Kosten für den eigentlichen Bodenbelag. Für einen Reinigungs- oder Transportroboter, der die Teppichsignale mit einem Lesegerät erfassen kann, sind noch einmal ein paar Tausend Euro fällig. Entwickelt wurden die maschinellen Helfer von der Firma InMach aus Ulm, auch das in Kooperation mit Vorwerk.

    Billig war Vorwerk noch nie. Im Schnitt 500 Euro kostet ein herkömmlicher Sauger, Rabatte gibt es nicht, verkauft wird nur an der Haustür. Im Geschäft hätten diese Geräte neben der durchweg preiswerteren Konkurrenz kaum eine Chance. Was nach anrüchiger Klinkenputzerei klingt, ist nach eigenen Angaben ein Erfolgsmodell: Im Gegensatz zum Elektro-Einzelhandel wachsen die Verkaufszahlen von Vorwerk, angeblich steht in jedem dritten deutschen Haushalt ein Sauger der Marke. Mehr als zwei Milliarden Euro Umsatz machte Vorwerk im vergangenen Jahr.

    Weltweit sind derzeit rund 29.000 Staubsaugervertreter für das 1883 von Carl und Adolf Vorwerk gegründete Familienunternehmen unterwegs – selbst in China und Russland. Damit ist Vorwerk, Erfinder des Staubsaugervertreters, zweitgrößter Direktvertriebskonzern der Welt nach dem US-Kosmetikriesen Avon. Einschließlich Teppichproduktion und Herstellung und Vertrieb von Bügelsystemen und Küchenmaschinen arbeiten für Vorwerk rund 50.000 Menschen – und seit der Übernahme des US-Kosmetikunternehmens Jafra im Jahr 2004 sogar 500.000 Mitarbeiter.

    Arbeit an modernerem Image

    Dem Ruf des biederen Staubsauger-Produzenten mit schrulligem Vertriebssystem begegnete Vorwerk erstmals 2003 mit einer Werbekampagne, als der Markt stagnierte. Die New Yorker Werbeagentur Ogilvy & Mather entwickelte jene Werbung mit der betont modernen, Vorwerk-Geräte nutzenden Hausfrau – die sagt, sie leite ein "erfolgreiches kleines Familienunternehmen".

    Nun sollen neben den Familien auch öffentliche Einrichtungen auf Vorwerk aufmerksam werden. In der Planung ist ein Teppich, der neben den RFID-Chips eingebaute Sensoren hat. "Damit könnte man zum Beispiel in Pflegeheimen feststellen, ob jemand hingefallen ist", beschreibt Christl Lauterbach die Zukunft. "Oder der Teppich schlägt Alarm, wenn sich eine Zeit lang niemand mehr in dem Zimmer bewegt hat. Dann kann ein Pfleger nachschauen, ob alles in Ordnung ist." Der Vorteil: Man dringe so weniger in die Privatsphäre ein als beispielsweise mit einer Überwachung per Videokamera, sagt Lauterbach.

    So intelligent sind die Teppiche aber noch nicht. Zunächst muss die RFID-Bodenunterlage Erfolge zeigen. Thomas Weber ist sicher, dass sich bald Käufer für das Produkt finden werden. Deshalb ist er auf der CeBIT. "In Deutschland gibt es 500 Millionen Quadratmeter Boden, den man belegen kann", sagt Weber.

    Dann lacht er. "Eine seltsame Welt, in der wir Teppichleute uns bewegen, oder?"




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      Zum Teil 45

    © 2006-2006 – Dipl.-Ing. Karl-Heinz Dittberner (khd) – Berlin   —   Last Update: 12.12.2009 17.52 Uhr