Prepaid-Telefonieren bleibt anonym
Gericht bestätigt Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung von
Telefon-Kunden
LEIPZIG 23.10.2003
(khd/info-radio).
Betreiber von Mobilfunk- Netzen sind nicht verpflichtet, personenbezogene Daten von Handy-
Kunden ohne festen Vertrag (Prepaid- Handys) für Behörden zu erheben und (auf
Vorrat) zu speichern. Das hat gestern das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig (BVerwG) auf
eine Musterklage von Vodafone (D2) gegen die Regulierungsbehörde entschieden
(Az.: BVerwG 6 23/02). Rund die Hälfte aller Handy- Besitzer nutzen
[Ed: wg. der Intransparenz der unendlich
vielen Festvertrags-Varianten] überschaubare Handy- Guthabenkarten.
Die Verpflichtung durch die Regulierungsbehörde, Kundendaten zu erheben und in
Dateien zu speichern, stelle einen staatlichen Eingriff in das Grundrecht auf
informationelle Selbstbestimmung der Kunden dar, stellte der 6. Senat des BVerwG fest. Ein
derartiger Eingriff könne nur dann gerechtfertigt werden, wenn dafür eine
ausdrückliche gesetzliche Grundlage bestehe. Das Telekommunikationsgesetz (TKG)
genüge dafür jedoch nicht.
Im TKG
ist festgeschrieben, daß die Netz- Betreiber zur Führung von Kundendateien
verpflichtet sind, um gegenüber Behörden wie dem Verfassungsschutz
Auskünfte geben zu können. Nach Auffassung der Regulierungsbehörde (Bonn)
ergab sich daraus die Verpflichtung auch für die Prepaid- Produkte. Das verneinten
die Leipziger Richter und hoben damit eine anders lautende Entscheidung des
Oberverwaltungsgericht Münster auf. Vodafone (D2) hatte sich bei Einführung der Prepaid-Karten unter
Vorbehalt bereit erklärt, eine entsprechende Kundenkartei zu führen. Der Start
der Prepaid- Karte sollte 1997 nicht verzögert werden.
28.10.2003 (khd). Der Sieg von Vodafone wird nur von kurzer Dauer sein. Denn das
Urteil des Bundesverwaltungsgerichts bezieht sich auf eine juristische Finesse: In
§ 90 TKG werden die Anbieter zwar zum Führen von Kundendateien
verpflichtet, nicht aber zur Erhebung der dazu notwendigen Daten.
Die entsprechende Gesetzesänderung liegt bereits in der Schublade der
Bundesregierung. Im § 109, Abs. 1 des Entwurfs des neuen Telekommunikationsgesetzes
(TKG) wird nicht nur die Speicherung, sondern auch die Erfassung der Daten der
Anschlußinhaber vorgeschrieben. Mußten bisher nur Name und Anschrift
gespeichert werden, müssen künftig auch das Geburtsdatum sowie Beginn und Ende
des Vertrages erfaßt und gespeichert werden.
Angriff aufs Internet
Verlage wehren sich gegen HyperLinks / Ist das Deep Linking
zulässig?
DÜSSELDORF 10.2.2003 (khd/d-radio). Einige deutsche
Zeitungsverlage wollen das Internet neu erfinden. Denn sie befürchten
Einbußen bei den Werbeeinnahmen, wenn von Web- Seiten Dritter direkt
auf ihre Artikel gelinkt wird (deep linking). Sie wünschen nur eine
externe Verlinkung bis zu ihrer mit Werbebannern gespickten Homepage
(Startseite). Der Nutzer solle sich von dort dann selbst zum
gewünschten Artikel durchklicken.
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Auch in den USA gibt's Ärger wg. des Deep Linkings.
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Dazu ein Heise-Artikel.
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Derzeit laufen deswegen sogar Klagen durch die Gerichts- Instanzen. So klagt
z. B. das Düsseldorfer
Handelsblatt der Holtzbrinck- Gruppe (Zeit, Tagesspiegel) gegen den
Internet- Suchdienst Paper- Boy. Demnächst soll der
Bundesgerichtshof (BGH)
höchstrichterlich entscheiden, ob die Internet- Norm der HyperLinks in
der Form des Deep Linkings gegen das deutsche Urheber- und Wettbewerbsrecht
verstößt.
Internet-Kenner der ersten Stunde allerdings schütteln den Kopf und
fragen sich, warum garnieren die Verlage denn nicht auch ihre Artikel-
Seiten reichlich mit lukrativen Werbebannern? Ansonsten müsse ja kein
Zeitungsverlag im Internet präsent sein. Das weltweite Netz
könne sehr gut auf Angebote von Verlagen ohne Internet- Durchblick
verzichten, heißt es.
Abgeblitzt
15.7.2003 (khd). Die Karlsruher BGH-Richter haben entschieden: Es
sei nicht wettbewerbswidrig, durch Angabe eines HyperLinks auf Artikel
zuzugreifen, die sowieso öffentlich zugänglich sind. Wer das
Internet für Angebote nutzt, muß auch die Beschränkungen in
Kauf nehmen, die sich aus dem Allgemein- Interesse der
Funktionsfähigkeit des Internets ergeben. Das Deep Linking sei im
übrigen nur eine technische Hilfe, die das umständliche manuelle
Eingeben der URL erspare.
Die Zeitungsverlage maulen nun und überlegen, ob sie ihre Infos nur
noch per Bezahlung zugänglich machen werden.
Markenrecht über alles?
Kommerz und Juristen behindern Wissensvernetzung durch HyperLinks
BERLIN 29.9.2000 (khd/tsp). Da wurde um 1990 durch
Tim Berners-Lee der
Menschheit das World-Wide-Web (WWW)
geschenkt, aber dann kam der Kommerz und mit ihm
die
Anwälte... Auch wenn heute die wirtschaftliche Nutzung des Webs
im Vordergrund steht, begann mit dem WWW die Hyper- Alphabetisierung der
Menschen. Denn mit aktivierbaren Querverweisen den HyperLinks
(kurz: Links), die auf irgendein digitales Objekt im weltweiten Internet
weisen können, ist eine völlig neue Dimension der Vernetzung
menschlichen Wissens entstanden. Das ist die eigentliche Kulturrevolution
Internet.
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Lukrative ABM
für Juristen 3. Wahl
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UseNET zu Link-Abmahnungen.
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Dauerte früher das Besorgen von Quellen- Informationen meist Tage oder
Wochen (Recherche, Gang zur Bibliothek, Ausleihe etc.), erlauben heute die
HyperLinks in (Online-) Publikationen das sofortige Holen,
Anzeigen und Lesen der gewünschten Informationen auf dem
Computerbildschirm. Allerdings setzt dieses voraus, daß diese
Möglichkeiten beim
Publizieren und Archivieren im WWW des Internets auch intensiv von
allen Homepage- Anbietern genutzt wird. Daran hapert es aber meist
hauptsächlich bei kommerziellen Anbietern, die das Web mangels
Phantasie mehr als buntes Schaufenster nutzen.
Ginge es aber nach manchen Firmen und
Abmahn- Anwälten,
können wir schon bald solche Vorstellung über ein
wissenvernetzendes Web vergessen. Gibt es doch Juristen, die ernsthaft
meinen, daß Links auf fremde Web- Angebote (ständig) daraufhin
überprüft werden müssen, ob nicht Markenrechte anderer
verletzt würden. Solche Markenfallen lauern aber überall, da
vielfach Allgemein- Bezeichnungen geschützt werden. Es sei grotesk,
daß allgemein gebräuchliche Begriffe wie Explorer,
Webspace oder Auskunft als Markennamen
überhaupt registrierbar sind und damit als lukrative ABM
für Juristen herhalten können, ist im UseNet zu lesen.
Die Initiative "Freedom for
Links" will jetzt in einem Musterprozeß dafür sorgen, daß
dem Spuk ein Ende bereitet wird.
[Berners-Lee:
Bürokraten
hätten das nie geschafft]
[Explorer-Abmahnungen: Gerichtsverhandlung]
[Stefan Münz über Anwalt
Gravenreuth und den Explorer-Prozeß]
Internet für alle!
Nägel mit Köpfen in den USA / In Deutschland nur
Internet-Show
WASHINGTON/BERLIN 23.1.2000 (cet/ wop/t-off). In den USA
sollen auf Regierungs- kosten bis zu 9 Millionen arme Familien mit Computer
und Internet- Zugang versorgt werden. Diesen Plan wird Präsident
Clinton in seiner Rede an die Nation in der kommenden Woche
ankündigen. Der Zugang zum Internet solle so normal und verbreitet
sein wie ein Telefon- Anschluß, heißt es aus Regierungskreisen
in Washington. Es sei ein nationales Ziel, allen Amerikanern Zugang zum
Weltwissensnetz zu schaffen und das nicht nur in Schulen und
Bibliotheken, sondern auch zu Hause.
[mehr]
Solche sozialen Ambitionen hat die deutsche Regierung in Berlin nicht.
Während zudem in den USA keine
zusätzlichen Kosten für die Telefon- Verbindungen zum Internet
anfallen (Flat- rates für Telefon-
Anschlüsse), gibt es in Deutschland seit der
Postreform ein Problem: Dank der wenig
mit Internet- Durch- und Weitblick ausgestatteten
Großen TK-Koalition von 1995
werden hierzulande telefonische Verbindungen zum Internet also reine
Datenverbindungen auch im Jahr 2000 zeitgetaktet zum
teuren Ortsgesprächstarif
berechnet. Und eine nachhaltige Korrektur dieser
falschen TK-Politik ist
noch immer nicht in Sicht, obwohl Experten auf den durch die
"Tarifreform 1996" entstandenen
volkswirtschaftlichen Schaden in Milliardenhöhe hinweisen. Denn die
Bundesregierung hat erst im Dezember
und am Donnerstag [20.1.2000]
im Bundestag auf Fragen der Opposition
erkennen lassen, daß sie anders als
in Großbritannien auch im Rahmen
ihres Programms "Internet für alle"
nicht einmal eine Telefon- Flat-rate für Internet-Nutzer anstrebt.
[mehr]
[Grüne:
Resolution zu "Neuen Medien"]
[CSU:
Bundesregierung bremst Internet-Zugang]
[CSU:
Für Internet ohne Telefon-Gebührenzähler]
[Junge Union Deutschland:
Online-Kosten endlich senken!]
Hintergrund:
[Levsen-Report:
Telekom-Regulierung 1998]
[Großbritannien:
Internet-Report vom August 1999]
[t-off:
Wer hat schuld an Deutschlands Internet-Misere?]
Um den heißen Brei geredet...
25.1.2000 (khd/t-off). Auch für Deutschland führt kein
Weg am ungetakteten Internet-Zugang
(Telefon Flat-rate für Verbindungen zum jeweiligen Internet- Provider)
vorbei. Wer aber nun hoffte, daß die Bundesregierung im Schnellkurs
von Tony Blair und der britischen
E-Ministerin Patricia Hewitt lernte,
der wurde bei der
Bundestagsdebatte am letzten Donnerstag enttäuscht. Nicht
einmal das Wort Flat-rate (oder Pauschaltarif) kam den
Regierenden über die Lippen.
Rot-Grün hat noch immer nicht den
hausgemachten Kern der deutschen
Internet-Misere erkannt, sonst hätte WiMi Werner Müller nicht
nur beim Verbraucher- und Jugendschutz rechtlichen
Anpassungsbedarf ausgemacht.
Der Kardinalfehler, im TKG von 1996
nur die Sprach- telefonie neu zu regulieren, nicht aber die
(digitalen) Datenverbindungen via Telefon, wurde noch immer nicht
eingestanden. Die Fiktion, daß Verbindungen per Modem
Sprachtelefonie sind, muß schleunigst aufgegeben werden. Das
TKG
muß entsprechend nachgebessert werden (Universaldienst!),
soll die deutsche (Volks-)Wirtschaft nicht nachhaltig beschädigt
werden falls sie es nicht schon ist. Aber erst wenn die Opposition
in Aufarbeitung ihrer Altlast
einen Novellierungsentwurf im Bundestag einbringen wird, dürfte
wohl die Bundesregierung aufwachen. Oder soll Deutschland 2003 nur noch
Brosamen im Internet aufsammeln?
[Protokoll der Bundestagsdebatte vom 20.1.2000]
Initiative Internet ohne Taktung (IOT):
[IOT-kommentierte Kurzfassung der Bundestagsdebatte]
[Zu den geplanten Pseudo-Flat-rates der Telekom]
[Zur IOT-Unterschriftenaktion]
Free & Unmetered
Britischer Regulierer gibt neues Preisgefüge zur Internet-Einwahl
vor
LONDON 7.12.1999 (cut/t-off).
Alle Internet- Anbieter können in Großbritannien ab Januar 2000
selbst frei festlegen, was sie ihren Kunden für die telefonische
Verbindung zum Internet berechnen wollen. An den aktuell geltenden (teuren)
Ortstarif sind sie dann nicht länger gebunden. Das kündigte
heute die britische Regulierungsbehörde
OFTEL in London an.
[mehr]
Der Preis für Internet-Calls setzt sich künftig aus zwei Anteilen
zusammen, einem Startpreis für die Herstellung der Verbindung und einem
separaten niedrigeren Preis für die Aufrechterhaltung der Verbindung.
OFTEL ebnet damit den Weg zu deutlich niedrigeren Preisen des
Internet-Zugangs. Auch monatliche Pauschaltarife (Flat-rates) werden mit
dieser Regulierungsmaßnahme möglich. Unter der neuen Vorwahl 0808
soll dann der Zugang free and unmetered abgewickelt werden
können.
[OFTEL-Pressemitteilung vom
7.12.1999]
[Reaktion von British Telecom]
Internet-Politik
Deutschland sollte von Britannien lernen
LONDON/BERLIN 12.8.1999 (wop/t-off). Das britische Parlament
veröffentlichte jetzt einen
Bericht zur
Internet-Politik des "Select Committee on Trade and Industry".
Angestoßen werden soll damit in Großbritannien eine nationale
Debatte über die eigentlichen noch ungeklärten
Probleme und die gesellschaftliche Bedeutung (Social Issues) der
Telekommunikation in einer vernetzten digitalen Welt (Internet).
Während es hierzulande in der Politik derzeit wohl eher darum geht,
wie dem Ex-Monopolisten Telekom durch eine Inlands- Hochpreispolitik beim
Endkundenzugang und bei den
Ortstarifen (Internet- Zugang) optimale
Auslandsakquisitionen ermöglicht werden, hat die britische Politik bereits die
enorme volkswirtschaftliche Bedeutung der Förderung des Internets klar im
Visier.
Der Bericht spricht nahezu alle bestehenden Probleme mit dem Internet in
Klartext an. Und in großen Teilen ist er auf die aktuelle Situation in
Deutschland übertragbar. Politikbeobachter hoffen nun auf die klare
Berliner Luft, in der die Parteien im Deutschen Bundestag endlich den
enormen Handlungsbedarf erkennen
mögen, um für Deutschland doch noch ein Spitzenplätzchen im
Weltkonzert der digitalen Möglichkeiten zu ergattern zum Wohle
aller. Britische Abgeordnete sind schon weiter. Sie verlangen
unmetered calls zum Internet-Zugang wie beim
Internet-Boycott 1999 von den Nutzern
gefordert, um endlich das Internet in Schwung zu bringen.
[mehr]
[House of Commons: Trade &
Industry Internet Report]
[Streit um die Zukunft der
Kommunikationsnetze]
[Wer hat die Internet-Entwicklung
in Deutschland behindert?]
Roß & Reiter
Wer hat schuld an der Internet-Misere in Deutschland? /
The Hall of Blame
BERLIN 31.7.1999 (t-off).
Die politischen Parteien sind insbesondere wenn sie in der Regierung
sind dem Gemeinwohl verpflichtet. Aber aus politischer
Zweckmäßigkeit wird das allzuoft vergessen, so auch
bei der verspäteten Liberalisierung des Telekommunikationsmarktes. In
diesen Tagen wird auch viel von moderner und innovativer
Wirtschaftspolitik geredet. Am Beispiel des
(volkswirtschaftlichen) Nutzens des Internets kann trefflich studiert
werden, wie das Ergebnis solcher Politik in Deutschland in der Praxis
aussieht: Deutschland spielt im Internet keine Rolle.
Angesichts des enormen Nachholbedarfs wird es Zeit, einmal kurz und knapp
im Internet dem Weltwissensnetz festzuhalten, wer in
Deutschland eine gesunde Entwicklung des Internets durch Ignoranz oder
Nichtwissen massiv behindert hat. Deutschland hatte schon einmal eine
wichtige technische Chance verschlafen die (Hardware-) Entwicklung
des Computers. Und eigentlich sollte das nicht wieder passieren. Aber
weil Politik und Wirtschaft wenig lernfähig waren, geschah es erneut
beim Internet. In
The Hall of Blame
hat t-off die (nicht-) handelnden Figuren beleuchtet.
[Europa bei Entwicklung neuer Medien weit zurück]
[Internet-Verbreitung in Skandinavien am größten]
[Rheinischer Merkur: Die Megabit-Pipeline]
[Deutschen Firmen ist das Internet zu teuer]
[Telefonkosten behindern Internet-Nutzung]
[Internet-Zugang mit Minutenbremse]
Ältere Artikel findet man im Archiv.
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