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Die Dokumentation dieses Reports vom August 1998 erfolgt hier im Rahmen des
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Inhalt:
25. August 1998
Seit Jahren schützt die Bundesregierung ihr Staatsunternehmen "Telekom" vor Verlusten durch Wettbewerb und Fortschritt, zum erheblichen wirtschaftlichen Nachteil seiner 40 Millionen Kunden und dem Land als Ganzen. Ein Bericht von Hendrik Levsen.
Die Telekom ist trotz aller "T-Aktien"-Augenwischerei ein Staatsunternehmen, und zwar zu 75 %
. 75 % aller Aktien gehören der Bundesregierung, und sind dort dem Finanzministerium zugeordnet. Das Interesse des Finanzministeriums (und damit der Bundesregierung) am Wohlergehen der Telekom ist kolossal
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. Vor allem soll der ab Anfang 2000 geplante schrittweise Verkaufs des Restanteils (soweit man 75 % überhaupt einen "Restanteil" nennen kann) möglichst viel erbringen.
Als ob damit noch nicht genug wäre, sind einige Regierungsbeamte natürlich gute Freunde der Telekom als ehemaliger Behörde
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. Außerdem sind 200.000 Mitarbeiter als Ganzes sind ein nicht zu vernachlässigender Wähleranteil und die Postgewerkschaft, die u. a. die Telekommitarbeiter vertritt, hat seit eh und je ein viel zu hohes Machtpotential in Bonn. Das sind keine Schwarz-auf-weiß-Fakten, lassen aber vieles unverständliche in der im folgenden beschriebenen Zusammenarbeit von Regierung und Telekom plausibler erscheinen.
Mit 75 % der Aktien hat die Regierung nun natürlich nicht nur das größte Interesse am Wohlergehen der Telekom, sondern auch das alleinige Sagen, wofür im Prinzip auch schon nur 51 % der Aktien gereicht hätten. (Ein schrittweiser Verkauf von weiteren 25 % auf dem Umweg über die Kreditanstalt für den Wiederaufbau ist geplant. Damit würde der Bundesanteil knapp unter 50 % und damit unter die absolute Stimmehrheit fallen, wenn man die KfW als unabhängige Einheit betrachtet. Ein Sinken des Anteils unter 50 % wäre jedenfalls meldepflichtig und ist bisher nicht gemeldet worden.
) Alles Gerede vom "unabhängigen Unternehmen", mit dem sich die Telekom gerne schmückt, ist daher Bla-bla. Chef Ron Sommer und diverse andere Vertreter tun nur ihre Pflicht und "Abstimmungen" bei Aktionärsversammlungen sind wohl eher dazu da, die Aktionäre bei Laune zu halten, zu sagen haben sie eigentlich nichts.
Die Bundesregierung ist nun aber auch verpflichtet, den Wettbewerb zwischen der Telekom und Konkurrenzunternehmen zu fördern und die Ausnutzung von Monopolen durch entsprechende Regulierung zu verhindern im allgemeinen sowieso und im speziellen seit Anfang 1998 durch einen EU-Beschluß und ein Abkommen mit der WTO. Förderung des Wettbewerbs und Schutz vor Monopolen rentieren sich jedoch nur langfristig, während der Verkauf von Telekom-Aktien zwar verhältnismäßig kleine, aber kurzfristige Bilanzerfolge bringt, sich damit besser "verkaufen" läßt und zur Zeit auch zum Erreichen der Euro-Kriterien sicher nicht ungelegen kommt.
Mit der Wahrung des Wettbewerbs und der Verhinderung von Monopolen befaßt sich speziell für den Telekommunikationsmarkt die Regulierungsbehörde. Diese soll im Prinzip unabhängig von der Regierung sein (im Gegensatz zum BMPT, aus dem sie hervorging), und damit den Interessenkonflikt der Bundesregierung als Eigentümer und Regulierer entschärfen. Geschäftsordnung und Personalpolitik unterstehen dem Wirtschaftsministerium. Die Wahrung des Wettbewerbs geschieht dort (in der Regulierungsbehörde) vor allem durch Schaffung geeigneter Rahmenbedingungen und Überwachung allgemeiner Auflagen
im Sinne des Telekommunikationsgesetzes und unterscheidet sich nicht wesentlich von der Arbeit des Bundeskartellamtes. In gegebenen Monopolsituationen muß die Regulierungsbehörde aber konkret dafür sorgen, daß ein "Unternehmen für den Aufwand angemessene Preise verlangt", soll heißen, daß die Telekom in ihre Monopolstellung nicht durch zu hohe Preise ausnutzt.
Ein Monopol hat die Telekom vor allem bei Telefongesprächen und Datenverbindungen im Ortsbereich
. Kein gesetzliches, sondern ein De-Facto- Monopol, im juristischen Jargon "marktbeherrschende Stellung". Dies hat verschiedene, vor allem technische Gründe und ist auch nicht weiter verwunderlich, wenn man sich ansieht, daß es in Ländern wie z. B. Großbritannien oder USA, in denen der Wettbewerb im Telekommunikationsmarkt schon lange fest etabliert ist, auch keinen Wettbewerb im Ortsnetz gibt. (Ausnahmen siehe weiter unten.)
Diese läßt sich nun trefflich Ausnutzen um Mißerfolge in anderen Geschäftsbereichen zu kompensieren [Ed: z. B. Global-One, Auslandsexpansion, defizitäres TV-Kabelnetz, Endgerätegeschäft, ...]: Die Preise für Ortsverbindungen können beliebig hoch angesetzt werden und deren Gewinne den Erfolg des Unternehmens als Ganzem garantieren. (Quersubvention)
Bei der Behandlung dieser Angelegenheit muß zu erst sorgfältig getrennt werden, was man als "zu hohe Preise" bezeichnet. "Zu hohe Preise" im Sinne des Telekommunikationsgesetzes sind Preise, die wesentlich über den Kosten für die erbrachte Dienstleistung liegen, plus einem dem Unternehmen zugestandenen Gewinn
. Solcherart überhöhte Preise wären eindeutig gegen das Gesetz. Darüberhinaus ist es für die Wirtschaft als ganzes natürlich notwendig, daß die Kosten möglichst gering sind. Zu solcher Effizienz darf die Regulierungsbehörde die Monopolunternehmen leider nicht anhalten. (Vgl. z. B. auch Preisegestaltung bei Strom, Fernsehen).
Der Ortsbereich ist dabei kein Klein-Klecker- Geschäftszweig. Nach Telekom-eigenen Angaben sind 77 % der privaten Gesprächsminuten Ortsgespräche, der OECD-Warenkorb für Ortsgespräche enthält 70 % privat, 65 % geschäftlich
. Der Anteil an den Einnahmen ist wegen der niedrigeren Preise gegenüber Fernverbindungen natürlich geringer, andererseits muß auch beachtet werden, daß ja auch Ferngespräche über das Ortsnetz vermittelt werden und dort auch noch mitverdient wird. Die Anteile werden gehütet wie ein Staatsgeheimnis, aber eine Aufstellung von 1991 (da waren Ortsgespräche noch billig!) gibt für den Ortsbereich 37 % der Einnahmen an, heute dürfte dieser Anteil also weit höher liegen.
Die Beweislast für überhöhte Preise im Sinne des Regulierungsgesetzes ist erdrückend:
- Im Prinzip reicht schon ein vergleichender Blick auf die von der Telekom erhobenen Ortstarife mit denen von Telefongesellschaften in Ländern mit einwandfreier Regulierung, z. B. USA, Kanada, Australien.
- Eine Studie, die 1996 von den Telekom-Konkurrenten in Auftrag gegeben wurde, aber als unabhängig gelten kann, kommt zu dem Schluß: "Aus dem Vergleich der Kosten mit den Preisen der DTAG können wir zuversichtlich entnehmen, daß die DTAG bei allen dargestellten Diensten im Durchschnitt ihre inkrementellen Kosten deckt, und daß sie bei der Ortsnetznutzung ganz erhebliche Deckungsbeiträge (in der Größenordnung von mehreren hundert Prozent) erwirtschaftet."
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- Eine Studie des BAPT höchstpersönlich von 1995
, in der sogar noch nur die niedrigeren Tarife von vor 1996 berücksichtigt werden, kommt selbst zu dem Schluß: "Betrachtet man die Tarife der Telekom AG unter Wettbewerbsgesichtspunkten, so ist festzustellen, daß bei einer Niveauangleichung in allen Entfernungszonen kräftige Tarifsenkungen durchzuführen wären. Dies gilt in besonderem Maß für den Orts- und Nahbereich, da die Tarife der Telekom AG dort um fast 300 % über dem Durchschnitt liegen."
- Die Interconnection-Tarife, die von Vermittlern von Ferngesprächen für die Weiterleitung über das Ortsnetz der Telekom gezahlt werden müssen, wurden durch internationale Vergleiche auf 1,97 Pf/Min tagsüber und auf 1,24 Pf/Min abends/am Wochenende + MwSt. festgelegt
, ein Wert, der von Postministerium/Regulierungsbehörde als kostendeckend betrachet wird. Was für ein phänomenaler Gewinn dann für die Telekom bei den Preisen für Ortsgespräche von 6,96 Pf/Min tagsüber bzw. 2,61 Pf/Min abends/am Wochenende + MwSt., die die Telekom ihren Kunden berechnet
, noch übrig bleibt, kann man sich ausmalen.
Wie sind diese hohen Preise möglich?
- Die Bundesregierung hat der Regulierungsbehörde von vorneherein verordnet, keine spezielle Regulierung der Ortstarife vorzunehmen. Ein Anordnung, die vom Postministerium 14 Tage vor seiner Auflösung verfaßt wurde, verbietet es der Regulierungsbehörde unter Vorwegnahme evtl. anderer Entscheidungen derselben, bis einschließlich dem Jahre 2002, die Preisgestaltung der Ortstarife zu regulieren.
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Dies wird erreicht, indem der Regulierungsbehörde für die Telekom als Ganzes das sogenannte Price-Cap-Verfahren vorgeschrieben wird. Das Price-Cap- Verfahren ist ein bei der Regulierung von Monopolen gängiges Verfahren, bei dem einem Unternehmen eine Preissenkungsrate (das "Price Cap") von z. B. 5 % pro Jahr vorgeschrieben wird, gemittelt über alle Angebote des Unternehmens oder es wird ihm vorgeschrieben daß sich die Preise nicht schneller als z. B. 5 % pro Jahr erhöhen dürfen. Der Prozentsatz wird dann meistens noch an die Inflationsrate gekoppelt.
Hat ein Unternehmen sowohl Bereiche, in denen es ein Monopol hat, als auch Bereiche, in denen es kein Monopol hat, so muß es die Price Caps natürlich in jeden Bereich für sich erfüllen, eventuell werden ihm sogar für die Bereiche unterschiedliche Price Caps vorgegeben. Das Unternehmen könnte ja sonst die Konkurrenz in den wettbewerbsbehafteten Bereichen Preise unterhalb der Kosten bieten und die Verluste mit Gewinnen über dem Price Cap aus den Monopolbereichen ausbessern, was bei einer Mittelung über alle Bereiche hinausfiele.
Diese unterschiedlichen Price-Cap-Bereiche nennt man nun Warenkörbe oder Baskets, und genau diese Unterscheidung ist der Regulierungsbehörde nun im vorhinein verboten worden. (Es wurde lediglich eine Unterscheidung zwischen Geschäfts- und Privatkunden festgelegt, sowie daß die Ortstarife nicht noch mehr erhöht werden dürfen (das wäre ja noch schöner!), und das auch nur bis zum 1.1.2000).
Mit der Unabhängigkeit der Regulierungsbehörde von der Regierung ist es also nichts, die Regierung kann der Behörde verordnen, was sie will, und diese tut es. Und wenn die Telekom diese Gelegenheit der Quersubvention nicht nutzen würde, wäre sie doch ganz schön dumm.
- Um das Geschäft im Ortsbereich überhaupt getrennt vor allem von dem im Fernbereich regulieren zu können, müßten Orts- und Fernbereich ja überhaupt getrennt bilanziert werden. Während aber Mobilfunk, Kabelfernsehen, Btx und andere Geschäftsbereiche in Subunternehmen ausgegliedert sind und damit auch getrennt bilanziert werden, bildet das Festnetzgeschäft einen schönen einheitlichen Block aus Orts- und Fernbereich. Die Regulierungsbehörde hatte die Telekom zwar aufgefordert, solche getrennten Kostenrechnungen vorzulegen, hat diese aber von der Telekom nicht erhalten und ist der Sache auch nicht weiter nachgegangen
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.
Diese Kostenrechnungen hätten z. B. auch bei der Festlegung der Interconnection-Tarife eine wesentliche Rolle gespielt. Interconnection-Tarife sind diejenigen Verbindungspreise, die Fremdunternehmen an die Telekom zahlen müssen, wenn sie ihre Ortsleitungen zur Vermittlung von Ferngesprächen heranziehen wollen. Die Telekom hatte die zur Ermittlung der Tarife notwendigen Kostenrechnungen nicht vorgelegt und dafür sogar den Segen des Postministeriums erhalten.
Offensichtlich hätten die Kostenrechnungen wohl ergeben, daß die Kosten im Ortsbereich für die Telekom geringer sind als die Telekom vorgibt.
Diese überhöhten Preise für Ortsverbindungen fügen den Kunden der Telekom im Einzelnen und der Volkswirtschaft als Ganzem einen enormen Schaden zu.
- Die Kunden der Telekom müssen diese Extrakosten natürlich bezahlen, wobei unklar ist, wie groß der Schaden für jeden einzelnen Kunden ist, da die wahren Kosten unbekannt sind und vor allem in Betracht gezogen werden muß, daß Kunden bei geringeren Preisen evtl. mehr und zu freundlicheren Zeiten (tagsüber) telefonieren würden.
Sicher ist aber, daß die seit Anfang 1996 illegal eingenommenen Summen für die Kunden unwiederbringlich verloren sind und damit bereits erheblicher Schaden entstanden ist.
- Eine zentrale Rolle spielen Ortsverbindungen bei der Einführung der Datenkommunikation über das Internet. Eine Telefonleitung ist wegen ihrer technischen Konzipation für die Datenkommunikation eigentlich ungeeignet, bietet sich aber vor allem in der Aufbauphase an, in der wir uns noch befinden, da sie in jedem Haushalt vorhanden ist. Die technische Konzipation könnte dem Kunden eigentlich auch egal sein, wenn nicht auch die zeitbasierte Abrechnung der Nutzung in groben Einheiten auf das Telefonieren zugeschnitten wäre statt auf die Datenübertragung. (Beim Telefonieren wird die Leitung für meist einige Minuten am Stück "belegt". Der Computer hingegen wird oft für Stunden für die Datenkommunikation verwandt, während derer die Daten aber nur in kurzen Schüben von wenigen Sekunden übertragen werden, mit langen Pausen dazwischen.)
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Bei Übertrag von Aussagen über die Kosten von Ortsgesprächen auf die Kosten von Datenkommunikation ist daher Vorsicht geboten. Im Allgemeinen stützen sich z. B. internationale Vergleiche von Telefonkosten auf für die Datenkommunikation unrealistische Annahmen wie 3-Minuten-Telefonate.
- Deswegen werden speziell Kunden, die die Möglichkeiten des Internet in Anspruch nehmen möchten mit ungewöhnlich hohen Kosten belastet
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. So kosten z. B. 20 Stunden online pro Monat tagsüber in den USA, Kanada oder Australien $20$30, in Deutschland dagegen $75. Was bei solchen Vergleichen jedoch oft vergessen wird, ist, daß in den erstgenannten Ländern diese Kosten pauschal erhoben werden. 100 Stunden kosten also auch nur $20$30, in Deutschland dagegen eher $300, also das 10- bis 15-fache.
Die Kosten für die eigentliche Nutzung des Internet, die zusätzlich zu den Telefonkosten anfallen, fallen dabei kaum ins Gewicht. Sie betragen üblicherweise ca. 3040 DM pro Monat und werden meist pauschal erhoben. Die Tatsache, daß in genannten Ländern (USA etc.) auch die Telefonkosten pauschal erhoben werden, wird als allgemein als Grund Nummer 1 für die erfolgreiche Entwicklung des Internet angesehen. Ein Service, der "sowieso schon bezahlt ist", wird halt öfter und lieber genutzt.
Gerade aber das Internet bietet eine Reihe erheblicher Annehmlichkeiten, vom Einkaufen von Büchern
über Fahrpläne
bis zum "schnell & einfach Bescheid wissen" über alles von Freizeitveranstaltungen
bis zur Politik im Ausland
. Deren Nutzung würde eine wesentliche Steigerung der Lebensqualität darstellen, die den Kunden damit vorenthalten wird. Dieser Bericht wäre ohne das Internet nicht möglich gewesen.
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- Wegen der ungewöhnlich hohen Kosten für die Nutzung des Internet ist dessen Entwicklung und Verbreitung in Deutschland stark gehemmt
. Deutschland fällt im internationalen Vergleich immer weiter zurück. Beispiel: Im Anteil der Ausgaben für die Informationstechnologie (Vorsicht: nicht nur Internet), wird der Abstand zwischen den USA und Deutschland seit 1992 immer größer.
Dabei ist das Internet eine der Schlüsseltechnologien für die Zukunft, wenn nicht sogar die Schlüsseltechnologie überhaupt
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Obwohl die Ortstarifthematik und vor allem die angesprochenen Konsequenzen in der Bevölkerung und in den Medien nur wenig Interesse finden, wird sie zumindest ab und zu wieder aufgegriffen
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. Die Telekom hat dafür eine Reihe von Verschleierungstaktiken, um eine aufkommende Diskussion im Keim zu ersticken.
- "City-Plus" und "Weekend-Plus" [Ed: gemeint ist der Optionstarif "City-Weekend"]: Der City-Plus- Tarif erlaubt es "400 Einheiten monatlich im voraus zu einem ermäßigten Preis von 6 Pf/Einheit zu erwerben und mit einer dauer von 90 Sekunden/Einheit zu 5 vorher bestimmten Telefonnummern abzutelefonieren."
Wie groß hierbei die Ersparnis ist und ob es überhaupt eine gibt läßt sich nur durch aufwendige mathematische Berechnungen feststellen, in die das individuelle Telefonverhalten einfließt, und die u. a. ergeben, daß man mit City-Plus im Endeffekt durchaus sogar höhere Kosten haben kann als ohne
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. Mit Weekend-Plus verhält es sich etwas einfacher, aber prinzipiell ähnlich.
Der City-Plus-Tarif wurde also vor allem von Telekom eingeführt, um ihr schon vorher konkurrenzlos unübersichtliches Tarifsystem undurchschaubarer zu machen und Preisvergleiche weiter zu erschweren. Statistiken, die z. B. die Ortstarife der Telekom einem internationalen Vergleich unterziehen, können so pauschal mit dem Argument "da wurde unser City-Plus nicht berücksichtigt" abgetan werden, ohne daß man einen einfachen Einwand dagegen einbringen könnte.
- Getürkte internationale Vergleiche:
- BAPT-Studie 1996: Nach dem für die Telekom erdrückenden Ergebnis der oben erwähnten Studie des BAPT von 1995 kam dieses in einer neuen Studie im Februar 1996
zu für die Telekom freundlicheren Ergebnissen. Diese wurde hauptsächlich dadurch erreicht, daß im Gegensatz zur alten Studie nun auch Liberalisierungs-"Entwicklungsländer" wie z. B. Österreich in die Vergleiche mit einbezogen wurden, während vorher sinnvollerweise nur Länder mit bestehendem Wettbewerb betrachtet wurden.
Die Preise der Telekom sollten also "schöngerechnet" werden, um die Tarifänderungen von Anfang 1996 im Nachhinein zu rechtfertigen.
- Speziell auf die Kritik des Kartellamtes vom Februar 1998 hin suchte sich die Telekom mit schon fast krimineller Energie einen speziellen Tarif der amerikanischen Telefongesellschaft "Nynex" heraus, der mit 16 Pf/Min doppelt so teuer wie der der Telekom ist
. Ein Blick auf die Homepage von Nynex (jetzt Bell Atlantic) verrät: Dies ist ein Spezialtarif ohne Anmelde- und Grundgebühren, der auch nur in den ersten 60 Minuten eines Monats gilt
. Natürlich gibt es dort auch die üblichen Pauschalpreise von z. B. 30 DM pro Monat, was schon bei nur 30 Stunden pro Monat auf 1,6 Pf/Min hinausläuft.
Hätte die Telekom solche absurden Ausreden nötig, wenn sie wirklich vergleichbare Preise zu bieten hätte?
- Angeblich bereits vorhandener Wettbewerb im Ortsbereich: Diesen gibt es nur in einigen wenigen Städten, z. B. in Köln (NetCologne
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), in anderen Städten nur für Großkunden.
- Wann immer die Telekom sich dem Vorwurf gegenübergestellt sieht, ihre Preise seien höher als in den USA, wird angegeben, die Ortsverbindungen in den USA seien dort durch die Fernverbindungen subventioniert
. Das ist nur bedingt richtig. Richtig ist, daß ein Anteil der Fixkosten für Telefonanschlüsse von $6.10, der den durchschnittlichen Kosten pro Monat für die Weiterleitung von Ferngesprächen über das Ortsnetz entspricht, nur zu $3.50 pro Monat direkt von den Kunden getragen wird, der Rest wird durch verschiedene Verfahren auf die Preise für die Ferngespräche übertragen.
Davon profitieren also nur Kunden, die unterdurchschnittlich viele Ferngespräche führen, und dann auch nur bis zu einem Betrag von $2.60 pro Monat (ca. DM 4,70). Von einer allgemeinen bedeutsamen Subventionierung kann also keine Rede sein. (
§ 38 + § 73)
Bemerkenswert ist an dieser Stelle auch, mit welcher Akribie die amerikanische Regulierungsbehörde FCC die Kosten kontrolliert. Die Anbieter von Ortsgesprächen in den USA sind schon seit 1983 (!) streng von den Anbietern von Ferngesprächen getrennt und müssen detaillierte Kostenrechnungen vorlegen. Die Verfügbarkeit von billigen Ortsgesprächen wird von der Legislative als Grundrecht angesehen und hat bei jeder Preisgestaltung oberste Priorität.
- Gelegentlich wird auch das Allgemeinwohl ins Bild geführt, wie z. B. die "erheblichen Investitionen beim Aufbau eines Telefonnetzes im Osten", die "Umstellung des Telefonnetzes von analog auf digital", diffuse "technische Innovationen", die "soziale Belastung durch vom BAPT übernommene Beamte auf Lebenszeit", der " 'freiwillige' Sozialtarif für Einkommensschwache und Behinderte" usw. usw. für die die Einnahmen nun einfach notwendig sein.
Die oben erwähnte Situation in anderen Ländern, wonach auch dort kein Wettbewerb im Ortsbereich stattfindet, gilt nur mit Einschränkungen. Man arbeitet an verschiedenen Techniken, die es erlauben, alternative Zugänge unter Ausnutzung existierender Techniken zu den Haushalten zu erstellen. Alles, was es erlaubt eine Verbindung herzustellen, ohne teure neue Kabel in die Erde legen zu müssen, wird in Betracht gezogen.
Das sind z. B. Richtfunkstrecken, die Übertragung per Satellit, über das Stromnetz und sogar über Wasserleitungen. Schon ausgereift und im Einsatz jedoch ist vor allem die Herstellung von Datenverbindungen über das TV-Kabelnetz
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, das dazu schon nach kleinen Modifikationen imstande ist (mit Rückkanal, im Gegensatz zu einigen Presseberichten), sogar mit wesentlich höheren Geschwindigkeiten als sie ein Telefonanschluß hergibt
, und nach etwas größeren Modifikationen sogar für Telefonverbindungen geeignet ist
.
Bemerkenswert, daß vor allem Deutschland hier wohl wieder den schwarzen Peter gezogen hat, hier gehört das Kabelnetz nämlich auch der Telekom und die wird sich wohl kaum selber Konkurrenz machen.
Stattdessen brüstet man sich dort lieber damit, daß inzwischen bis zu 123 TV-Kanäle über das Kabel zu empfangen sind
. Na toll.
Eine weitere bemerkenswerte Entwicklung ist die ADSL-Technologie (manchmal auch "X-DSL"). Obwohl man für diesen technischen Begriff noch keine griffige Bezeichnung gefunden hat, stellt diese Technik den Schlüssel für die flächendeckende Einführung von Datenkommunikation in jeden Haushalt dar.
ADSL ist keine Konkurrenztechnik zu den Telefonleitungen wie das oben erwähnte TV-Kabel. ADSL ermöglicht vielmehr die Nutzung einer gegebenen Telefonleitung (ohne große technische Umrüstung) zur Nutzung für die Datenkommunikation zugleich neben der herkömmlichen Verwendung zum Telefonieren.
TV-Kabel- und ADSL-Verbindungen sind nicht nur wegen der hohen möglichen Datengeschwindigkeiten eine echte Lösung für reelle Datenkommunikation (dieser Aspekt wird gerne in den populären Medien hervorgehoben), sondern vor allem wegen der auf Datenkommunikation ausgelegten technischen Konzipation, die oben erwähnten Unzulänglichkeiten normaler Telefonleitungen gibt es dort nicht. In den vielen Orten in den USA und Kanada, wo ADSL bereits eingesetzt wird, hat man die Konsequenz daraus gezogen und auch die Abrechnung an die Datenkommunikation angepaßt, also mit monatlichen Pauschalen oder nach Berechnung nach Datenaufkommen
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. Wichtig: Trotz der vielfach höheren Geschwindigkeit werden nur im Vergleich zur Telefonleitung geringfügig höhere Preise verlangt
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Bei der Telekom ist ADSL inzwischen auch bekannt. (Heißt dort dann "T-DSL"). Große Lust hat man dort dazu jedoch anscheinend nicht, denn alles, was man dort zu bieten hat, ist ein mickriges Pilotprojekt, das gerade erst begonnen hat
, und das wohl vor allem dazu herhalten soll, daß die Telekom allerorts behaupten kann, auch sie mache ADSL, während die richtige Einführung bis 2003 warten soll, was angesichts des Vorsprungs der USA eine Katastrophe ist. Verständlich ist dies auch angesichts der von der Telekom forcierten Verbreitung der ISDN-Technik, in die sie praktisch im internationalen Alleingang viel Geld gesteckt hat, und die, da gegenüber ADSL hoffnungslos unterlegen, überflüssig würde.
Und auch wenn ADSL nun doch kommen sollte, so stellt sich einer ernsthaften Verbreitung die absurde Preisgestaltung im Wege, die der Telekom so vorschwebt. Obwohl die Telekom noch keine konkreten Preise bekanntgeben will, ließ sie bereits durchblicken, daß sie die telefonähnliche (zeitbasierte) Abrechnung wieder auf die Datenkommunikation übertragen und dabei gleich noch mit einem Faktor versehen will, die angemessene Netzanbindung bleibt also aus
. So soll die ADSL-Leitung inklusive beliebiger Internetnutzung, die in den USA z. B. schon für pauschal ca. 100 DM/Monat zu haben ist, bei der Telekom rund 1000 DM/Monat kosten (mündl. Auskunft auf der CeBIT 98). Das liegt vielleicht auch daran, daß der Telekom bei den Privatkunden statt Internet-Anbindung mehr Tinnef wie Videos auf Abruf etc. vorschwebt. Und das, wo ADSL das Zeug dazu hat, die Industrieländer später einmal in solche zu unterteilen, die es haben, und solche die es nicht haben. Na dann, gute Nacht.
Man könnte alles haben wenn man nur wollte. Die Bundesregierung könnte kurzfristig als Noch-Eigentümer der Telekom und langfristig über die Regulierungsbehörde den Anschluß an den Fortschritt und die Gewinnung eines Technologievorsprungs für Deutschland durchsetzen und sichern. Stattdessen nutzt sie das De-Facto-Monopol der Telekom bei Ortsverbindungen und ihren Einfluß auf die Regulierungsbehörde, um auf Kosten der Telekom- Kunden kurzfristige Gewinne aus ihrem Anteil an dem Unternehmen zu ziehen. Wichtige Technologien bei der Etablierung der Datenkommunikation über das Internet werden ignoriert oder verhindert und Deutschland damit der Anschluß an die fundamentalen Entwicklungen der Informationstechnologie verwehrt.
[Und wer hat nun schuld an der deutschen Internet-Misere?]
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Mein Dank gilt Herrn Karl-Heinz Dittberner von der Freien Universität Berlin, der seit Jahren Informationen zum Thema sammelt und im Internet unter t-off veröffentlicht, und ohne dessen Arbeit dieser Bericht nicht möglich gewesen wäre.
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