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Roß & Reiter Internet in Deutschland Teil 1
Stand: 14.8.2004 (67. Ed.)
File: Internet/Ross_und_Reiter.html *
28.12.1998 (t-off). Es wird Zeit, einmal kurz und knapp im Weltwissensnetz
festzuhalten, wer in Deutschland eine gesunde Entwicklung des
Internets durch Ignoranz oder Nichtwissen massiv behindert hat. Und
Deutschland hatte schon einmal eine wichtige technische Chance verschlafen
die (Hardware-) Entwicklung des Computers. Eigentlich sollte
das nicht wieder passieren.
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Weil aber Politik & Wirtschaft wenig lernfähig waren, geschah es
erneut beim Internet. Über den
technischen Hintergrund der
verfehlten deutschen Internet-
Entwicklung hat bereits der Karlsruher Informatik- Professor Werner Zorn an
anderer Stelle berichtet. Die folgende Hall of Blame nennt nun Roß
und Reiter. Sie beschäftigt sich aber mehr mit den politischen Aspekten und
erhebt nicht den Anspruch auf Vollständigkeit der (nicht-) handelnden Figuren.
Bei neueren Erkenntnissen wird sie fortgeschrieben.
The Hall of Blame
Wer hat die Entwicklung des Internets in Deutschland behindert?
Stand: 3. Oktober 2000 (Links bis 10.10.2003)
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Dr. Helmut Kohl (CDU) |
[Homepage]
[E-Mail] |
Dem Alt-Bundeskanzler (19821998) fiel nie viel zum
Information- Highway (Daten- Autobahn) ein. So verwies er auf
die Frage nach einem Ausbau der Daten-Autobahn auf den Verkehrsminister.
Als promovierter Historiker galt sein politisches Wirken der Einheit
Deutschlands und Europas. Vielleicht glaubte er einfach der rosa
gefärbten Selbstdarstellung der Deutschen Telekom. Stichwort:
"modernstes Telefonnetz der Welt in den neuen Bundesländern".
Merkwürdig ist nur, daß dieses bei Einführung von
Pauschaltarifen im Ortsbereich
zusammenbrechen soll. Warum sind diese aber in Nordamerika
netztechnisch
möglich. Und warum wird
in Japan
vom Ministerium für Telekommunikation die Einführung eines
Pauschaltarifs (Flat-rate) als sinnvoll angeordnet?
Dr. Wolfgang Bötsch (CSU) |
[Homepage]
[E-Mail] |
Der letzte Bundespostminister hat am 18.3.1994 die hohen Ortstarife der
Telekom genehmigt
(Tarifreform 1996), ohne die Folgen
für die Entwicklung des Internets zu bedenken. Im
TKG von
1996 wurde der Auftrag der Regulierungsbehörde (RegTP) fast
ausschließlich auf die (De-)Regulierung der Sprachkommunikation
beschränkt.
Im Herbst 1997 genehmigte Bötsch zeitabhängige
Interconnection- Tarife
für den Ortsbereich, undifferenziert nach Sprach- und
Datenkommunikation. Sinnvoll wären im Ortsbereich dagegen
zeitunabhängige Interconnection- Entgelte für
Call-Zuführung und -Terminierung gewesen, damit das faktische
Telekom- Ortsnetzmonopol nicht als
Minutenbremse beim Internet-
Zugang wirkt. Dazu fehlte
es ihm aber an Visionen.
Außerdem klammerte Bötsch die Ortstarife der Telekom
trickreich bis Ende 2002 aus der
Regulierung aus.
[Telekom-Regulierung 1998]
[2002: Lukrative Aufträge von
Post und Telekom]
Gerhard O. Pfeffermann (CDU) |
[Homepage]
[E-Mail] |
Bereits als Bundestagsabgeordneter der CDU galt Pfeffermann als der Telekom
besonders nahestehend. Er wurde dann als Poststaatssekretär
CDU-Watchdog beim CSU-Postminister
Bötsch. In
dieser Funktion streute er dann reichlich Pfeffer in die deutsche
Volkswirtschaft. Denn vor allem ihm ist es zu verdanken, daß die
Deutsche Telekom AG zum 1. Januar 1996 die
Gebühren für Ortstelefonate
und damit die
Internet- Zugangskosten
ohne rationalen Grund drastisch um bis zu 161 % erhöhen durfte.
Die Jobmaschine Internet konnte so
1996 nicht anspringen. Nur um einem Veto des parlamentarischen
Infrastrukturrats zu entgehen, einigte er sich im Auftrag von Bötsch
Anfang 1994 mit der Telekom auf deren "Tarifkonzept 96".
[mehr]
Als Poststaatssekretär saß er im Aufsichtsrat der Telekom AG und
war Vorsitzender des Verwaltungsrats der Bundesanstalt für Post und
Telekommunikation (BAPT). Pfeffermann war der Post- Experte der
CDU, verstand aber nichts vom Internet und dessen Auswirkung auf die
Entwicklung der Telekommunikation.
Im Bundespostministerium war Pfeffermann der direkte Vorgesetzte von
Scheurle (CSU),
dem heutigen Präsidenten der Regulierungsbehörde für
Telekommunikation und Post.
Anfang Februar 1995 trat Pfeffermann von seinem Posten als
Aufsichtsratsmitglied der Telekom AG
zurück. Der Druck der
Industrie war zu groß geworden. Diese hatte immer wieder Pfeffermanns
fragwürdige Doppelrolle als Poststaatssekretär und Telekom-
Aufsichtsrat sowie seine offensichtliche Tätigkeit als Telekom-
Lobbyist kritisiert.
Dennoch spannte die Telekom Pfeffermann weiterhin für ihre Anliegen
ein. So hat er 1997 im Hintergrund entscheidend an der
zu hohen Festlegung der ersten
Interconnection- Tarife
mitgewirkt.
Dr. Günter Rexrodt (FDP) |
[Homepage]
[E-Mail] |
Als Bundeswirtschaftsminister
befürwortete Rexrodt noch
1996 die Erhöhung der Telekom- Ortstarife. Später
kritisierte er dann zaghaft die
hohen Internet-Zugangskosten und vertraute auf die
Selbstregulierung des Marktes.
Um dessen Kraft zu entfalten ist jedoch die Schaffung geeigneter
Rahmenbedingungen eine unabdingbare Voraussetzung. Die Förderung von
echtem (Ortsnetz-) Wettbewerb, auch zwischen verschiedenen
Zugangsinfrastrukturen, unterblieb. Hier versagte Rexrodt kläglich.
Zwar mag es juristisch nicht möglich sein, die Telekom zum Verkauf
ihrer TV-Kabelsparte zu zwingen. Rechtlich möglich wäre aber,
notfalls die Kabelsparte so
abzuspalten, daß sie als
völlig getrenntes Unternehmen in den Händen der T-Aktionäre
bleibt. Dazu ist aber der Gesetzgeber gefordert (Beispiel: Cable Act in
den USA, der gegenseitige Beteiligungen zwischen Telefon- und
Kabelgesellschaften verbietet).
Als Vorsitzender des Ausschusses für Post und Telekommunikation des
Deutschen Bundestags befürwortete
Börnsen die drastische Erhöhung des Telekom- Ortstarifes
(Tarifreform 1996). Inzwischen gilt
Vizeregulierer Börnsen als der wahre Präsident der Bonner
Regulierungsbehörde (RegTP),
nachdem die Rot/Grüne- Koalition im Oktober 1998 die Bundesregierung
übernommen hatte. Bereits kurz nach Marktöffnung erwarb er sich
den Ruf des Telekom- Amigos, indem er
trotz seiner Neutralitätsverpflichtung auffallend viel
Verständnis für die
Telekom zeigte und sich sogar persönlich für die Entscheidung
seiner Behörde entschuldigte.
Wiederholt kritisierte Börnsen die Auswirkungen des Preiskampfs auf
(ausbleibende) Investitionen, was aber inzwischen
durch die Praxis widerlegt ist.
Speziell den Telefongesellschaften, die zwangsläufig nur mit wenig
eigener Infrastruktur starteten, dennoch aber schnelle Erfolge als
Ferngesprächsanbieter verzeichneten, erklärte er eine
Kampfansage an die schnelle Mark
und setze sich dazu für eine
Interconnection- Preisreform
ein.
Sinnvolle Forderungen nach einem auf Infrastrukturwettbewerb abzielenden
Regulierungsansatz bewegen sich bei Börnsen leicht in der Grauzone des
Mißbrauchs, um den Ex-Monopolisten Deutsche Telekom zu schützen
und den Wettbewerb
einzuschränken. Zugute
halten muß man dem
umstrittenen
Vizeregulierer, daß er wenigstens die in Nordamerika herrschende
Dynamik im Bereich breitbandiger Datenkommunikation
erkannt hat. Hätte die hohe
Dynamik dort aber im gleichen Ausmaß entstehen können, wenn die
dort üblichen Monatspauschaltarife (Flat-rates) ein Tabuthema wie hier
in Deutschland wären?
Der CDU-Drahtzieher im Hintergrund hatte 1996 große Mühe,
Internet-Nutzern zu erklären, was die Alt-Bundesregierung mit der
Telekom-Liberalisierung beim Internet bezweckte.
[mehr]
Der postpolitische Wasserträger
aus Bietigheim soll ab 1. August 1999 große Karriere als
Staatsminister im Bundeskanzleramt machen. Aufgefallen war der
33jährige Diplom- Betriebswirt bislang durch flotte Reden und ein
merkwürdiges Verständnis von moderner Wirtschaftspolitik
(eine gesonderte Netzgesellschaft [aus der Telekom]
auszugliedern, wurde
[von der SPD] nicht aufgegriffen). Digitale
Internet-Kompetenz zieht mit Bury nicht ins Kanzleramt ein. Er verwendet
"Microsoft FrontPage 2.0" für seinen
Web-Auftritt.
Bury gehört zu den Unterzeichnern des heftig umstrittenen
Grundsatzpapiers vom Juli 1999, in dem 13 SPD-Youngster Gerhard
Schröders Kurs einer modernen Wirtschaftspolitik
unterstützen. Das "Zukunftsprogramm 2000" der Bundesregierung sieht Bury als
den Paradigmenwechsel an.
[mehr]
Klaus-Dieter Scheurle (CSU) |
[Homepage]
[E-Mail] |
Der eigentliche Vater des
TKG
möchte nicht mehr auf dem
Schleudersitz sitzen und die Absetzung von seinem hochdotierten
Posten als Präsident der Bonner
Regulierungsbehörde (RegTP)
fürchten. Deshalb wohl fallen
numehr viele Regulier- Entscheide (unter der SPD-Regierung) wenig markt-
sondern eher Telekom- freundlich aus. Beispiele: Die
Miete der letzten Meile sowie der
Optionstarif AktivPlus, der eigentlich
Änderungen im Interconnetion- Regime implizieren müßte.
Dr. Peter Fischer (SPD) |
[Homepage]
[E-Mail] |
Der niedersächsische Wirtschaftsminister hat als Vorsitzender des
Beirats der Bonner Regulierungsbehörde für Telekommunikation und
Post und früher im Regulierungsrat die digitale Datenkommunikation
(Internet) nicht so gefördert, wie es für diese alles
entscheidende
Schlüsseltechnik angemessen
gewesen wäre. Laut einem Bericht des Computer-Magazins
"iX" hielt er noch 1998 monatliche
Internet- Nutzungskosten von 50 DM für 10 Stunden als Ultima ratio.
Die volkswirtschaftliche Notwendigkeit von
unmetered calls
auch zur Beseitigung von Arbeitslosigkeit wurde nicht
erkannt.
Jürgen Stark (CDU) |
[Homepage]
[E-Mail] |
Ex-Finanzminister Waigels Staatssekretär
sorgte sich 1998 um den Wert des noch
im Staatsbesitz befindlichen
T-Aktienpakets. Wegen
angespannter Staatsfinanzen gilt es beim anstehenden Verkauf der noch im
Staatsbesitz befindlichen T-Aktien, möglichst viel Geld in die
Staatskasse zu spülen. Das Bundesfinanzministerium räumt deshalb
fiskalischem Interesse
eine höhere Priorität ein als dem ordnungspolitischen
Ziel eines freien (Ortsnetz-) Wettbewerbs.
Während die US-Amerikaner mit Stolz von ihrer "technology driven &
service based economy" sprechen und inzwischen einen beeindruckenden
Haushaltsüberschuß (budget
surplus) erzielen, hat das deutsche Finanzministerium die
volkswirtschaftliche Bedeutung des Internets in einem globalen Markt noch
nicht erkannt. Das Wirtschaftswachstum in den USA wird bereits zu einem
Drittel von der Informationstechnologie getragen. [mehr]
Dr. Martin Bangemann (FDP) |
[Homepage]
[E-Mail] |
Der Überflieger war als EU-Kommissar in Brüssel für die
Telekom- Regulierung zuständig. Er rechtfertigte die Verteuerung im
Ortsbereich als normal, auch wenn dabei
der Begriff des "Rebalancing" nicht immer ganz im Sinne der OECD verwendet
wurde. Um die Internet- Entwicklung Europas kümmerte sich Bangemann
eigentlich nie.
Für Schlagzeilen sorgte der Wechsel von der EU-Kommission als Berater
zur spanischen Telefónica. Das Interesse des spanischen
Ex-Monopolisten sind wohl kaum technische Kenntnisse zur Telekommunikation,
sondern vielmehr politische Kontakte. Auch in Spanien sind die
Internet-Zugangskosten noch sehr hoch. Allerdings entsteht
dort regionaler Wettbewerb durch
die TV-Kabelnetzbetreiber wie Ono Cable
(früher Cableuropa) und
Supercable.
Dr. Ron Sommer (Deutsche Telekom) |
[Homepage]
[E-Mail] |
Für Ron
Sommer ist Lobbyarbeit für die Deutsche Telekom
ausnahmsweise der offizielle Auftrag. Speziell bei Vergleichen mit anderen
Ländern (insbesondere Nordamerika) wird es mit der Wahrheit schon mal
nicht so genau genommen. Angelastet werden
müssen Sommer eklatante Management- Versäumnisse.
[Die Lage ist verheerend]
Mit einer visonären, zukunftsweisenden auf die Datenkommunikation
ausgerichteten Investitionspolitik hätte die Deutsche Telekom so
positioniert werden müssen, daß ein leistungsfähiger und
dennoch günstiger Netzzugang längst für jedermann
Realität sein könnte. Um Deutschland wirklich zur
"Online-Nation" zu machen und nicht nur
davon zu reden. Weltmarktstratege
Sommer beschäftigt sich dagegen lieber mit Fusionsplanungen und der
Auslandsexpansion. Auch zu deren Finanzierung möchte Sommer an
hohen Internet- Tarifen im Inland festhalten.
[Cash-cows der Telekom]
[2002: Ron Sommer muß gehen]
Gerd Tenzer (Deutsche Telekom + SPD) |
[Homepage]
[E-Mail] |
Der Telekom-Vorstand für Technik- und Netze gilt als der eigentlich
starke Mann im Konzern. Er war bis
1982 in Bonn als Assistent von Franz Arnold (SPD) im damaligen
Postministerium tätig. Später bei der Telekom
klüngelte das Duo die
Verzögerungsstrategie für den von der EU-Kommission geforderten
Verkauf des TV-Kabelnetzes aus. Auch heute noch werden die
Kartellwächter an der Nase
herumgeführt.
Denn eine vollständige Trennung von der Kabelsparte war nie geplant,
per Sperrminorität will die
Telekom echten Wettbewerb verhindern. Weltweit einmalig und
volkwirtschaftlich wenig sinnvoll soll so die Telekom- Doppelherrschaft
über Telefon- und TV-Kabelnetz zementiert werden. Daß aber ist
nur mit erstklassigen politischen
Connections erreichbar. Die Telefonkosten seien sowieso kein
großes Hemmnis, sondern lediglich die Inhalte würden den Grad
der Internet-Nutzung bestimmen,
entgegnete Tenzer auf Kritik.
Unter Politikbeobachtern gilt der Ministerpräsident von
Rheinland-Pfalz und Vorsitzende der Rundfunkkommission der Länder als
"Hardliner", wenn es darum geht, die kontinuierliche
Ausweitung des Versorgungsauftrags der
öffentlich- rechtlichen Rundfunkanstalten zu rechtfertigen. Damit
Deutschland wenigstens beim staatlich verordneten Pay-TV mit weitem Abstand
Weltspitze ist. In Sachen Internet blieb Beck bisher weitgehend in der
Versenkung. Einzige Ausnahme: Der
Streit um die
Rundfunkgebühren für Internet- Computer, ein Sekundärthema.
Wolfgang Clement (SPD) |
[Homepage]
[E-Mail] |
Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident ist kein
Al Gore des Internets, dafür um
so mehr des digitalen (Pay-)TVs.
Er möchte Deutschlands Medienstandort Nordrhein-Westfalen fördern
und gilt dem Bertelsmann-Konzern als
nahestehend. Zum Schutz der Deutschen Telekom vor zuviel Wettbewerb
setzte er sich für die
"Berechenbarkeit" der Entscheidungen der Regulierungsbehörde ein und
regte dazu
sogar eine Gesetzesänderung an. Medienwirksam forderte der gelernte Journalist
Clement, "die Schnellen"
(Microsoft) zu holen,
um das Telekom TV-Breitbandkabel zum Multimedianetz (ohne Telefonie-
Nutzung) aufzurüsten.
Richtige Impulse für eine ernsthafte Kabelnetzausgliederung gingen von
Clement aber nie aus. Auch nicht für bezahlbare Internet-
Zugänge. Erst nachdem nun
mehr als deutlich ist,
daß die Telekom den Verkauf ihrer Kabelfernsehnetze nach langer
Verzögerung noch immer nicht
ernsthaft durchführt, meldete sich der SPD-Ministerpräsident
wieder zu Wort. Bei den Netzen
handele er sich um ein ungenutztes Potential.
Für die Unternehmen der Medien- und Telekommunikationsindustrie sei
das Kabel von großer Bedeutung.
Zu fragen ist nun allerdings, warum die Kritik von einem der
einflußreichsten Wirtschaftspolitiker in der SPD auch jetzt noch so
verhalten bleibt. Mit einem Machtwort hätte Clement schon längst
seine Partei auf (Erfolgs-) Kurs bringen können. Vielleicht sollte er
sich ein Beispiel an Irlands Regierung nehmen. Denn dort ging auch
aufgrund von politischen Drucks der
hunderprozentige Verkauf des staatlichen
Kabelfernsehnetzes (Cablelink) sehr schnell über die Bühne. Eine
industriepolitisch abenteuerliche Minderheitsbeteiligung mit
Sperrminorität hätten die
ambitionierten Iren auf keinen
Fall toleriert.
Dr. Werner Müller (SPD-nah) |
[Homepage]
[E-Mail] |
Als es im Vorfeld der Bundestagswahl 1998
Kritik an den Telekom-Absichten
der SPD gab, versicherten die
Sozialdemokraten, den Telekom-Markt im Falle eines Wahlsiegs nicht zum
Schutz des faktischen Ortsnetz- Monopolisten Deutsche Telekom
zurückdrehen zu wollen. Doch bereits in seinen ersten Amtstagen als
Bundeswirtschaftsminister erklärte Werner Müller es zu seinem
Ziel, nun
Fehlentwicklungen am
Telekommunikationsmarkt zu korrigieren.
Unter "Fehlentwicklungen" verstand der parteilose Wirtschaftsminister dabei
kaum die prohibitiv hohen Internet- Zugangskosten in Deutschland, als deren
Folge Deutschland sich bei der Internet-Nutzung
auf der Kriechspur bewegt und
selbst viele deutsche
Unternehmen aus Kostengründen bei der Internet-Nutzung nur in der
dritten Liga spielen. Vielmehr bezeichnete Müller sich selbst als
Anwalt der
T-Aktionäre und
schlug sich auf die Seite der
Telekom. Als die Regulierungsbehörde am 26.11.1998 nach langer
Prüfung und bereits zuvor im Sommer erfolgter
Vertagung nun endlich die
Monatsmiete für die Teilnehmeranschlußleitung festsetzen wollte,
stoppte Müller das
Verfahren und bewirkte eine erneute Vertagung.
Für die Letzte Meile wollte
der Regulierer eigentlich einen Mietpreis
von 23,20 DM netto festsetzten,
was bereits als
Eingeständnis auf erheblichen
politischen Druck gewertet
wurde (noch im Sommer wurde aus dem Regulierer-Umfeld signalisiert, die
wahren Kosten würden unter 20 DM liegen). Erst am 8.2.1999
genehmigte der Regulierer dann eine monatliche
Netto-Miete von 25,40 DM.
Spätestens seitdem nun das Notopfer
Telekom durchgedrückt wurde, ist mehr als deutlich, daß die
Regulierungsbehörde nur wenig politisch unabhängig ist.
Heute wäre der Bundeswirtschaftsminister zuständig für eine
Novellierung des TKG, um so die
Versäumnisse der Alt-Regierung zu heilen und dem Internet in
Deutschland den Weg zu ebnen. Doch passiert ist bislang nichts.
Immerhin weigert er sich im Juli 1999, den gerade erst aufkeimenden
Energie-Wettbewerb abzuwürgen,
was doch Teile der SPD ernsthaft fordern. Aber schon im September 1999 ist
er offensichtlich umgefallen. Müller will nun wohl doch den
Strom-Wettbewerb zügeln,
zu Lasten der Privatkunden. Und die wahre Bedeutung des Internets für
die deutsche Volkswirtschaft hat der Strom-Mann Müller offenbar noch
immer nicht erkannt. Denn erst für 2005 soll in seinem Haus ein
sogenannter "Internet-
Masterplan" in Arbeit sein. Dann aber dürfte der Internet-Kuchen
weltweit verteilt sein.
Im "Zukunftsprogramm 2000" der neuen Bundesregierung unter
Bundeskanzler Schröder ist die Beförderung des Internets
und dadurch die Schaffung vieler neuer Arbeitsplätze bisher
nicht vorgesehen. In seiner
Regierungserklärung
vom November 1998 hatte aber der Bundeskanzler neue Initiativen zur
Beförderung des Internets (Neue Medien) angedeutet. Warum
wird das nun nicht angesichts von noch immer 4 Millionen
Arbeitslosen zügig umgesetzt? Und wer das bezahlbare Internet
in einem Zukunftsprogramm für 2000 und danach nicht prominent
berücksichtigt, der betreibt keine innovative moderne
Wirtschaftspolitik (G. Schröder), von
sozialer Verantwortung
ganz zu schweigen.
[1998: Koalitionsvertrag
Vom Internet keine Rede]
Anmerkungen:
- Eine Crux der deutschen Diskussion ums Internet ist auch, daß ganz
offensichtlich jeder je nach eigener Interessenslage unter den
Begriffen Internet, Multimedia,
Neue Medien oder sogar Telekommunikation
etwas ganz anderes versteht. Mit dieser Begriffverwirrung wird dann reichlich
Politik gemacht. Und das von Personen, die nachweisbar der Entwicklung des Internets
in Deutschland nun wirklich schwer geschadet haben, weil sie sich in einer hohen
Verantwortungsposition uncouragiert mit dem Status-Quo zum Schaden der
Volkswirtschaft des Gemeinwohls abgefunden haben.
- Besonders deutlich wurde der Schaden Anfang August 2002, als bekannt wurde,
daß in Deutschland beim so wichtigen
Line- Sharing nicht eine
kommerziell genutzte Leitung existiert. Die Regulierungsbehörde für
Telekommunikation und Post hat kläglich versagt.
[mehr]
- Auf meinen Seiten wird unter Internet durchgehend das
weltweite Computernetz verstanden, über das Daten jedweder
Bedeutung ungefiltert nach den Internet- Protokollen
(TCP/IP u. a.) wie sie in den
RFC-Normen festgelegt sind
digital transportiert werden.
- Was machen diese Leute heute? (Nachtrag vom Juli 2004):
- Der Alt-Kanzler Kohl nahm's auch mit dem Spendengesetz nicht so genau...
- Rechtsanwalt Bötsch ist MdB und ruft schon mal Drecksau.
- Von Pfeffermann ist nichts bekannt.
- Rexrodt hat sich aufs Altenteil zurückgezogen. Er hat immer viel
versprochen und wenig gehalten.
- Börnsen ist irgendwo in der TK-Industrie lukrativ gelandet.
- Vom CDU-Müller ist nichts bekannt.
- Charming Bury ist offensichtlich total in der Versenkung verschwunden, denn seit
2002 hört man nichts mehr von ihm.
- Scheurle ist Senior-Advisor bei der Credit Swisss und sitzt im Aufsichtsrat des
Internet- Providers Freenet.
- Von Fischer ist nichts bekannt. In Niedersachsen regiert inzwischen die CDU.
- Von Stark ist nichts bekannt.
- Wer weiß, wo das Bangemännchen jetzt sein Wissen verhökert...
- Ron Sommer mußte 2002 abdanken.
- Tenzer ist wohl noch immer bei BigT, auch wenn er 2002 nicht Telekom-Chef werden durfte.
- Beck ist noch Ministerpräsident in Mainz und fordert nun IT-Attraktivität.
- Clement ist jetzt Superminister für Wirtschaft und Arbeit im Kabinett
Schröder. Er brauchte Jahre, um das TKG 2004 mehr schlecht als recht zu
novellieren.
- Müller ist nach der Bundestagswahl 2002 wieder in die Wirtschaft zurückgegangen.
- Schröder ist noch immer Auto- und Bundeskanzler. Das Internet hat er
nicht befördert.
Edit-History:
- Diese Webseite "The Hall of Blame" wurde seit dem 28.12.1998
recherchiert und zusammengestellt. Die Editionen 124 wurden nicht
veröffentlicht.
- Die Erstpublikation erfolgte im Internet am 1. August 1999 mit der 25.
Edition unter dem Pfad
http://userpage.fu-berlin.de/~dittbern/Telekom/Internet/Ross_und_Reiter.html.
- In den Editionen 2632 wurden weitere Verweise (Links)
hinzugefügt.
- Edition 33 vom 22.8.1999: WebTip-Logo 1999 (Die besten Websites aus
Deutschland, Österreich und der Schweiz) sowie Text zu Dr. Peter Fischer
zugefügt.
- In der Edition 34 wurden weitere Verweise (Links)
hinzugefügt bzw. verbessert.
- Edition 35 vom 15.9.1999: Hinweis auf Einschränkung des
Strom-Wettbewerbs bei Werner Müller ergänzt.
- In den Editionen 3643 wurden weitere Verweise (Links)
hinzugefügt sowie einige angepaßt.
- Edition 44 vom 3.10.2000: Eintrag "Pfeffermann" hinzugefügt.
- In den Editionen 4547 wurden nur einige Links aktualisiert.
- In der Edition 48 wurden einige aktuelle Links sowie die Anmerkung zum
Line-Sharing zugefügt.
- In den Editionen 4950 wurden weitere Links aktualisiert.
- In den Editionen 5156 wurden bis zum 10.10.2003 alle Links ag. der
Situation beim neuen Webhoster (ProHosting.com) überarbeitet.
- 57. Edition: Das Layout etwas verbessert.
- 58. Edition vom 1.7.2004: Das Layout wg. der geplanten PDF-Ausgabe nochmals
modifiziert.
- 59. Edition vom 12.7.2004: Die Anmerkungen "Was machen diese Leute heute?"
zugefügt.
- 60.62. Edition vom 14.8.2004 usw.: Anpassung an neuen Speicherort unter
http://t-off.khd-research.net/.
© 1998-2007 Dipl.-Ing. Karl-Heinz Dittberner
(khd) Berlin
Last Update: 15.07.2011 14.43 Uhr