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Wie startet(e) man die »Aktion billiges Telefon« ? khd
Stand:  1.3.2006   (29. Ed.)  –  File: Protest/AbT_starten.html




Von der »Aktion billiges Telefon« ist im März 1996 ein Merkblatt herausgegeben worden, in dem erklärt wurde, wie es praktisch angepackt wird, in einer Stadt die Protest- Unterschriften- sammlung gegen die unsoziale und extrem kommunikationsfeindliche Tarif- Politik der Deutschen Telekom zu starten. Diese Anleitung wird im folgenden dokumentiert.

Dokumentiert wird hier jetzt auch der die Aktion abschließende Brief an die Deutsche Telekom AG vom 30. Oktober 1996, auf den die Telekom – ohne sich überhaupt mit den ganz konkreten Bürgerforderungen auseinanderzusetzen – lediglich mit einem Formbrief antwortete. Das ist peinlich! Und Anfang Februar 1997 kommentierte Telekom- Vorstand Detlev Buchal dann den Streit um die "Tarifreform 96" mit: „Das war viel Lärm um nichts.“

Bis zum 30. Oktober 1996 waren in ganz Deutschland rund 1.050.000 Unterschriften gegen die enorme Verteuerung der Ortsgespräche von vielen fleißigen HelferInnen gesammelt worden.


Mitteilungen und Rückfragen bitte an:

Aktion billiges Telefon
Dr. Helga Frisch, Pfarrerin
Koenigsallee 10 – 14193 Berlin
Telefon: 030 – 892 10 07
Fax: 030 – 892 10 04

I n h a l t :



Zur Erinnerung:

»Wir fordern die Rücknahme des neuen
Tarifsystems beim Ortsgespräch.«


Das haben bis Oktober 1996 über 1 Million Telekom-Kunden zusammen mit der „
Aktion billiges Telefon“ durch ihre Unterschrift gefordert.
Schluß-Stand vom 30.10.1996: 1.050.000

Ruhrgebiet: 300.000 + Berlin: 300.000 + München: 165.000 + Hamburg: 65.000 + Köln/Leverkusen: 50.000 + Potsdam: 10.000 + Weitere Städte: rund 160.000

More than 1 million Germans have signed protest notes against the unsocial and extreme communication unfriendly phone rates established by German's Deutsche Telekom AG on January 1, 1996.

In Bielefeld, Bonn, Bremen, Dortmund, Düsseldorf, Duisburg, Essen, Frankfurt/M, Freiburg/Br., Jena, Kiel, Mülheim/Ruhr, Nürnberg, Oberhausen, Paderborn, Regensburg, Saarbrücken, Stuttgart und vielen anderen Städten sind die Unterschriftensammlungen gelaufen.

Der Dank geht an alle, die dabei so kräftig mitgeholfen haben.
Nun sind die Telekom und die Politik am Zuge!
Aber sie taten nichts.


20.03.1996: Wie startete man die "Aktion billiges Telefon" in einer Stadt?
30.10.1996: Brief der "Aktion billiges Telefon" an die Deutsche Telekom.



Brief der Aktion billiges Telefon an die Deutsche Telekom AG

[Dieser Brief ging in Kopie auch an verschiedene Bundespolitiker]


An die Zentrale der
Deutschen Telekom AG
Friedrich-Ebert-Allee 140
53113 Bonn

Berlin, den 30.10.1996

Sehr geehrte Herren,

nach Einführung des neuen Tarifsystems zum 1.1.1996 habe ich in Berlin die Bürgerinitiative "Aktion billiges Telefon" begründet, die sich gegen die Verteuerung der Ortsgespräche um 100 % am Tage bei Gesprächen über 3 Minuten und am Abend ab 18.00 Uhr um 120 % wendet. Ich bin in zahlreichen Fernsehsendungen – zum Teil gemeinsam mit Vertretern der Deutschen Telekom AG – aufgetreten, und es wurde in allen deutschen Zeitungen über unsere Initiative berichtet. Ich habe allein in Berlin 300.000 Unterschriften gesammelt gegen den neuen Ortstarif. In 12 bis 15 Großstädten gab es "Zweigstellen" unserer Bürgerinitiative, wo ebenfalls 750.000 Unterschriften gesammelt wurden. Insgesamt haben sich durch diese und mit uns verbundene andere Protestinitiativen mehr als eine Million Bürger durch ihre Unterschrift gegen das neue Tarifsystem im Ortsbereich gewendet. Ich habe außer den 12.000 Briefen mit Unterschriftenlisten auch 2.000 Briefe erhalten mit Äußerungen von betroffenen Bürgern und Bürgerinnen.

Auszüge aus diesen Briefen habe ich in einer kleinen Dokumentation zusammengestellt [Ed: Die 14-seitige Doku kann von Frau Frisch bezogen werden]. Die Telekom hat zwar selbst in Bonn Hunderttausende von Protestbriefen und Unterschriftenlisten erhalten, aber ich möchte Ihnen durch die kurzen und pointierten Äußerungen aus den an mich gerichteten Briefen doch noch einmal nahebringen

Der deutsche Telefonkunde fühlte sich – wie mir immer wieder geschrieben wurde – „für dumm verkauft“.

Es mag zwar dem deutschen Durchschnitt entsprechen, daß 67 % der Kosten beim Telefonieren durch Ferngespräche anfallen. Der Privatkunde in den Großstädten telefoniert aber zu 80 % nach uns vorliegenden Untersuchungen ausschließlich im Ortsnetz, und für diese Kunden ist das Telefonieren bei gleichem Telefonier- verhalten um ca. 65 % teurer geworden. Positiv werden einzig die kürzeren Zähltakte für 90 Sekunden und 12 Pfennige vermerkt. Jede über drei Minuten hinausgehende telefonische Kommunikation „von Mensch zu Mensch“ ist aber so stark verteuert worden, daß die meisten Kunden ihr Telefonierverhalten drastisch geändert haben. Wie mir immer wieder geschrieben wurde,

Auch die in Aussicht genommenen Rabatte für Privatkunden schaffen hier keine Abhilfe, da für City plus und City weekend zu hohe Einstiegsgebühren und zu hohe Grundgebühren verlangt werden und da diese Grundgebühren auch dann gezahlt werden müssen, wenn man sie wegen Abwesenheit gar nicht ausnutzen kann. Vor allem aber gibt es nach 18.00 Uhr kaum noch eine Verbilligung gegenüber den derzeit geltenden Gebühren. Vor dem 1.1.1996 konnte man nach 18.00 Uhr 12 Minuten telefonieren, zur Zeit nur noch 5 Minuten.

Im Interesse von Millionen von empörten und enttäuschten Telefonkunden möchte ich Sie deshalb dringend bitten, wieder überschaubare und bezahlbare Tarife für Ortsgespräche zu schaffen. Dazu gehört vor allem ein einheitlicher Zeittakt ab 18.00 Uhr von mindestens 8 Minuten, damit sich der Telefonkunde nicht auch noch in seiner Freizeit vom Zeitdruck eingeschnürt fühlt und in seinem Telefonierverhalten durch die Zeitvorgaben der Telekom beeinträchtigt fühlen muß. Uns liegen Untersuchungen vor, nach denen die durchschnittliche Dauer von Gesprächen mit Verwandten 10 Minuten beträgt, Gespräche mit Freunden dauern durchschnittlich 12 Minuten.

Die Einstellung der deutschen Telefonkunden gegenüber der Deutschen Telekom ist durch das ab 1.1.1996 geltende Tarifsystem im Ortsbereich und durch die teure Werbung auf einem Tiefpunkt angelangt. Da die Deutsche Telekom „Soziale Verantwortung“ zu ihren Unternehmensgrundsätzen zählt und mit dem Slogan wirbt „Von Mensch zu Mensch“, sollte sich diese Menschlichkeit auch wieder im Tarifsystem abbilden.

Da ab 1.1.1997 Rabatte für Privatkunden geplant sind, richten wir an Sie die dringliche Bitte, diese Rabatte für alle überschaubar und vor allem ab 18.00 Uhr mit einem merklich längeren Zeittakt auszugestalten. Da die Telekom dem globalen Wettbewerb ab 1.1.1998 entgegengeht, wäre es sehr wichtig, daß Sie vor dem 1.1.1998 Ihre Kunden durch überzeugende Leistungen gewinnen und sich einen guten Ruf als Ausgangsbasis schaffen.

Mit freundlichen Grüßen

Ihre Helga Frisch

P.S.: Ich füge die Kopie eines Schreibens vom Petitionsausschuß des Deutschen Bundestages an, in dem die jetzigen Ortsgebühren ebenfalls als unzumutbar bezeichnet werden.


Wie gründet man die "Aktion billiges Telefon" in einer Stadt?

In Berlin oder in dem Ort, wo Sie wohnen, wird das Flugblatt mit Unterschriftenliste auf der Rückseite mit Ihrer Kontaktadresse (ggf. überkleben!) neu gedruckt. Sie verteilen oder verschicken das Blatt in Ihrer Umgebung.

Besonders interessiert sind alle Senioreneinrichtungen, alle Frauengruppierungen, die Verbraucherzentrale (die mit uns bundesweit zusammenarbeitet), die Grünen (die als einzige Partei im Aufsichtsgremium gegen die neuen Tarife gestimmt haben), Behinderteneinrichtungen (wie Verband der Kriegsopfer, Reichsbund), Behindertenligen, Blindenverein, Selbsthilfeeinrichtungen und Beratungsgruppen und viele andere mehr. Die Grauen Panther sind bundesweit überall mit von der Partie. In München haben sie eine eigene Protestgruppe gegen die neuen Telefongebühren gebildet und 30 000 Unterschriften gesammelt.

Vor oder nach dem Sammeln von Unterschriften muß die örtliche Presse informiert werden, so daß sie über die Gründung der "Aktion billiges Telefon" berichten kann. In Nordrhein-Westfalen sind zum Beispiel die WAZ und NRZ zu informieren, alle Rundfunksender und lokalen Fernsehsender. Besonders interessiert sind die privaten Rundfunksender, die die Popularität des Themas kennen.

Wenn es eben möglich ist, sollte man die lokale Presse einladen in einen Raum, der 12 bis 15 Personen faßt. Man bekommt solche Räume bei Kirchengemeinden oder stadtbekannten Einrichtungen, bei kirchlichen Einrichtungen. In Dortmund z. B. beim "Haus landeskirchlicher Dienste", in Frankfurt/Main z. B. im Gästehaus des ev. Regionalverbandes, in Stuttgart bei der Evangelischen Gesellschaft. Wenn Sie eine größere Wohnung haben, können Sie aber auch die Medien nach Hause einladen, dies bringt noch den Vorteil größerer Basisnähe mit sich.

Wenn Sie nicht alle örtlichen Medien kennen oder aus dem Telefonbuch herausfinden, kann ich Ihnen auch aus Berlin den neuesten Stand der Adressen mitteilen oder – falls nötig – auch die Presse von meinem hiesigen Faxgerät aus einladen.

Das Muster einer solchen Einladung sieht etwa so aus:



Muster: Einladung zur Pressekonferenz


Aktion billiges Telefon
[Ihre Anschrift und Datum]

Betr.: Einladung zur Pressekonferenz

Sehr geehrte Damen und Herren,

in Berlin ist im Januar die Bürgerinitiative "Aktion billiges Telefon" begründet worden, die sich gegen die durchschnittliche Verdoppelung der Gebühren im Ortsbereich wendet.

Dort sind bereits 250.000 Unterschriften gesammelt worden. Diese Protest-Aktion ist inzwischen in vielen weiteren Großstädten übernommen worden. So ist beispielsweise im Ruhrgebiet die "Aktion billiges Telefon" mit der dortigen Protestbewegung von Frau Monika Schumann vereinigt worden, die bereits 280.000 Unterschriften gegen das neue Tarifsystem der Telekom beim Ortsgespräch gesammelt hat.

Es soll jetzt auch in [Name Ihres Ortes] die "Aktion billiges Telefon" begründet werden. Ich lade Sie deshalb ein zu einem Pressegespräch

am ...    [Datum und Uhrzeit]
in ...     [Ort, Straße]

Mit freundlichem Gruß


Anlage: Flugblatt und Unterschriftenliste



Und noch einige Tips

Für das Pressegespräch empfiehlt es sich sehr, nicht montags oder freitags zu wählen, sondern einen Wochentag zwischen Dienstag und Donnerstag. Als Uhrzeit ist unbedingt 11 Uhr zu empfehlen, was nicht zu früh ist, weil viele Journalisten Nachtmenschen sind, nicht zu spät, damit der Artikel noch geschrieben und am nächsten Tag veröffentlicht werden kann. Der Einladung sollte das Flugblatt mit der jeweiligen Kontaktadresse beigelegt werden.



Falls noch Rückfragen sind, wenden Sie sich bitte an mich in Berlin [
siehe oben].

Helga Frisch



Brief der RWE Telliance AG an die Aktion billiges Telefon

[Ed: Die Dokumentation dieses Briefes erfolgte erst im August 1999]


„Aktion billiges Telefon“
Frau Dr. Helga Frisch
Koenigsallee 10
14193 Berlin

Essen, den 29.04.1996

Sehr geehrte Frau Dr. Frisch,

herzlichen Dank für Ihr ausführliches Schreiben vom 27. März, in dem Sie uns die Aktion „Billiges Telefon“ vorstellten. Wir beobachten Ihre Aktivitäten mit großem Interesse. Zumal wir und damit auch unsere künftigen Kunden von der Tarifgestaltung der Deutschen Telekom AG direkt betroffen sind.

Wie Sie vielleicht wissen, hat die RWE Telliance AG, die Telekommunikations- Holding des RWE-Konzerns, gemeinsam mit anderen privaten Telekommunikations- Anbietern über den VTM (Verband der Telekommunikationsnetz- und Mehrwertdiensteanbieter) Beschwerde bei der EU-Kommission gegen die Rabattierung von Großkunden- Gebühren eingelegt (in der Anlage erhalten Sie die entsprechende Pressemeldung zu diesem Thema).

Künftig – und auch dafür setzt sich die RWE Telliance ein – soll eine Regulierungsbehörde darauf achten, daß die deutsche Telekom ihre bisherige Monopolstellung nicht zu ihren eigenen Gunsten und zum Nachteil des Wettbewerbs (und damit der Kunden) ausnutzen kann. Das neue Telekommunikationsgesetz, das derzeit in der Disjussion ist und noch vor dem Sommer verabschiedet werden soll, soll dies sicherstellen.

Sie interessierten sich außerdem für unsere künftige Tarifgestaltung. Wie Sie ja wissen, dürfen wir als Konkurrent der Deutschen Telekom AG auf dem deutschen Markt nicht vor dem 1. Januar 1998 starten. Unsere Tarife werden zu diesem Zeitpunkt stark davon abhängen, welche Gebühren uns die Telekom für die anfangs noch benötigten Mietleitungen in Rechnung stellen wird. Genaueres können wir heute aus Wettbewerbsgründen noch nicht sagen. Zum heutigen Zeitpunkt können wir nur soviel sagen: Unsere Tarife werde preiswert und für den Kunden transparent sein.

Trotz gesetzlicher Vorgaben und Rahmen-Richtlinien sind Organisationen wie die Ihre als zusätzliches Regulativ im kommenden liberalisierten Telekommunkations- Markt notwendig. Für Ihre Arbeit wünschen wir Ihnen daher auch in Zukunft viel Kraft und Erfolg und würden uns freuen, wenn Sie uns auch weiterhin über Ihre Aktivitäten informieren würden.

Auch wir stehen Ihnen natürlich für weitere Anfragen jederzeit gern zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen

Volker Hoffmann
Vorstand der RWE Telliance


4.8.2005 (khd). Hm, was ist eigentlich aus dieser „RWE Telliance“ geworden – ‚blown in the wind‘?



D I E   U N V E R N U N F T   D E R   B A H N   P R O V O Z I E R T 
2 0 0 5   E R N E U T   E I N E N   B Ü R G E R P R O T E S T

Unterschriftenaktion für den Fernbahnhof Zoo

Ex-Pfarrerin will Mehdorn überzeugen

Aus:
Berliner Zeitung, 22. Juli 2005, Seite xx (Berlin). [Original]

BERLIN. Helga Frisch will sich ein zweites Telefon zulegen. Und das wird sie auch brauchen: Die frühere Pfarrerin der evangelischen Grunewaldkirche hat "eine kleine Volksabstimmung" ins Leben gerufen. Sie will damit erreichen, dass die Deutsche Bahn ihre Fernzüge auch künftig am Bahnhof Zoo halten lässt – und nicht nur am Hauptbahnhof – Lehrter Bahnhof.

In den kommenden Wochen lässt die 71-Jährige deshalb 10.000 Unterschriftenlisten drucken, die dann Bahnchef Hartmut Mehdorn übergeben werden sollen. "Das würde insgesamt 360.000 Unterschriften ergeben", rechnet Helga Frisch vor. Diese Menge, ist sie überzeugt, dürfte ausreichen, um Mehdorn zum Reden zu bewegen. Anklang findet ihr Anliegen bereits: Seit ihr Engagement öffentlich wurde, klingelt ständig das Telefon.

  Unterschriften-Liste:
Bürgerprotest gegen die
Schließung des Fernbahnhofs Zoo
  In PDF
Vor einer Woche hatte sich Frisch beim Bezirk Charlottenburg- Wilmersdorf gemeldet und angeboten, ihn in seinem Bestreben zu unterstützen, den Bahnhof Zoo als Fernbahnhof zu erhalten. Bezirksbürgermeisterin Monika Thiemen (SPD) kam das Angebot sehr recht. Hatte sie sich doch bereits am 8. Juli schriftlich an Mehdorn gewandt und um Einlenken gebeten. Sie hoffe, so Thiemen, dass "Vernunft über Prestigedenken siegen" werde.

Helga Frisch glaubt nicht, dass die Bahn durch Worte überzeugt werden kann. "Mehdorn lässt sich nicht durch Argumente beeindrucken, sondern nur durch Zahlen", sagt Frisch. Sie hoffe deshalb, dass sich ihrem Vorhaben möglichst viele Initiativen anschließen werden. Sie habe den Eindruck, der neue Hauptbahnhof werde ein Flop, wenn er nicht künstlich unterstützt wird – deshalb solle die Konkurrenz ausgeschaltet werden.

Frisch, der sich bereits zwei arbeitslose Sekretärinnen als Unterstützerinnen angeboten haben, hat erste Unterschriftenlisten bereits in den Geschäften rund um den Bahnhof Zoo ausgelegt. Zudem sind Aktionen im Bahnhof und eine Demonstration geplant. Auf Anfrage (Telefon 030 – 892 10 07) verschickt sie auch Unterschriftenlisten [Download einer Liste mit weiteren Infos zum Ausdrucken: Siehe Kasten].

Schon einmal hatte Helga Frisch mit einer Aktion Erfolg. Vor 30 Jahren brachte sie den geplanten Vier-Minuten-Takt der Bundespost beim Telefonieren zu Fall. Mit Hilfe von 600.000 Unterschriften. [mehr]



Post für Hartmut Mehdorn

Eine Ex-Pastorin hat schon mehr als 10.000 Unterschriften für den Bahnhof Zoo gesammelt / 100.000 sollen es werden

Aus:
Berliner Zeitung, 9. August 2005, Seite xx (Berlin). [Original]

BERLIN-GRUNEWALD. Freundlich, fast schon sanftmütig sieht sie aus, die Frau in dem eleganten, rot-schwarzen Kostüm. Doch die Bahnmanager, die vom kommenden Mai an keine Fernzüge mehr am Zoo halten lassen wollen, wissen schon, warum sie mit Helga Frisch nicht öffentlich diskutieren wollen. Denn die frühere Pastorin der evangelischen Grunewald-Gemeinde kann Kampagnen durchfechten – 1976 setzte sie bei der Bundespost durch, dass West-Berliner weiterhin für 23 Pfennig unbegrenzt lange telefonieren dürfen. Jetzt streitet sie dafür, dass der Bahnhof Zoo Fernzugstopp bleibt.

"Das werden wir schon hinbiegen", kündigt die 71-Jährige siegesgewiss an. Auch wenn Bahn-Chef Hartmut Mehdorn noch so tut, als fände er die Unterschriftensammlung uninteressant: "Wenn erst mal 100.000 Berliner für den Bahnhof Zoo unterzeichnet haben, dürfte es ihn interessieren. Er wird noch allerhand erleben", sagt Helga Frisch.

"Ich habe lange nicht erlebt, dass Berliner so sauer sind", berichtet die Theologin. Rund 10.000 Unterschriften liegen bereits bei ihr zu Hause, täglich treffen weitere ausgefüllte Listen an der Koenigsallee ein. Nicht nur aus Berlin: "Wenn jemand unterschreibt, der nicht hier wohnt, streiche ich mir das an." Inzwischen zieren viele bunte Striche das Papier. Exil-Berliner rufen an, um Mut zu machen: "Sie wollen in Berlin am Zoo ankommen, nicht in der Walachei" – womit sie den neuen Hauptbahnhof meinen. "Nur aus den östlichen Bezirken gibt es kaum Unterstützung. Vielleicht, weil die Ost-Berliner so lange nicht vom Zoo aus verreisen durften", sagt Helga Frisch. "Dieses Thema ist eine West-Berliner Angelegenheit."

Um die Protestmaschine auf Touren zu bringen, geht sie sogar an ihr Erspartes. Auf eigene Kosten ließ die Ex-Pastorin nicht nur ein Info- Telefon schalten, das die Nummer 892 10 07 hat. Sie engagierte auch Studenten, die Unterschriftenlisten verteilen: "Besser kann man sein Geld nicht anlegen." Da bleibt keine Zeit, den künftigen Hauptbahnhof zu besuchen: "Am Lehrter Bahnhof war ich noch nicht. Wozu auch?"

  Unterschriften-Liste:
Bürgerprotest gegen die
Schließung des Fernbahnhofs Zoo
  In PDF
Geben auch Sie Ihre Unterschrift!
Unterstützt wird Helga Frisch nicht nur von der CDU, der SPD und den Grünen im Bezirk. Privatleute setzen sich ebenfalls für den Bahnhof Zoo ein. So liegen auch vor der Galerie d'Oro an der Kantstraße 154 Listen aus. Neben dem Tisch hat Goldschmiedin Dorothea Balkow- Edafieta Plakate aufgehängt.

"Die Stadt ist unser Zuhause. Die Bahn ist Dienstleister", ist dort zu lesen. "Ich fühle mich überrumpelt", sagt die 44-Jährige. Ende 2004 habe sie einen langfristigen Mietvertrag für ihr Geschäft unterzeichnet, Touristen gehörten zur Kundschaft – "nun soll der Bär woanders steppen". Hauseigentümer müssten Wertverluste fürchten, der Nahverkehr sei auf den Bahnhof Zoo ausgerichtet: "Diesen Fernzughalt aufzugeben – das ist so, als würde man Berlin das Herz herausreißen."

[ Mehr zu dieser Bürgerinitiative ]



Von der Telefonpastorin zur Heiligen Johanna der Bahnsteige

Die pensionierte Berliner Pfarrerin Helga Frisch kämpft nicht zum ersten Mal gegen "staatliche Großkonzerne".

Aus:
Berliner Morgenpost, 1. März 2006, Seite xx (Berlin). [Original]

BERLIN-GRUNEWALD (BM). Helga Frisch ist eigentlich ein friedliebender Mensch. Die pensionierte Pfarrerin, die bis 1999 die evangelische Grunewald-Gemeinde leitete, reagiert nur auf eins ausgesprochen allergisch: "Wenn sich Großkonzerne, zumal staatliche, einfach über die Bürger hinwegsetzen."

Der aktuelle Kampf gegen die Deutsche Bahn AG ist nicht ihr erster gegen ein Großunternehmen. 1975 gründete sie die Bürgerinitiative "Aktion billiges Telefon". Damals wollte die Post einen Zeittakt für Ortsgespräche von vier Minuten einführen. Die Pastorin ließ daraufhin 100.000 Flugblätter drucken, verteilte sie in allen Gemeinden. Sie sammelte bundesweit 600.000 Unterschriften, in Berlin noch einmal 300.000. "Und weil gerade Wahlkampf war, pfiff der damalige Bundeskanzler Helmut Schmidt seinen Postminister ganz schnell zurück", erinnert sie sich. Das Ergebnis: Berlin blieb weitere 20 Jahre ohne Ortsgespräch-Zeittakt, bundesweit wurde er dagegen auf acht Minuten in der Zeit bis 18 Uhr festgelegt.

Inzwischen ist aus der "Telefonpastorin" – wie die Zeitungen sie damals nannten – die "Heilige Johanna der Bahnsteige" geworden. "Der Servicegedanke ist der Bahn ja mittlerweile völlig verlorengegangen", kritisiert sie. Und ist sich sicher: "Die 103.000 Unterschriften, die wir bis jetzt gesammelt haben, sind erst der Anfang." Ab Mai, so ihre Prognose, werde die Unterschriftenflut "anschwellen wie verrückt."

Die Powerfrau hat nach ihrer Pensionierung noch die staatliche Prüfung für Psychotherapie abgelegt und eine Praxis eröffnet. Damit bringt sie es auf insgesamt 6 Studienabschlüsse. Nebenbei ist sie auch als Autorin tätig geworden, hat im Laufe der Jahre 7 Bücher veröffentlicht.

Gegen den Streß, mit knapp 72 Jahren (am 2. März feiert sie Geburtstag) neben einer Praxis und einem neuen Buchprojekt (Titel: "Hebt die Altersgrenze auf") auch noch eine Bürgerinitiative zu leiten, hat Helga Frisch probate Mittel gefunden: "Ich schwimme jeden Tag 600 Meter, gehe zweimal die Woche zur Physio-, und zweimal zur Atemtherapie."






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