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Telekommunikation in den Medien – Teil 14 khd
Stand:  13.1.2000   (41. Ed.)  –  File: Aus_Medien/14.html




Hier werden einige ausgewählte und besonders interessante Zeitungsartikel und andere Texte zur Telekommunikation im Original dokumentiert und manche auch kommentiert [Ed: ...]. Tippfehler gehen zu meinen Lasten. Presseberichte zu den Pannen der Telekom sind ab der Seite "Neue Telekom- Ungereimtheiten" gesondert dokumentiert und kommentiert. Hier sind dokumentiert:

  • Neuere Presseberichte  (15. Teil).
  • 20.12.1997: EU überprüft zu teure Telefongespräche.
  • 20.12.1997: Bei Rasterfahndung werden alle Telefonkunden überprüft.
  • 17.12.1997: EU-Kommission fordert Trennung von Telekom- und Kabel-Aktivitäten.
  • 15.12.1997: Web in den USA bald Massenmedium.
  • 14.12.1997: Otelo: Preiskampf gegen die Telekom.
  • 13.12.1997: USA: Jeder vierte Erwachsene surft regelmäßig im Internet.
  • 11.12.1997: Deutschland: Durchs Netz gefallen. (Interview mit Prof. Zorn)
  • 10.12.1997: Telekom kündigt neue Tarife an.
  • 07.12.1997: Das Internet revolutioniert den Umgang mit dem Wissen.
  • 06.12.1997: Private Kabeleigner bewirkten EU-Aktion.
  • 01.12.1997: Kunden sollen bei jedem Anruf die Wahl der Telefongesellschaft haben.
  • 01.12.1997: Kampf um Kopf und Herz der Telekom-Kunden.
  • 30.11.1997: Rexrodt: Telekommunikation wird billiger.
  • 29.11.1997: EU-Kommission warnt BerTelKirch wegen Pay-TV.
  • 25.11.1997: Deutsche Telekom gliedert Kabelnetz aus.
  • 24.11.1997: Wettbewerb der Telekommunikations-Anbieter in Berlin.
  • 23.11.1997: Telekom senkt 1998 und 1999 Telefongebühren.
  • Ältere Presseberichte  (13. Teil).



    Telekom senkt 1998 und 1999 Telefongebühren

    Aus:
    Yahoo-News, 23. November 1997, 17.35 Uhr (Wirtschaft).

    BONN. Die Deutsche Telekom wird ihre Preise für Telefongespräche 1998 und 1999 senken. Ein Telekom-Sprecher sagte am Samstag auf Anfrage, das Unternehmen müsse die Preise für Festnetztelefonate in den kommenden beiden Jahren jeweils herabsetzen – und zwar um durchschnittlich mindestens sechs Prozent abzüglich der Inflationsrate. Die sechs führenden deutschen Wirtschaftsforschungs- institute prognostizierten in ihrem Herbstgutachten für 1996 eine durchschnittliche Preissteigerung von 1,7 Prozent.



    Wettbewerb der Telekommunikations- Anbieter in Berlin

    Auch künftig kein Anschluß unter dieser Nummer / Im Berliner Ortsnetz bleibt Privatkunden einstweilen nur die Telekom / Wettbewerb läuft an der Hauptstadt vorbei

    Aus: Berliner Zeitung, 24. November 1997, Seite ?? (Wirtschaft).

    BERLIN – 23. November. Rund um den Kölner Dom tut sich etwas. In der Kölner Innenstadt wird gegraben und werden Kabel verlegt."Wir bauen unser Netz fortwährend weiter aus", sagt Brigitte Schulte, Sprecherin des Kölner Teilnehmernetzbetreibers NetCologne: "Wir wollen der Telekom auf Ortsnetzebene Konkurrenz machen."Während sich die privaten Anbieter andernorts vorwiegend um die Geschäftskunden balgen werden, peilt NetCologne bewußt die privaten Endkunden an."Bis zum Jahr 2004 wollen wir im Kölner Raum einen Marktanteil von 20 Prozent erreichen", lautet die vorsichtige Schätzung der Kölner Firma. Damit würden langfristig etwa 100.000 der halben Million Kölner Haushalte der Telekom den Rücken kehren und auch ihren Haupt- oder Direktanschluß (Fachbegriff: Dedicated Access) bei NetCologne schalten lassen. Anfangs, so ahnt Schulte zwar, werde sich auf Ortsnetzebene nicht viel verdienen lassen. Doch die Eigentümer (Energieversorger, Stadt- und Kreissparkassen) denken unternehmerisch und setzen auf die Vorteile des Wettbewerbs. Ähnliches geschieht auch in Düsseldorf.

    In Berlin hofft man auf solche Initiativen vergebens. Schlimmer noch: Auf der Ortsnetzebene, also beim Einzelanschluß der privaten Endkunden, sind Wettbewerb, fallende Preise und verbesserter Service nicht in Sicht. "Der Senat hat bei der Schaffung tragfähiger Strukturen für den Wettbewerb auch im Ortsnetzbereich alle Chancen vertan", kritisiert Ulrich Manske, Telekommunikationsexperte der Berliner CDU. Mehr als dreieinhalb Jahre dokterte das Land bei der Vermarktung der überschüssigen Ressourcen des landeseigenen Telekommunikationsnetzes herum. Der von Pleiten, Pech und Pannen gekennzeichnete Vergabevorgang endete in der Gründung der BerliKomm, einer Tochter der Berliner Wasser-Betriebe, die kürzlich den Zuschlag erhielt. Von einem "leistungsfähigen City-Carrier", wie die Berliner Landespolitiker ihn wünschen, ist die Neugründung noch meilenweit entfernt. Bislang bestehe die Firma nur aus einem Telefonanschluß und einem Geschäftsführer, spotten Beobachter. Das soll sich nun ändern: Demnächst eröffnet die Firma in einer Seitenstraße des Kudamms eine Repräsentanz. Auch sollen jetzt Mitarbeiter eingestellt werden. Man wolle sich aber auf Dienstleistungen für Geschäftskunden beschränken, verlautet von den Wasser-Betrieben.

    Auch der Berliner Energieversorger Bewag hält sich zurück: Zwar verfügt die Bewag über eigene Telekom-Leitungen und auch Glasfasertrassen. Aber konkrete Pläne hegt die Bewag bislang noch nicht: "Es ist für uns ein interessantes Feld", sagt Bewag-Sprecher Reinhard Heitzmann nur. Auch über Kooperationen verhandle man. Das Risiko ist der Bewag zu hoch. Hinter den Kulissen macht sich aber Ernüchterung breit. Strukturelle und wettbewerbspolitische Überlegungen führen der Bewag nach eigenem Bekunden zu weit. Der Strommonopolist ist satt und will den Kampf um die Privatkunden zunächst aus der Zuschauerrolle betrachten. Das Risiko sei sehr hoch. Da interessiere die Bewag weniger die Frage, ob die Berliner Privathaushalte Konkurrenz zur Telekom erhielten, ist zu hören. Wettbewerb, Unternehmergeist, Berlin – die "Chancenstadt"? Fehlanzeige.



    Deutsche Telekom gliedert Kabelnetz aus

    Aus: ARD/ZDF-Teletext, 25. November 1997, 13.11 Uhr, Tafel 141, Rubrik Wirtschaft.

    BONN. Die Deutsche Telekom AG will ihr Kabelfernsehnetz in eine eigene Gesellschaft ausgliedern. Die neue Konzerntochter solle 1998 gegündet werden, sagte heute ein Konzernsprecher [Ed: womit der Bericht des "Manager- Magazins" vom Freitag bestätigt ist]. Nach der Kabel-Digitalisierung, der Einigung mit den Konzernen Bertelsmann und Kirch und der Kabelpreiserhöhung sei das ein wichtiger Schritt, um das Kabelfernsehgeschäft zu sanieren [Ed: mit zusätzlichem Angebot von HighSpeed- Internet?]. Zudem wollen die Deutsche Telekom, die France Télécom und der italienische Stromkonzern Enel einen Vertrag zur Gründung eines Gemeinschaftsunternehmens unterzeichnen.

    25.11.1997 (t-off). In anderen Agenturmeldungen war heute noch zu lesen: Möglicherweise werde die Telekom strategische Partner an der neuen Kabelfernsehgesellschaft beteiligen. Die Telekom habe ihre Pläne heute der EU-Kommission in Brüssel vorgelegt, was das Unternehmen in einer Pflichtveröffentlichung in Bonn mitteilte. Darin hieß es auch, daß eine schrittweise Regionalisierung der Kabel- Aktivitäten denkbar sei. Die EU-Kommission untersucht derzeit, ob es wettbewerbsrechtlich zulässig ist, daß die Telekom sowohl eine Telefon- als auch ein TV-Kabelnetz besitzt. Ende 1996 waren laut Geschäftsbericht rund 16,7 von 24,9 Mill. anschlußfähigen Haushalten am TV-Kabelnetz angeschlossen, davon 5,5 Mill. bei der Deutschen Telekom.



    EU-Kommission warnt BerTelKirch wegen Pay-TV

    Aus:
    Yahoo-News, 29. November 1997, 14.52 + 17.21 Uhr (Wirtschaft).

    BRÜSSEL/LUXEMBURG. Die EU-Kommission hat den deutschen Medienunternehmer Leo Kirch (München) und seinen Partner, den Medienkonzern Bertelsmann (Gütersloh), gewarnt, vor einer Entscheidung der Behörde in Brüssel weiter gemeinsam digital verbreitete Film- und Sportkanäle anzubieten. In Kommissionskreisen wurden am Samstag entsprechende Berichte der "Süddeutschen Zeitung", des Nachrichtenmagazins "Der Spiegel" sowie des deutschen Fernsehens bestätigt. Allerdings wurde darauf verwiesen, daß in den entsprechenden Schreiben, die am Freitag versandt wurden, nur auf die Rechtslage verwiesen worden sei. Damit sei keine Entscheidung der Kommission vorweggenommen worden, hieß es. (...)

    Beide Unternehmen sind bemüht, das sogenannte Pay-TV in Deutschland in großem Stil aufzuziehen. Sie liefern beim Bezahl- Sender "Premiere" den Zuschauern mit einem gemeinsamen Empfangsgerät, der sogenannten d-Box, jetzt schon Sendungen, obwohl die von Kirch und Bertelsmann vereinbarte Allianz für das Digital-TV von der EU- Kommission noch nicht genehmigt wurde. Die Bertelsmann-Tochter CLT/Ufa und die Kirch- Gruppe reagierten in einer gemeinsamen Stellungnahme am Samstag mit Unverständnis auf den Brief der EU-Kommission. Die Entscheidung der EU, die Unternehmen aufzufordern, den Verkauf der d-Box bei "Premiere" sofort einzustellen, sei nicht einsichtig. Die Befürchtungen der Kommission, daß der Einsatz der d-Box einen vorzeitigen Vollzug der gerade vorgelegten Einigungsverträge zur Erschließung der digitalen Fernsehwelt in Deutschland darstelle, sei nicht nachvollziehbar. Deutschland dürfe bei der Einführung des Pay-TV nicht benachteiligt werden. Das Verlangen der EU bedeute, daß "Premiere" der einzige Pay-TV-Sender Europas sei, dem die Nutzung eines Decoders verboten werde, argumentierten die Unternehmen. (...)

    Die jetzt abgeschickten Briefe seien als "Verdeutlichung" zu verstehen, was die Kommission am derzeitigen Verhalten der Unternehmen zu bemängeln habe, hieß es bei der Kommission. Dies wiederum eröffne nun den Firmen die Möglichkeit, sich zu äußern und gemeinsam mit der Wettbewerbsbehörde zu einer Regelung zu kommen. Keinesfalls handele es sich jedoch um "eine Kriegserklärung" seitens der Kommission, wurde in Brüssel unterstrichen. (...)



    Rexrodt: Telekommunikation wird billiger

    Aus: ARD/ZDF-Teletext, 30. November 1997, 17.58 Uhr, Tafel 141, Rubrik Wirtschaft.

    MÜNCHEN. Bundeswirtschaftsminister Rexrodt erwartet von der Öffnung des Telekommunkationsmarktes im nächsten Jahr Preissenkungen für den Verbraucher in zweistelliger Prozenthöhe [Ed: die Preiserhöhung von 1996 im Ortsbereich war aber dreistellig!]. Wann diese Effekte aber eintreten würden, könne er heute nicht abschätzen, so Rexrodt im FOCUS.



    Kampf um Kopf und Herz der Telekom-Kunden

    Ron Sommer will noch vor Marktöffnung das Image-Problem der Deutschen Telekom vom Tisch haben

    Aus: Der Tagesspiegel, Berlin, 1. Dezember 1997, Seite 18 (Wirtschaft). Eine Übersetzung aus: "
    The Wall Street Journal" mit 2 Abbildungen.

    Schlechte Presse und rebellische Kunden: Die Deutsche Telekom leidet unter einem Image-Problem, das einfach nicht verschwinden will. Dazu kommt, daß dem Telefongiganten nicht mehr viel Zeit bleibt, um für die Sünden der Vergangenheit Abbitte zu leisten. Aggressive Konkurrenten stehen bereits Schlange, um der Telekom nach der Marktliberalisierung am 1. Januar einen guten Teil ihres 25-Milliarden- Monopols wegzuschnappen.

    Nach einer Umfrage des Marktforschungsinstituts Yankee Group Europe glauben nur 15 Prozent der Deutschen, daß die Telekom die Loyalität der Kunden verdient. Zum Vergleich: 58 Prozent der Franzosen und 40 Prozent der Briten erklärten, sie hielten jeweils France- oder British Telecom die Stange. Telekom-Chef Ron Sommer und seine Vorstände schalten in ihrer Charme-Offensive einen Gang höher, um aus den Negativ- Schlagzeilen zu kommen. Ihr Versuch, die Herzen und Köpfe der Telefon- Kundschaft wiederzugewinnen, erschöpft sich allerdings oft in gespielter Empörung und Oberlehrerhaftigkeit in Wirtschaftsfragen.

    "Ich weiß überhaupt nicht, welchen Sinn die ganze Einprügelei auf die Telekom haben soll", sagte Sommer kürzlich vor Journalisten, die bei einem Mittagessen zu einer etwas positiveren Berichterstattung ermutigt werden sollten. "Wenn die Telekom leidet, wird sofort wieder Angst vor Stellenabbau hochkommen. Die Medien ignorieren immer leicht die langfristigen Auswirkungen auf die Volkswirtschaft."

    Ein Gutteil des negativen Images stammt aus der 50jährigen Monopol-Zeit, in der die Deutsche Telekom in ihren zahlreichen bürokratischen Auswüchsen nicht gerade ein Vorbild in Sachen Kundenorientierung und technischer Innovation war. Zu Beginn letzten Jahres, mitten in einer Modernisierungskampagne anläßlich der ersten Teilprivatisierung, mußte die Telekom zugeben, daß sie aus Versehen drei Millionen Kunden zu hohe Telefongebühren berechnet hatte. Die Panne passierte genau zu der Zeit, als das Unternehmen den umstrittenen Schritt unternahm, Ferngespräche billiger und Ortsgespräche [Ed: von 2,30 auf 4,80 DM pro Stunde] teurer zu machen.

    Die deutschen Medien explodierten: "Haß-Wort der Woche: Telekom", schrieb die Süddeutsche Zeitung. Telefon- Häuschen wurden in Brand gesteckt oder zerstört, die Fensterscheiben von Telekom-Filialen eingeschlagen, Ron Sommer und andere Mitarbeiter erhielten Bombendrohungen. Ein Telekom-Mitarbeiter wachte eines Morgens auf und sah, daß sein Gartenhaus lichterloh in Flammen stand. "Es war eine nationale Hysterie", sagt Jürgen Kindervater, Kommunikationsdirektor der Telekom und Organisator von Ron Sommers Medien-Offensive. Seiner Ansicht nach sollten die Medien den Konzern als größten lokalen Anbieter im bevorstehenden Wettbewerb mehr unterstützen.

    Kindervater nutzt in seiner Kampagne zunehmend den Hinweis auf nationale Interessen [Ed: aber sein Chef redete in New York am 6. November anders!]. Vor allem, nachdem im September der Regulierungsrat [Korrektur: Es war der Regulierer, zur Zeit also das Bundespostministerium] festgelegt hatte, daß die Telekom von ihren Konkurrenten sehr viel geringere Durchleitungsgebühren verlangen darf, als sie selbst für angemessen gehalten hatte. Die Bötsch- Entscheidung wurde von den Konkurrenten weithin begrüßt. Analysten gingen jedoch davon aus, daß die Deutsche Telekom unter dem Wettbewerb leiden wird: Der Aktienkurs sackte zwischenzeitlich deutlich von seinem ursprünglichen Ausgabepreis von 33,20 DM [Korrektur: Dieses ist der Kassa-Kurs vom 18.11.1996, dem ersten Börsentag. Der Ausgabepreis war 28,50 DM] unter 30 DM, bevor erst kürzlich wieder eine Kurserholung einsetzte.

    Seitdem beklagen Sommer und Kindervater lauthals unfaires Verhalten gegenüber der Telekom: "Wenn ein Regulierer sagt, daß er gegen die Deutsche Telekom kämpft, dann bekämpft er Deutschlands Zukunft", sagte Sommer kürzlich in einem Interview mit der "Welt". Oder umgekehrt: "Was gut ist für die Telekom, ist auch gut für Deutschland." [Ed: also "fehlende Internet- Telefontarife" und die Folgen].

    Starke Konkurrenz schickt sich allerdings an, das Gegenteil zu beweisen. Die meisten Herausforderer im Kampf um den größten europäischen Telefonmarkt haben bereits eine tragfähige Infrastruktur geschaffen. Die US-Konzerne AT&T und Airtouch Communications haben zusammen mit der Mannesmann AG ein Konsortium gebildet, in dem auch Unisource Mitglied ist: Ein Zusammenschluß von niederländischen und schwedischen Telekom-Anbietern. Ebenfalls dürften British Telecom und der norwegische Partner Telenor eine Gefahr darstellen, die zusammen mit dem süddeutschen Viag-Konzern die Telekom herausfordern wollen.

    Das Schwenken der nationalen Flagge durch die Telekom wird von Analysten kritisch gesehen: Umso mehr, als daß sich ausländische Anbieter als genauso innovativ erwiesen haben, wie deutsche Firmen – und darüberhinaus sogar mehr Arbeitsplätze als diese geschaffen haben. Deutsche Telekom hat schneller Stellen abgebaut als jedes andere deutsche Unternehmen und hat erklärt, daß in den nächsten Jahren im Saldo keine neuen Arbeitsplätze geschaffen werden. Wie die Telekom im Juni mitteilte, stehen im Vergleich zu 1994 rund 34.000 Mitarbeiter weniger auf den Gehaltslisten. Geplant ist der weitere Abbau von 23.000 Stellen bis zum Jahr 2000.

    "Sommer versucht mit Logik zu argumentieren, die einfach nicht existiert", sagt Klaus Repges von der Trinkhaus Capital Management in Düsseldorf. Tatsächlich, so der Sprecher von AT&T Deutschland, Lutz Leinert, ist das Gegenteil des Telekom-Arguments wahr: "Was gut ist für den Wettbewerb, ist gut für Deutschland." Nur Wettbewerb werde zu niedrigeren Preisen führen, die Nachfrage nach besserem und ausgefeilteren Service erhöhen und damit neue Arbeitsplätze schaffen. Die Image-Offensive der Deutschen Telekom – die eine massive Anzeigenkampagne beinhaltet – nimmt andere Formen an und Kindervater kann größere Erfolge verbuchen. So etwa die Entscheidung, Deutschlands Rennrad-Elite mit rund zehn Mill. DM zu unterstützen. Welches große Los Kindervater damit gezogen hatte, zeigte sich, als Jan Ullrich als erster Deutscher die prestigeträchtige Tour de France gewann.

    Doch jenseits des Gefechtslärms an der Marketingfront gibt es Hinweise darauf, daß die Deutschen immer noch darauf warten, überzeugt zu werden: "Klar, die Telekom wurde privatisiert, aber das hat nicht viel geändert", sagt Boris Zlender, 38, ein Teppich-Händler aus Düsseldorf. "Man wird nur dann sehen, wer besser ist, wenn die anderen Anbieter da sind." Keith Mallinson von der Yankee Group, demselben Marktforschungsunternehmen, dessen Erkenntnisse Kindervater so alarmiert hatten, gibt zu, daß die Telekom-Kampagne positive Auswirkungen auf das öffentliche Erscheinungsbild der Firma hatte. Es sei eine einigermaßen mutige Taktik, an den Patriotismus zu appellieren [Ed: und im Ausland was anderes zu erzählen]: "Dieselbe Art von Patriotismus würden sie in England nicht finden."



    Kunden sollen bei jedem Anruf die Wahl der Telefongesellschaft haben

    Aus:
    Yahoo-News, 1. Dezember 1997, 17.08 Uhr (Wirtschaft).

    BRÜSSEL. Die Verbraucher in der Europäischen Union müssen vom 1. Januar 2000 an das Recht haben, beim Wechsel der Telefon- Gesellschaft ihre alte Rufnummer zu behalten. Darauf verständigten sich die Postminister der EU am Montag in Brüssel nach Angaben der deutschen Delegation. Die Kunden sollen vom selben Zeitpunkt an zudem das Recht haben, zwischen den Netzen der Anbieter wählen zu können. So könnten die Kunden eines Anbieters zeitlich befristete Verträge mit anderen Unternehmen eingehen. Der vorherige Anbieter muß für diese Zeit den Netzwechsel ermöglichen.

    Vorgesehen ist auch, daß die Verbraucher dann bei jedem Anruf die Wahl des Telekom-Unternehmen haben sollen. Postminister Wolfgang Bötsch setzte durch, daß die Regelung übertragbarer Telefon-Nummern für alle Anbieter gelten muß, wie es schon von 1998 an in Deutschland vorgeschrieben ist. Die EU-Kommission wollte zunächst nur die ehemaligen Staats- Unternehmen auf die Regelung übertragbarer Telefonnummern verpflichten. Sie fürchtete, daß neue private Anbieter möglicherweise technische Probleme bekommen könnten. Von Anfang 1998 an gilt auf dem Telekommunikations-Markt der EU ein umfassender Wettbewerb.



    Private Kabeleigner bewirkten EU-Aktion

    Aus: TAZ, 6. Dezember 1997, Seite 16 (Flimmern & Rauschen).

    FRANKFURT/MAIN (epd). Die jüngste Maßnahme der EU-Kommission gegen die Umsetzung der Digitalpläne von Bertelsmann und Kirch vor ihrer Genehmigung geht auf eine Beschwerde der privaten Kabeleigner in Deutschland zurück. Deren Verband Anga hatte die EU aufgefordert, die Dekodervermarktung [d-Box] zu untersagen und die Telekom aufzufordern, die Digitalprogramme von Bertelsmann und Kirch aus dem Kabel zu nehmen – ersteres hatte EU-Kommissar van Miert in die Tat umgesetzt. In ihrem Eilantrag hatte die Anga argumentiert, "daß eine Beteiligung der beiden marktbeherrschenden Programmanbieter am Betrieb der technischen Plattform für Digital-TV wettbewerbswidrig" sei.



    Überleben in der Sintflut der Informationen

    Das Internet revolutioniert den Umgang mit Wissen / Symposium zum Holtzbrinck-Preis

    Aus: Der Tagesspiegel, Berlin, 7. Dezember 1997, Seite 29 (Bildung & Wissenschaft) von HARTMUT WEWETZER mit Fotos von WOLFGANG COY ("Das Wissen verändert das Lernen") und EIKE JESSEN ("Das Netz vereint Menschen und Wissen").

    Das Internet ist ein Geschöpf der Wissenschaft. Geboren wurde es vor 15 Jahren, und sein ganz ernsthafter Zweck bestand darin, den Wissensaustausch der Forscher zu erleichtern. Aber je älter das Kind namens Internet wurde, umso verspielter und närrischer, ja sogar verruchter ist es geworden. Das Netz ist seinen Vätern entglitten. Schon fordern die einen Zensur und politische Kontrolle, die anderen aber ein zweites Internet, das ganz seriös nur Wissenschaft und Information dienen soll, auf keinen Fall aber Kommerz und Spiel erlauben darf (gute Wissenschaftler scherzen nie). Spaß am Spiel, politische Regulierungsgelüste und die Inflation des Wissens: Drei aktuelle Stichworte zur Situation im Internet, die auf dem Symposium "Wissenschaft und Internet" am Freitag in Berlin diskutiert wurden. Anlaß des Symposiums war die Verleihung des Georg-von-Holtzbrinck-Preises für Wissenschafts- Journalismus an die Biologin Vivien Marx.

    Die elektronischen Informationsnetze integrieren Personen und Wissen. Das war die zentrale These Eike Jessens (Technische Universität München), der einen optimistischen Überblick über den Stand der Dinge im Internet gab. Jessen ist Vorstandsvorsitzender des Deutschen Forschungsnetzes [DFN], einer Gemeinschaftseinrichtung der deutschen Wissenschaft mit Sitz in Berlin. Das Forschungsnetz verbindet die Wissenschaftseinrichtungen; es ist das größte nicht- öffentliche Hochgeschwindigkeits- Netz der Erde. Jessen feierte Computer und Datennetze als "wichtigsten methodischen Gewinn der Wissenschaft im Umgang mit Wissen in diesem Jahrhundert".

    Aber nicht nur die materiellen Bausteine der Informationsgesellschaft, Mikrochip und Glasfaserkabel, verdanken wir den Wissenschaftlern. Auch das World-Wide-Web ist ihre Erfindung. Einst zur Vernetzung des Wissens am europäischen Kernforschungszentrum Cern in Genf erdacht, ist es heute die Oberfläche des Internets, seine virtuelle Plattform. Wer sage, er surfe im Internet, meine eigentlich das World-Wide-Web, sagte Jessen.

    Der Trend zur Leistungssteigerung, Verkleinerung und Verbilligung werde auch im nächsten Jahrzehnt ungebrochen anhalten, und zwar jedes Jahr um etwa das Anderthalbfache. Das Netz habe die Wissenschaftler dazu verführt. Arbeitsmaterialien und Ergebnisse ihren Kollegen elektronisch zugänglich zu machen, ohne daß der "Reifegrad einer üblichen Publikation" schon erreicht sei. So werde der Wissensumsatz beschleunigt, traditionelle Informationsmedien der Wissenschaft wie Zeitschriften seien dagegen zu langsam. Alte Ordnungsvorstellungen würden überrollt, traditionelle Denkschulen öffneten sich und wissenschaftliche Hierarchien seien durch das Internet weniger bedeutsam geworden.

    Wolfgang Coy vom Institut für Informatik der Humboldt-Universität grundierte Jessens zukunftsfroh-technokratisches Bild mit einer kurzgefaßten Geschichte der neuzeitlichen Evolution des Wissens. Stets war die Zensur unliebsamer Begleiter des Wissens, wie Coy am Beispiel des Buchdrucks zeigte: Ein Werner Rolevinck pries 1488 die Möglichkeit, mit Büchern Wissen zu mehren, und versprach sich Bereicherung und Erleuchtung. Zur gleichen Zeit fragte sich der Mainzer Bischof Berthold von Henneberg, wer Laien, Ungelehrte und Frauen dabei helfen könnte, den "wahren Sinn" aus den Büchern der "heiligen Wissenschaft" herauszufinden. Universitäre Experten, folgerte man im Mainz des Jahres 1485, sollen Bücher durchsehen und zum Druck freigeben.

    In der Folge emanzipierte sich die Wissenschaft von kirchlicher Bevormundung, wird vom Ausführenden zum Gegenspieler. Dafür stehen Namen wie Galileo Galilei und René Descartes und schließlich die europäische Bewegung der Aufklärung. Dem Triumph des Wissens über den Glauben folgt seine Industrialisierung und technische Verwertung. Als vorläufiger Höhepunkt dieses Prozesses bezeichnete Coy die "offenen globalen Rechnernetze".

    Überall und gleichzeitig, in jeglicher Form, Art und Güte wird Wissen angeboten. Es ist zur Ware geworden. Und es scheint, als hätten die Nachfolger des Zensors Berthold von Henneberg in politischen, militärischen und wissenschaftlichen Zirkeln das Rennen verloren. In der anschließenden Podiumsdiskussion jedenfalls waren sich die Fachleute darin einig, daß der Staat seine Finger vom Internet lassen soll: "Halten Sie sich soweit wie möglich raus", riet Stefan Ziffzer, Experte für neue Medien der Holtzbrinck- Verlagsgruppe, einem Abgesandten der brandenburgischen Regierung, der um "Wünsche an die Politik" gebeten hatte. "Das Internet ist ein globales Dorf, und Brandenburg sollte keine Insel der Regularien werden."

    Die Revolution des Wissens hat Folgen für seinen Erwerb. Coy propagierte den Abschied von Humboldtschen Bildungsidealen wie dem von "Einsamkeit und Freiheit" der Wissenschaft – angesichts der Tatsache, daß 40 Prozent der Jugendlichen eine akademische Ausbildung anstreben, ohnehin nur eine Illusion. "Es ist absurd, leistungswilligen und arbeitswilligen Jugendlichen eine Lebensplanung mit einer Ausbildung zum Hochschulnachwuchs aufzuzwingen", kritisierte Coy. Verantwortung für das eigene Leben zu lernen habe "keine betreute Veranstaltung mit Brief und Siegel bis zum dreißigsten Lebensjahr" mehr zu sein. Schule und Hochschule sollten "das Lernen lehren", die Spezialisierung solle außerhalb von Schule und Hochschule erfolgen. Wegfall des 13. Schuljahrs und ein "minimales" Grundstudium mit Standardabschluß des Bakkalaureats könnten laut Coy zwei Konsequenzen sein. An die Stelle eines einmaligen "Lernens auf Vorrat" trete lebenslanges Lernen. Coys Appell an die praktische Vernunft der Bildungsplaner traf hoffentlich auf offene Ohren [Ed: eine Voraussetzung dafür ist aber, daß bereits in der (Grund-)Schule der richtige Umgang mit dem Computer und dem Internet vermittelt wird. Denn es kommt bereits auf die Ausbildung der Kinder an, so daß diese später jederzeit in der Lage sind, neu benötigtes Wissen auch aus dem Internet zu holen]. [mehr zum Internet]



    Telekom kündigt neue Tarife an

    Aus:
    Yahoo-News, 10. Dezember 1997, 12.07 + 16.13 Uhr (Wirtschaft).

    NEUBRANDENBURG. Die Deutsche Telekom AG will noch vor Weihnachten ihre neuen Telefontarife bekanntgeben. Telekom- Vorstandsmitglied Gerd Tenzer sagte anläßlich der Fertigstellung des ostdeutschen Telekom- Netzes am Mittwoch in Neubrandenburg, ab Januar 1998 sollten die Tarife für alle Kunden gesenkt werden. Die Preise von künftigen Mitbewerbern seien meist nur für Vieltelefonierer und Geschäftskunden preiswerter als bisher. Tenzer wollte noch keine konkreten Angaben über Preissenkungen ab dem 1.1.1998 machen. Die Tarife müßten noch mit der Regulierungsbehörde abgestimmt werden [Ed: was nach dem TKG nur die Telekom muß]. Die neuen Tarife sollen am 15. Dezember vorgestellt werden.

    Die Deutsche Telekom AG will außerdem zwischen Weihnachten und Neujahr die Tarife für Telefongespräche in die USA und nach Frankreich senken. Telekom- Vorstandschef Ron Sommer sagte am Mittwoch in Neubrandenburg, er habe Bundespostminister Wolfgang Bötsch (CSU) den Vorschlag gemacht, die Preise in dieser Zeit zu halbieren. Die Tarife der Deutschen Telekom müssen vom Staat genehmigt werden. Für die Zeit nach der Liberalisierung des Telekommunikationsmarktes am 1. Januar 1998 kündigte Sommer weitere Preissenkungen an, ohne bereits genauere Angaben zu machen.



    Durchs Netz gefallen

    "Die wichtigste deutsche Erfindung im Internet ist die Strafverfolgung der Provider" / Interview mit Informatik- Professor Werner Zorn, Karlsruhe

    Aus: Süddeutsche Zeitung, 11. Dezember 1997, Seite ??. Das Interview führte KIA VAHLAND.

    In Deutschland wurden die Druckerpresse und das Fax erfunden. Während Guttenberg an seine Erfindung glaubte, verkaufte die Firma Siemens die Rechte am Fax nach Japan, von wo aus es die Welt eroberte. Ähnlich unterschätzt wurde [Ed: und wird noch immer] in Deutschland das Medium Internet. Warum die Deutschen erst jetzt online gehen, erklärt der Internet-Experte und Ingenieur Werner Zorn von der Universität Karlsruhe.

    SZ: Unter den Internetnutzern stehen die Deutschen gemessen an ihrer Bevölkerungszahl weltweit auf Platz 14, europaweit auf Platz zehn. Was hält die Deutschen eigentlich vom Internet ab?

    Zorn: Die Meinung des Bürgers auf der Straße ist, das Internet bestehe aus Neonazis, Kinderpornographie, Werbung und anderem Schrott. Hinzu kommt eine gewisse deutsche Technikskepsis. Privat sind unter zwei Prozent der deutschen Bevölkerung an das Internet angeschlossen. Das sind 1,6 Millionen Nutzer. Wir hinken damit hinter vielen anderen Ländern her und sind über den kritischen Punkt noch lange nicht hinaus.

    SZ: Sie sagen, daß sich in Deutschland zeitlich nur Kleinkinder und finanziell nur Yuppies und das höhere Management einen Internetanschluß leisten können.

    Zorn: Ja, das sage ich. Nur sehr wenige Leute nutzen das Internet für alltägliche Dinge wie das Buchen von Flugreisen. Auch das Topmanagement nähert sich erst jetzt aktiv dem Netz. Die deutschen Manager sollten ins Internet reingucken, anstatt nur auf ihre Selbstdarstellung zu achten.

    SZ: Wie stark ist denn die deutsche Industrie im Netz vertreten?

    Zorn: Die Top 500 sind alle vertreten. Aber von den insgesamt drei Millionen Gewerbetreibenden in Deutschland haben nur 2,5 Prozent eigene Domänen, rund 75.000 Betriebe also. Deren Websites sind überwiegend noch passiv, dienen also hauptsächlich der Imagepflege.

    SZ: Sind die Kunden in Deutschland überhaupt schon angeschlossen?

    Zorn: Da muß noch viel geschehen. Der überwiegende Teil der Online- Benutzer beschränkt sich zur Zeit auf Homebanking [Ed: und E-Mail]. Das sind circa 1,6 Millionen Menschen, die gegen Gebühren auch ins offene Internet gehen könnten, aber vielfach nicht wissen, was sie dort sollen.

    SZ: Welche Bevölkerungsgruppen fehlen denn im Internet?

    Zorn: Frauen sind schwach vertreten: In Deutschland surfen nur 160.000 Frauen, das sind zehn Prozent aller privaten Nutzer. Im europäischen Durchschnitt sind es 20 Prozent, in den USA sogar 30 Prozent. Da die Frauen die Einkaufsentscheidungen fällen, fehlt mit ihnen die Gruppe für "electronic commerce".

    SZ: Welche Auswirkungen haben die hohen Telephongebühren in Deutschland auf die Entwicklung des Internets?

    Zorn: Es lohnt sich nicht, im Internet einen Fahrplan zu recherchieren, anstatt die Auskunft anzurufen. Die Telekom, die nun ihre Monopolstellung verloren hat, hat die Ortstarife vor kurzem erheblich verteuert. Ich erwarte noch mehr Gebührenerhöhungen. Der internationale Trend dagegen ist, Ortsgebühren zu verbilligen oder sogar zu erlassen. [Ed: Internet-Fakten]

    SZ: Welche Alternativen könnte es zu den hohen Telephongebühren geben?

    Zorn: Ich verstehe nicht, warum eine Nutzung der TV-Kabelnetze für Internetdienste nicht diskutiert wird. In Schweden sind 40 Prozent der Haushalte über Kabelmodems ans Internet angeschlossen. Das wäre auch hier denkbar.

    SZ: Skandinavien ist sowieso stärker im Internet vertreten als Deutschland. Was haben die Finnen besser gemacht als die Deutschen?

    Zorn: Die Finnen haben acht bis zehn Jahre vor den Deutschen erkannt, daß das Internet kommt und sich darauf eingestellt. Weil in Finnland Hochschulen, Forschungseinrichtungen und die Hightech- Industrie kooperieren, entstehen dort ganz neue Produktideen, wie der ins Telephon integrierte Web-Browser von Nokia. Bei uns dagegen sind Telephonvermittlungstechnik und Internet noch zwei Paar Schuhe.

    SZ: Warum kommen deutsche Firmen nicht auf solche Ideen?

    Zorn: Bei uns bauen Telephonhersteller immer raffiniertere Geräte und PC-Hersteller raffiniertere PCs. In der Regel haben die gar nicht den Geschäftsauftrag, diese beiden Funktionen in einem Endgerät zu verheiraten.

    SZ: Sehen Sie die Gefahr, daß Deutschland nur noch als Markt interessant ist und nicht mehr selbst als Anbieter?

    Zorn: Ja, für den ganzen Internet-Produktbereich und weite Teile des Dienstleisterbereiches schätze ich das so ein. Die gesamte Netzindustrie, die Internetprodukte herstellt und weltweit vertreibt, ist fest in US-amerikanischer Hand. Da gibt es keine deutsche Firma mehr. So wie wir heute Chips und PCs nur noch nachbauen oder billig importieren, ist auch das Internet – technisch gesehen – kein deutsches Thema mehr.

    SZ: Was ist die wichtigste deutsche Erfindung im Internet?

    Zorn: Böse gesagt ist es die Strafverfolgung von Pornographie im Internet. Deutschland hat mit der Strafverfolgung des Providers CompuServe international traurige Berühmtheit erlangt. Die Staatsanwaltschaften, der Gesetzgeber und auch das Innenministerium sehen im Internet vorrangig kriminelle Inhalte. Das ist eine völlige Überbewertung.

    SZ: Welche Auswirkungen hat denn diese deutsche Ängstlichkeit auf ausländische Investoren?

    Zorn: Die Service-Provider zögern, in Deutschland Firmensitze einzurichten und ihre Geschäftsführer im Handelsregister anzumelden, weil sie hier Strafverfolgungen wegen der von ihnen übermittelten Inhalte zu befürchten haben.

    SZ: Im August wurde in Deutschland ein neues Telekommunikationsgesetz beschlossen. Wie hat sich dadurch die Situation verändert?

    Zorn: Auch nach diesem Gesetz können Provider strafrechtlich belangt werden. Fraglich ist aber, ob das durchsetzbar ist. Rein technisch kann man die Fülle der Inhalte im Netz überhaupt nicht mehr filtern. Was jugendgefährdend und unerwünscht ist, kann nur am heimischen PC oder an den "firewalls" einer Firma entschieden werden. Aber im Gegensatz zum amerikanischen Trend verlagert das deutsche Multimediagesetz diese Aufgabe ins Netz und erklärt die Service-Provider für verantwortlich. Das ist, als würde Frankfurt von oben herab zur verbrechensfreien Stadt erklärt.

    SZ: Die Angst vor kriminellen Inhalten, die hohen Telephongebühren und der Mangel an pfiffigen Produktideen: Sind das nicht Faktoren, die in ganz Europa die Internetentwicklung hemmen?

    Zorn: Nein, den Engländern und Skandinaviern fällt der Anschluß schon sprachlich leichter. 95 Prozent des Internets ist schließlich in englischer Sprache [Ed: und seit dem 9. Dezember 1997 ist diese Sprachbarriere de-facto überwunden. AltaVistas kostenloser Übersetzungs-Service macht's möglich]. Meiner Ansicht nach verläuft das Internetgefälle nicht zwischen den USA und Europa, sondern zwischen Norden und Süden. Die Deutschen wachen jetzt erst auf. Zuerst sucht die Industrie den Anschluß. Dann werden die Privatleute nachziehen.
    [mehr Zorn: Über die verfehlte deutsche Internet-Politik]



    USA: Jeder vierte Erwachsene surft regelmäßig im Internet

    Aus: ARD/ZDF-Teletext, 13. Dezember 1997, 20.39 Uhr, Tafel 585, Rubrik Computer.

    NEW YORK. Jeder vierte Erwachsene in den USA und in Kanada surft regelmäßig im Internet, mehr als die Hälfte von ihnen täglich. Das fand das Medienforschungsunternehmen Nielsen Media Research bei einer Umfrage unter 9.000 Nordamerikanern heraus. Viele Nutzer kauften per Internet Flug- und Konzerttickets, Schmuck, Kleidung und anderes, berichtete die Tageszeitung "USA Today".

    13.12.1997 (ws). Nach einer aktuellen Studie des US-Marktforschungsunternehmens Simmons Market Research ist in den USA die Zahl der männlichen und weiblichen Internet-Nutzer fast ausgeglichen (Männer 51 %, Frauen 49 %). Quelle: CBS MarketWatch Internet Daily (TM) vom 9.12.1997.



    Otelo: Preiskampf gegen die Telekom

    Aus: Sat.1-Teletext, 14. Dezember 1997, 00.45 Uhr, Tafel 133, Rubrik Wirtschaft.

    DÜSSELDORF. Telekom-Konkurrent Otelo geht ab April in die Offensive: Der Konzern will die Preise des bisherigen Monopolisten um bis zu 20 % unterbieten! Auch die Telekom hatte ihrerseits angekündigt, sie wolle die Tarife "spürbar senken". Und warum startet Otelo erst am 1. April, wo doch das Telekom- Monopol bereits am 1. Januar 1998 fällt? Firmenchef Bohla: " Es kommt nicht darauf an, als erster, sondern richtig zu starten." Bohla warnt zudem die Mitstreiter: "Falls nur einer die Kunden enttäuscht, werden alle Prügel bekommen – auch wir."

    15.12.1997 (t-off). Und diese Nachricht kommentierte heute Gerd T. in de.comm.service+tarife so: "Nee, viel schlimmer. Enttäuscht habt Ihr von Arcor und Otelo bereits jetzt. Wie blöd sollen wir bisherigen Telekom- Zwangskunden eigentlich sein? (...)"



    Web in den USA bald Massenmedium

    Übersetzung aus: CBS MarketWatch Internet Daily (TM), 15. Dezember 1997.

    USA. Fast 18 Millionen US-Haushalte werden am Jahresende "online" sein. Dies berichtete das Marktforschungs- unternehmen IDC/LINK in einer am Montag vorgestellten Studie. Die aktuelle Zahl von 17,7 Millionen enspricht rund 18 % der US-Haushalte, im Vorjahr lag dieser Anteil noch bei 13 %. Das Wachstum bei der Internet-Nutzung liege über den Erwartungen, sagte Senior Analystin Jill Frankle. Fallende PC-Preise und insbesondere die Markteinführung von PCs unter 1000 $ hätten die Akzeptanz von PCs und damit auch von Online-Diensten in den Privathaushalten begünstig.

    Überraschend an den Daten ist, daß viele Unternehmen die Chancen elektronischer Märkte noch gar nicht richtig ausnutzen. Doch das werde sich bald ändern. Zu erwarten ist der Markteintritt vieler Neueinsteiger, die jeweils für ihren Erfolg als Content-Provider kämpfen werden. Für die Telefon- gesellschaften und TV-Kabelnetzbetreiber wird das Bündeln von Inhalten zukünftig eine strategische Bedeutung bekommen, um das Wachstum im Geschäftsbereich Internet-Providing zu fördern, so IDC/LINK. Ebenso sei es für America Online und das Microsoft Network geradezu "ein Muß" Strategien für neue Vertriebswege wie das TV-Kabel zu entwickeln, wenn sie ihre dominierende Marktstellung nicht verlieren wollen.

    15.12.1997 (ws). Hinweis zum Vergleich mit dem Ergebnis der Marktstudie von Nielsen Media Research: Dort werden auch Personen erfaßt, die das Internet nur von ihrem Arbeitsplatz – nicht aber von zu Hause aus – nutzen. Insofern fällt der prozentuale Anteil der Online- Haushalte geringer aus.



    EU-Kommission fordert Trennung von Telekom- und Kabel-Aktivitäten

    Aus:
    Yahoo-News, 17. Dezember 1997, 14.28 Uhr (Wirtschaft).

    BRÜSSEL. Telekommunikations-Unternehmen in der Europäischen Union sollen sich nach dem Willen der EU-Kommission von ihren Aktivitäten beim Kabelfernsehen trennen. Die Kommission forderte am Mittwoch in Brüssel, die Telekom-Unternehmen müßten den Kabelbereich zumindest als rechtlich unabhängiges Unternehmen ausgliedern. Brüssel stützt sich dabei auf zwei von Wettbewerbs-Kommissar Karel Van Miert in Auftrag gegebene Marktstudien. Die Behörde will zwei Monate nach Veröffentlichung dieser Position im EU-Amtsblatt die entsprechende Richtline verabschieden.

    "Telekommunikation und Multimedia kann von großer Bedeutung für Beschäftigung und Wachstum in Europa sein", schrieb die Behörde. "Das hängt aber von umfassendem Wettbewerb und davon ab, daß die früheren Telekom-Monopole nicht zu Super-Monopolen auswachsen, die auch eine starke Position im Bereich Kabelfernsehen genießen." Neuen Wettbewerbern müßten die Chance haben, in den Markt zu kommen. Es sei nicht auszuschließen, daß im Fall einer Beschwerde Dritter eine angemeldete Fusion oder ein Antrag auf Ausnahme keine Zustimmung der Kommission erhalte und statt dessen das betroffenen Unternehmen seine Kabel-Aktivitäten aufgeben müsse.

    "Das gemeinsame Angebot von Telekommunikation und Kabelfernseh- Netzen bei früheren Monopolisten kann die Entwicklung von Telekom- und Multimedia- Anwendungen ersticken", hieß es weiter. "In der EU könnte in bestimmten Mitgliedsstaaten das gemeinsame Angebot von Telekommunikation und Kabelfernseh-Netzen den alten Monopolisten erlauben, das Entstehen wirklichen Wettbewerbs zu verzögern." Die Deutsche Telekom AG (Bonn) hatte im November angekündigt, ihr Geschäft mit dem Kabelfernsehen 1998 in eine Tochtergesellschaft auszugliedern und für eine Beteiligung privater Unternehmen zu öffnen. Diesem Schritt kommt auch Bedeutung im Zusammenhang mit den Plänen der Medienkonzerne Kirch und Bertelsmann beim Bezahl-Fernsehen (Pay-TV), an dem auch die Telekom mit ihrem Kabelnetz beteiligt ist. Die Wettbewerbs-Hüter in Brüssel prüfen derzeit diese Pläne.



    Bei Rasterfahndung werden alle Telefonkunden überprüft

    Aus: Der Tagesspiegel, Berlin, 20. Dezember 1997, Seite 2 (Politik).

    BONN. Millionen Telefonkunden müssen sich die Durchleuchtung ihrer Verbindungsdaten gefallen lassen, wenn die Justiz nach Anrufen bei den Anschlüssen mutmaßlicher Krimineller sucht. Ein Sprecher der Deutschen Telekom bestätigte am Freitag in Bonn, daß aufgrund von richterlichen Beschlüssen im Einzelfall alle rund 40 Millionen deutschen Telefonanschlüsse darauf überprüft werden müßten, ob von ihnen aus eine bestimmte Nummer angerufen wurde. Die Justiz beruft sich bei dieser Rasterfahndung auf das Fernmeldeanlagengesetz [FAG]. Danach kann die Staatsanwaltschaft Auskunft sowohl über abgehende als auch über ankommende Gespräche an einem Anschluß verlangen. Da die Telefonunternehmen aber nur die abgehenden Gespräche erfassen, müssen sämtliche gespeicherten Daten mit abgehenden Gesprächen durchsucht werden [Ed: und die schnelle Digital-Technik macht das heute möglich]. [mehr]



    EU überprüft zu teure Telefongespräche

    Aus: Der Tagesspiegel, Berlin, 20. Dezember 1997, Seite 18 (Wirtschaft).

    BRÜSSEL. Die Europäische Kommission will die ihrer Ansicht nach zu hohen Preise für internationale Telefongespräche untersuchen. Unmittelbar vor der Freigabe des Wettbewerbs auf dem EU-Telekommunikationsmarkt am 1. Januar leitete die Behörde am Freitag in Brüssel ein Verfahren ein und bat die führenden Anbieter in den 15 EU- Staaten [Ed: darunter die Deutsche Telekom AG] um Auskünfte über das Zustandekommen der Tarife. Nach Angaben eines Sprechers arbeitet die Kommission mit den zuständigen Dienststellen in den USA zusammen.

    Die Kommission bezweifelt, daß die anfallenden Kosten für die Weiterleitung internationaler Gespräche zwischen den Telefongesellschaften einen höheren als den Inlandstarif rechtfertigen. "Als Ergebnis technologischer Veränderungen und konsequenter Kostenreduzierungen ist heute davon auszugehen, daß diese Gebühren nicht mehr die wahren Kosten des Gesprächs darstellen", schrieb die Behörde. "Im Interesse der Verbraucher und der Geschäftswelt ist es, daß die Preise für internationale Telefongespräche auf ein faires und angemessenes Niveau gebracht werden", teilte die Kommission mit.




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      Zum Teil 15

    © 1997-2001 – Dipl.-Ing. Karl-Heinz Dittberner (khd) – Berlin   —   Last Update: 31.12.2009 05.09 Uhr