Telekommunikation in den Medien – Teil 160 khd
Stand:  3.5.2006   (25. Ed.)  –  File: Aus____Medien/160.html




Auf diesen Seiten werden seit 1994 einige ausgewählte und besonders interessante Artikel und andere Texte zur Telekommunikation im Original dokumentiert. Tipp- und Übertragungsfehler gehen zu meinen Lasten.

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  • Neuere Presseberichte  (161. Teil).
  • 31.03.2006: Grüne wollen Netz-TV nicht wie klassisches Fernsehen reguliert wissen.
  • 29.03.2006: Ist die Telekom noch zu retten?
  • 29.03.2006: Europäische Telekombranche will Internet-Gebühren verlangen.
  • 28.03.2006: Rüttgers wirbt für VDSL-Investitionen der Telekom in Brüssel.
  • 28.03.2006: Deutsche Telekom will durch Zukauf in Ungarn expandieren.
  • 28.03.2006: Battle for the Web. (Tim Berners-Lee zur Netz-Neutralität)
  • 26.03.2006: Preise sinken um bis zu 80 Prozent. (Reding-Interview)
  • 25.03.2006: Ihr zahlt! Wir senden. (Zum Fernsehmarkt 2)
  • 24.03.2006: Experte: Streit um VDSL-Ausbau ist Stellvertreterkrieg.
  • 23.03.2006: GeldKarte: Kriegserklärung ans Bargeld.
  • 23.03.2006: Bundesnetzagentur will Bitstrom-Zugang ermöglichen.
  • 23.03.2006: PayPal erprobt Geldtransaktionen per Handy.
  • 23.03.2006: Liberty Global to Sell UPC France SA.
  • 23.03.2006: Kartellamt prüft neuen DSL-Resale-Vertrag der Telekom.
  • 23.03.2006: Bundesregierung kritisiert EU-Kommissarin im Streit um VDSL-Netz der Telekom.
  • 23.03.2006: Datamonitor bezweifelt Erfolg von Handy-TV.
  • Ältere Presseberichte  (159. Teil).

    Andere Themen-Listen im Rahmen des Archivs "t-off" von khd
  • ADSL – Internet via Telefonltg.
  • Diverse – TK-Themen
  • DRM – Dig. Rights Management
  • CATV – Kabel-TV
  • DVB-C – Digitales Kabel-TV
  • DVB-H – Mobiles Handy-TV
  • DVB-S – Satelliten-TV
  • DVB-T – Überall Digital-TV
  • DVD – Speichermedien
  • FreeMob – Freenet/MobilCom
  • GPS – Satelliten-Navigation
  • HDTV – Hochauflösendes TV
  • IbC – Internet-by-call
  • ICANN – Internet-Regierung
  • IPTV – Internet-Fernsehen
  • ISDN – Digitale Telefonie
  • KDG – Kabel Deutschland
  • Mail – Mitteilungs-Dienste
  • PLC – Internet via Stromnetz
  • RegTP – Regulierungsbehörde
  • RFID – Funk-Etiketten
  • UMTS – Schneller Mobilfunk
  • TheNET – Das Internet
  • TV-Kab – Dt. TV-Kabel (BigT)
  • VDSL – Schnelles Internet
  • VoIP – Internet-Telefonie
  • WIMAX – Breitband via Funk
  • WLAN – Internet via Funk
  • "t-off" ist eine Publikation des khd-research.net

    Made with Mac



    Datamonitor bezweifelt Erfolg von Handy-TV

    [Ed: es wird ein grandioser Flop werden. Denn woher sollen die Leute heute angesichts steigender Preise allerorten und sinkender Löhne eigentlich das Geld für solche ‚Spielereien‘ nehmen – mal die Beserverdienenden und deren Guido-Partei ausgenommen]

    Aus:
    Heise-Newsticker, 23. März 2006, 00.02 Uhr MEZ (Mobilfunk). [Original]

    LONDON (ck/iX). Die britische Marktforschungsfirma Datamonitor sagt in einer Untersuchung schlechte Chancen für das mobile Fernsehen voraus. Mobilfunkanbieter offerieren bislang zwar Videoclips zum Herunterladen auf einzelne Handys, das gleichzeitige Übertragen von Fernsehsendungen (Broadcast) an alle Teilnehmer werde jedoch die Funknetze zu stark belasten. Schwierigkeiten für den Markterfolg sehen die Analysten außerdem durch die konkurrierenden Standards DMB, DVB-H und MediaFLO. Diese stellten sowohl Provider als auch Gerätehersteller vor schwierige Aufgaben.

    Für ein langfristig profitables Geschäft müssten die Provider laut Datamonitor monatlich von jedem Teilnehmer rund 10 US-Dollar Gebühren für das mobile Fernsehen verlangen. Für 2009 sagt die Firma 69 Millionen Abonnenten für mobiles TV und Einnahmen in Höhe von 5,5 Milliarden US-Dollar voraus – allerdings könne es durchaus sein, dass das Geschäft keinen Gewinn abwirft. [Links zum Handy-TV]



    Bundesregierung kritisiert EU-Kommissarin im Streit um VDSL-Netz der Telekom

    Aus: Heise-Ticker, 23. März 2006, 9.41 Uhr MEZ (VDSL-Netz). [
    Original]

    BERLIN (jk/c't). Im Streit um das geplante neue Glasfasernetz der Deutschen Telekom hat die Bundesregierung der zuständigen EU-Kommissarin Viviane Reding vorgeworfen, Einzelheiten aus vertraulichen Gesprächen an die Öffentlichkeit gegeben zu haben. Reding habe nach einem Gespräch mit dem deutschen Wirtschaftsstaatssekretär Joachim Wuermeling die Medien "einseitig informiert", heißt es in einem Brief des Bundeswirtschaftsministeriums an Reding, der der dpa vorliegt. Einzelheiten solcher Gespräche unterliegen "nach meinem Verständnis der Vertraulichkeit", schrieb Staatssekretär Bernd Pfaffenbach bereits am 17. März an Reding. "Sofern dies nicht gewährleistet werden kann, ist eine sachliche Zusammenarbeit deutlich erschwert."

    Abseits davon äußerte Pfaffenbach laut einem dpa-Bericht "Verwunderung" über die Bedenken der EU-Kommissarin gegen die geplante Freistellung des neuen Telekom-Glasfasernetzes von der Marktregulierung. Diese Bedenken könne er "in keinem Punkt teilen". Reding hatte der Bundesregierung mit rechtlichen Schritten gedroht, sollte diese an ihren Plänen festhalten, die Telekom zeitweise vor Wettbewerb zu schützen.

    Die Telekom will mit Milliardeninvestitionen in ein Glasfasernetz den Datenaustausch deutlich beschleunigen und Triple-Play-Angebote (Internet, Telefonie und Fernsehen über ein Kabel) ermöglichen. Über das Glasfasernetz, das VDSL-Anschlüsse mit bis zu 50 MBit/s beim Endkunden ermöglichen soll, will die Telekom unter anderem IPTV auf Basis von Microsoft-Softwaretechniken anbieten; der Konzern hatte sich dafür unter anderem Lizenzen zur Ausstrahlung von Spielen der Fußballbundesliga besorgt. Die Telekom fordert für das Netz eine zeitweise Befreiung von der Regulierung. Auch Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte sich hinter die Forderung des Unternehmens gestellt, für den teuren Aufbau des Netzes befristet von der Aufsicht durch Wettbewerbshüter befreit zu werden.

    Der Chef der Bundesnetzagentur, Matthias Kurth, hatte in der vergangenen Woche aber davon gesprochen, die Telekom sei offenbar von ihrer "harten Position" abgerückt. Wegen des Streits um die Regulierung bei dem geplanten Glasfasernetz scheint sich aber die Novellierung des Telekommunikationsgesetzes zu verzögern. Mit der Novellierung des TKG will die Bundesregierung die Grundlage für eine schwächere Regulierung von neuen Telekommärkten schaffen; auf diesen Passus könnte sich dann möglicherweise die Telekom berufen. Derweil gehen die Arbeiten der Telekom an dem Netz anscheinend zügig voran: In den zehn Städten (darunter Berlin, Hamburg, München, Hannover und Köln), die in einer ersten Ausbaustufe bereits zur Fußball-WM angeschlossen sein sollen, sind Mitarbeiter der T-Com und Auftragsfirmen eifrig dabei, Kabel zu verlegen und die neuen Verteilerkästen mit den Outdoor- DSLAMs für die Verbindung zwischen VDSL-Kupferkabel und Glasfasernetz zu installieren.



    Kartellamt prüft neuen DSL-Resale-Vertrag der Telekom

    Aus: Heise-Ticker, 23. März 2006, 13.07 Uhr MEZ (Internet). [
    Original]

    BONN. In die Auseinandersetzung zwischen der Deutschen Telekom und anderen DSL-Anbietern über einen neuen Vorleistungsvertrag haben sich die Bundesnetzagentur und das Bundeskartellamt eingeschaltet. Dies meldet die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ). Der so genannte Net-Rental-Vertrag bringt großen Wiederverkäufern von DSL-Anschlüssen wie United Internet günstigere Einkaufskonditionen als kleinen Anbietern. Dem Bericht zufolge wird die Bundesnetzagentur demnächst eine Entscheidung zum Net-Rental-Vertrag treffen. Vor dem Landgericht Köln klagt Freenet gegen die Telekom, den Vertrag nicht weiter anzubieten. Ein Urteil wird für den 20. April erwartet.

    Auch das Bundeskartellamt untersucht inzwischen den Net-Rental-Vertrag der Telekom: "Es besteht der Verdacht, dass der Vertrag die Wirkung hat, dass kein Infrastrukturwettbewerb mehr geleistet wird", zitiert die FAZ Holger Dubberstein von der Wettbewerbsbehörde. Ferner bestehe der Verdacht, dass der Net-Rental-Vertrag den Wettbewerb unter den Wiederverkäufern (Resellern) von DSL-Anschlüsse der Telekom beeinträchtige. Der Vertrag stelle sich so dar, dass nur sehr große Anbieter daraus Vorteile ziehen. Das Bundeskartellamt vermutet, dass die Telekom einen Verdrängungswettbewerb zulasten kleinerer Anbieter anstoßen will.

    Der umstrittene Vertrag räumt DSL-Anbietern, die mindestens 120 Kunden in einem der rund 7.500 Anschlussbereiche der Telekom haben, erheblich günstigere Einkaufskonditionen für die DSL-Anschlüsse ein als den Anbietern mit einer geringeren Kundenquote. Statt 11,5 % Rabatt auf den Endkundenpreis können die großen Anbieter mehr als 50 % Nachlass erzielen, wenn sie das 120-Kunden-Kriterium erfüllen. Damit können sie zum einen die kleinen Reseller ebenso unterbieten wie die Unternehmen, die DSL-Anschlüsse mit eigener Netzinfrastruktur anbieten. Zu Letzteren zählen Arcor, Hansenet und Tropolsys/Versatel. Der Breko-Verband, der nun als Bundesverband Breitbandkommunikation die Interessen dieser Anbieter vertritt, sieht im Net-Resale-Vertrag einen "Dumpingskandal".

    Größter unabhängiger Wiederverkäufer von DSL-Anschlüssen der Telekom ist United Internet, die unter anderem die Marken 1&1, GMX und Web.de besitzt, mit rund 1,9 Millionen Breitbandanschlüssen. Dem Bericht zufolge hat nach United Internet auch der Reseller AOL (1,1 Millionen Kunden) den Net-Rental-Vertrag abgeschlossen. Die T-Online AG, die mit 4,5 Millionen T-DSL-Anschlüssen am meisten von den neuen Konditionen profitieren würde, habe hingegen noch keinen Net-Rental-Vertrag mit ihrer Muttergesellschaft, was als taktisches Manöver in der hängenden Fusion beider Unternehmen gedeutet wird.

    Der Bundesnetzagentur zufolge steigt die Zahl der DSL-Anschlüsse rasant: In Deutschland gab es Ende 2005 rund 10,4 Millionen DSL-Zugänge [Ed: hm, mir ist das allein schon wg. der monatlichen Grundgebühr von um die 20 Euro (ohne Telefon) noch immer viel zu teuer, denn bei meiner Art der Internet-Nutzung zahle ich per Internet-by-call nur etwa die Hälfte]. Davon wurden 72 % durch die Deutsche Telekom "technisch realisiert" und dann über Konzerntöchter wie T-Online, T-Systems oder unabhängige Reseller vermarktet. Experten sehen im Ausbau des Breitbandmarkts und einem Wettbewerb der Anbieter und Infrastrukturen eine Jobmaschine [Ed: es ist eine].



    Liberty Global to Sell UPC France SA

    Liberty Global to Sell French Cable Business for $1.5 Billion.

    Aus:
    Yahoo Finances, 23. März 2006, 14.05 Uhr MEZ (Unternehmen). [Original] [Übersetzungs-Service]

    DENVER. Liberty Global Inc. on Thursday said it agreed to sell its French cable business, UPC France SA, for about 1.25 billion euros ($1.51 billion) in cash to two private equity firms.

    The Englewood, Colo.-based company, which was formed last year through the merger of cable operators Liberty Media International and UnitedGlobalCom, said the agreement with Altice and Cinven is in line with its strategy to exit underperforming markets.

    The selling price represents a multiple of about 11.4 times UPC France's 2005 operating cash flow excluding corporate overhead, the company said. The deal would assume zero net debt when it's completed, and price adjustments are not expected.

    In December, Liberty Global agreed to sell its Norwegian cable business, UPC Norway, to European private equity firm Candover Partners Ltd. for about $540 million.

    "Together with the sale of our Norwegian asset, we are exiting sub-scale markets tax-efficiently and at attractive prices, with the intention of refocusing that capital on existing or new markets that offer greater long-term growth and stability," said Mike Fries, Liberty Global president and chief executive, in a statement.

    The company said the French deal requires a definitive agreement, completed due diligence and financing, which are expected in the second quarter. The agreement will then require regulatory approval.



    PayPal erprobt Geldtransaktionen per Handy

    Aus:
    Heise-Newsticker, 23. März 2006, 16.19 Uhr MEZ (Mobilfunk). [Original]

    HANNOVER (ssu/c't). Der zu eBay gehörende Bezahldienstleister PayPal testet Verfahren, um Geldtransfers per Mobiltelefon abzuwickeln. Gegenüber dem Wall Street Journal (WSJ) bestätigte eine Paypal- Sprecherin entsprechende Tests, die allerdings bislang auf PayPal-Mitarbeiter beschränkt seien.

    Inzwischen findet sich auf der Startseite des Portals MobileCrunch ein Anleitungstext und ein Screenshot für PayPal- Transaktionen per Mobiltelefon. Offenbar erhalten bislang nur nordamerikanische PayPal- Kunden beim Login diese Hinweise, wie erste Tests von heise online mit deutschen Paypal-Konten ergaben.

    Paypal verwaltet inzwischen über 100 Millionen Nutzerkonten weltweit und erzielt dem WSJ zufolge derzeit rund 70 % seiner Umsätze mit eBay-Transaktionen. In Deutschland hatte zur Jahrtausendwende der Anbieter Paybox versucht, Geldtransfers per Handy populär zu machen und zum Beispiel Taxis als Werbeflächen und Vertragspartner gefunden. Dennoch folgte für das Nachfolgeunternehmen Moxmo im Herbst 2004 das Aus.

    Im mobilfunk-affinen Österreich leben Name und Logo von Paybox indes weiter. Die paybox austria gehört den beiden Mobilfunkern mobilkom austria (83,3 %) sowie One (16,7 %) und wird nach eigenen Angaben von 200.000 Kunden an 5.000 Akzeptanzstellen in der Alpenrepublik genutzt.



    Bundesnetzagentur will Bitstrom-Zugang ermöglichen

    Aus:
    Heise-Newsticker, 23. März 2006, 16.42 Uhr MEZ (Internet). [Original]

    BONN (uma/c't). Die Bundesnetzagentur hat eine Anhörung zu einer geplanten Regulierungsverfügung (PDF-Dokument) gestartet, die die T-Com verpflichtet, Konkurrenten über ihren Backbone diskriminierungsfrei den direkten Zugang zum Kunden per ATM zu ermöglichen. Vertragskonditionen und Preise unterlägen dann der Kontrolle durch die Bundesnetzagentur. Betroffene und interessierte Parteien haben nun einen Monat Zeit, eine Stellungnahme abzugeben.

      MERKE:  Und zu dieser Feststellung hat der deutsche Regulierer viele Jahre gebraucht! Dabei war schon vor über 4 Jahren völlig klar, daß BigT (DTAG) auch hier Marktmißbrauch zum Schaden Deutschlands betrieb. Die Presse-Info der Aktion "IoT" wurde damals nicht beachtet.  
    Die Behörde stellte fest, dass die T-Com in diesem Bereich marktbeherrschend ist, was eine zwingende Voraussetzung für das Regulierungsverfahren ist. Sollte die Verfügung so ergehen, erhielten die T-Com- Konkurrenten zusätzliche technische Möglichkeiten. Bislang sind diese gezwungen, Hardware in der Vermittlungsstelle zu installieren und Teilnehmeranschlussleitungen anzumieten, um Qualitätskriterien zu sichern, beipielsweise durch Priorisierung bestimmter Dienste. Mit dem ATM-Zugang können diese Anbieter ihr Netz wesentlich zentraler aufbauen. Während es mehrere tausend Ortsvermittlungsstellen gibt, beläuft sich die Zahl der Knoten des ATM-Backbonenetzes nur auf 51. [BNetzA-Pressemitteilung]



    GeldKarte: Kriegserklärung ans Bargeld

    Aus:
    Heise-Newsticker, 23. März 2006, 18.47 Uhr MEZ (Geld). [Original]

    BERLIN (jk/c't). "Karte rein, Packung raus" – unter diesem Motto will die Initiative GeldKarte in diesem Jahr den Gebrauch des elektronischen Bargelds an Zigarettenautomaten propagieren, wo Kunden ab dem 1. Januar 2007 das gesetzlich geforderte Jugendschutzmerkmal mithilfe einer Chipkarte nachweisen müssen. Bis Ende 2005 waren bereits 340.000 Automaten umgerüstet, bis zum Stichtag wird man an 450.000 Nikotinspendern mit der GeldKarte zahlen können – potenziell winken damit jährlich 1,2 Milliarden Transaktionen auf das bislang von den Bundesbürgern arg vernachlässigte bargeldlose Zahlungsmittel.

    Vor 10 Jahren als Gemeinschaftsprodukt der deutschen Banken und Sparkassen eingeführt, sind derzeit zwar 64 Millionen GeldKarten im Umlauf und 70 % aller ec- und Kundenkarten tragen den GeldKarten-Chip, doch genutzt wird der Ersatz fürs Kleingeld bislang kaum. Nur etwa jeder Fünfte macht tatsächlich davon Gebrauch, und im vergangenen Jahr sind ist die Zahl der Transaktionen sogar leicht von 38,3 Millionen Bezahlvorgängen in 2004 auf 37,8 Millionen Transaktionen zurückgegangen.

    Gleichwohl blickte die Branche auf der Jahresversammlung der Initiative am heutigen Donnerstag in Berlin optimistisch in die Zukunft. Volker Koppe von der EURO Kartensysteme GmbH in Frankfurt, dem Gemeinschaftsunternehmen der deutschen Banken und Sparkassen für das MasterCard- und GeldKarten-Geschäft, verweist auf den öffentlichen Nahverkehr, bei dem es in Deutschland schon fast flächendeckend möglich ist, mit der GeldKarte Fahrscheine zu erwerben und inzwischen 3.500 Fahrscheinautomaten der Deutschen Bahn die GeldKarte akzeptieren. Ein weiterer Wachstumsbereich ist das Internet, laut Koppe ein Bereich, "der noch in den Kinderschuhen steckt". Gerade dort lägen die Vorteile der schnellen und kostengünstigen Abwicklung von Micropayments auf der Hand. So entfielen bei den rund 35 Millionen Musikdownloads pro Jahr hierzulande rund 20 % des Umsatzes auf die Kosten der Bezahlsysteme. "Mit der GeldKarte", meinte Koppe, "ist die Senkung auf unter 10 % möglich – das ist ein Einsparpotenzial von rund 5,6 Millionen Euro jährlich."

    Unter den zahlreichen elektronischen Bargeldzahlungsmitteln in Europa hat allerdings nicht nur die GeldKarte noch mit Akzeptanzproblemen zu kämpfen. Ob Moneo in Frankreich, Quick in Österreich, Chipknip in Holland, miniCash in Luxemburg, Cash in der Schweiz oder Proton in Belgien – lediglich in Holland und Österreich nimmt der Gebrauch zu, "bei allen anderen stagniert er oder ist sogar rückläufig", berichtete der belgische Wirtschaftswissenschaftler Leo van Hove von der Vrije Universiteit Brüssel heute in Berlin.

    Hove präsentierte die Ergebnisse von Umfragen zur Proton-Karte, die in Belgien 9 Millionen Bürger besitzen. Doch bei zwei Dritteln der 241 Zeitungsläden und 130 Bäckereien in der Erhebung lag der Umsatz mit dem Kartengeld unter 5 %. Die meisten Händler zeigten sich zwar von der Zuverlässigkeit und Sicherheit der Karte überzeugt, nicht jedoch davon, dass die Zahlung mit dem elektronischen Cash wirklich schneller als mit Bargeld geht. Ein Drittel hält den Proton- Kartenleser nicht für eine sinnvolle Investition; getätigt wurde sie nur aus Angst, eventuell Kunden an die Konkurrenz zu verlieren. Ähnlich gespalten ist auch die Einstellung der Konsumenten – Nutzer wie Nichtnutzer der Proton-Karte schätzen das elektronische Portemonnaie gleichermaßen als modern, bequem, einfach und schnell ein, doch "erstaunlicherweise", erklärte Hove, "bezeichnet die Mehrheit der Befragten Bargeld als billig, das elektronische Zahlungsmittel als teuer".

    Der belgische Electronic-Commerce-Experte hat eigenem Bekunden nach dem Bargeld "den Krieg erklärt". Die gesellschaftlichen Kosten des Bargeld-Handlings, die er für Belgien auf 0,74 % und für die Niederlande auf 0,65 % des Bruttoinlandsproduktes bezifferte, seien viel zu hoch, meint er. Doch dummerweise würden Einschätzung und tatsächliche Kosten des Bargelds auseinander klaffen. "Das Zahlungsmittel, das gesellschaftlich am teuersten ist, wird von den Konsumenten und Händlern als am billigsten wahrgenommen." Seine Schlussfolgerung: "Der Gebrauch von Bargeld sollte verteuert werden."

    Mehr zu diesem Thema:
    [05.01.1997: Groschen ade?]  (khd-Page)
    [23.11.1997: EC-Karte: PIN-Code ist unsicher]  (khd-Page)
    [08.03.1998: Die Geld-Karte diskriminiert]  (khd-Page)
    [20.04.1998: Unbeliebte Geldkarte]  (DER SPIEGEL)
    [20.01.2002: Der Flop der Geld-Karte]  (khd-Page)



    Experte: Streit um VDSL-Ausbau ist Stellvertreterkrieg

    Aus:
    Heise-Newsticker, 24. März 2006, 10.19 Uhr MEZ (Internet). [Original]

    HANNOVER (wst/Technology Review). Im Streit um den geplanten Netzausbau der Deutschen Telekom spielt keine der Parteien mit offenen Karten. Zu diesem Schluss kommt Professor Torsten J. Gerpott in einer Analyse für Technology Review.

    Die Telekom "nutzt den VDSL-Ausbau als Vehikel, um aus ihrer Sicht überzogene Eingriffspotenziale der Bundesnetzagentur in eigene Entscheidungen abzubauen", meint der Experte. "Und die Telekom-Wettbewerber fürchten sich weniger vor einem VDSL-Nachfrageboom, von dem sie ausgeschlossen sind. Sie treibt mehr die Sorge um, dass das Konzept der Regulierung marktbeherrschender TK-Anbieter als notwendige Voraussetzung für die Entstehung von Wettbewerb in Deutschland generell zu Grabe getragen werden könnte."

    Gerpott ist seit 1994 Inhaber des Lehrstuhls für Planung und Organisation mit Schwerpunkt Telekommunikationswirtschaft an der Universität Duisburg und gilt international als gefragter Analytiker in Sachen Telekommunikations- und Hightech- Branche.

    Die Telekom will mit Milliardeninvestitionen in ihr Glasfasernetz den Datenaustausch deutlich beschleunigen und VDSL-Anschlüsse mit bis zu 50 MBit/s beim Endkunden ermöglichen. Im Gegenzug für die Investitionen fordert sie jedoch für das Netz eine zeitweise Befreiung von der Regulierung. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte sich hinter die Forderung des Unternehmens gestellt – die zuständige EU-Kommissarin Viviane Reding hingegen mit rechtlichen Schritten gedroht, sollte die Bundesregierung an ihren Plänen festhalten, die Deutsche Telekom zeitweise vor Wettbewerb zu schützen.



    Ihr zahlt! Wir senden

    Das öffentlich-rechtliche Modell taugt nicht länger: ARD und ZDF müssen sich konzentrieren.

    Aus:
    Der Tagesspiegel, Berlin, 25. März 2006, Seite xx (Medien) von BERND GÄBLER. Bernd Gäbler war von 2001 bis 2004 Geschäftsführer des Grimme-Institutes. [Original]

    In der Nachkriegsgesellschaft galt der Konsens, dass Hörfunk und Fernsehen wegen ihrer überragenden Bedeutung nicht privatwirtschaftlicher Initiative überlassen bleiben dürften. Aus dem Monopol heraus behauptete sich der öffentlich-rechtliche Rundfunk danach im dualen System. Im Zuge der Digitalisierung werden ARD und ZDF erneut durchgeschüttelt. Der Tagesspiegel erörtert die neue Lage in 3 Folgen. Teil 2: Die Zukunft der Öffentlich-Rechtlichen.

    In den vergangenen 10 bis 15 Jahren hat der öffentlich-rechtliche Rundfunk den Ansturm und die Konkurrenz durch die neu entstandenen Privatsender überstanden. Kein Wunder, sagen manche Kritiker, mit einem stabilen Zustrom von mittlerweile rund 7 Milliarden Euro im Jahr sollte das wohl zu machen sein. Andere fragen nach dem Preis: Ist das Mithalten nicht erkauft durch zu viel Mit- und Nachmachen? Der Sinn der Privatsender besteht ja im Kern darin, für die Werbeindustrie jeweils genügend und passendes Publikum anzulocken. Wird im Wettbewerb der aufklärerische Sinn öffentlich- rechtlichen Sendens überhaupt noch deutlich? Glattes Programmieren, ritualisierte Formate, Starkult, in dem Prominenz mehr zählt als Kompetenz, Klatsch, Serienkitsch, Newshäppchen und Oberflächentalk haben die gebührenfinanzierten Sender längst übernommen. Wo aber ist die Seele geblieben von Radio und Fernsehen in gesellschaftlicher Verantwortung?

    Nun gut, es gibt kompetente Auslandskorrespondenten, seriös gebliebene Nachrichten, regionale Informationen, das kleine Fernsehspiel, die ein oder andere Dokumentation zu Geschichte oder Wissenschaft, den Kinderkanal und Phoenix, „Kulturzeit“ auf 3Sat und den Deutschlandfunk – aber reicht das als Besonderheit im Vergleich zu dem, was auch der Markt zu leisten vermag? In Haltung, Stil, Ästhetik und Sprache scheint es bei Talk, Sport und Unterhaltung keine Differenz mehr zu den Privaten zu geben. Zu sehr rutscht der Zweck von ARD und ZDF, qua Auftrag und Anspruch im Massenmedium Normen zu setzen, an den Rand oder in die Sparte.

    Die leitenden Damen und Herren mögen stolz sein auf das Erreichte. Wenn sie aber nicht bereit sind, die Hauptfrage für ihre Zukunft, die präzise und nicht bloß wolkige Definition des Auftrags, die Programmphilosophie, im Gespräch mit der Gesellschaft offen zu erörtern, dann können auch Großreiche an ihrer eigenen Unbeweglichkeit scheitern.

    Die Haltung jedenfalls, für die Gebühr eine stabile Wachstumsgarantie zu verlangen, jede Auflage oder von außen vorgeschlagene Begrenzung aber als Eingriff in die Programmautonomie zurückzuweisen, wird auf Dauer nicht aufrechtzuerhalten sein. Denkbar ist durchaus eine Begrenzung des Quantums der Hörfunksender, des Ausgabenanteils und der Sendezeit für Sport, der Verzicht auf Werbung und bestimmte Genres und Formate, die Selbstverpflichtung zu konkreten Bildungs- und Kulturprogrammen.

    Auch die Auffassung, weil dieser schon die Gebühr bezahlt habe, müsse jedes öffentlich-rechtliche Programm auf allen digitalen Wegen kostenlos zum Endkunden transportiert werden, ist trügerisch und nur scheinbar offensiv. Gerade weil in der digitalen Welt das tatsächliche Nutzerverhalten präziser zu bestimmen ist als allein durch die Quote, die ja eine Hochrechnung ist, wird die Gebühr erneut unter Legitimationsdruck geraten. Eine offensive Antwort würde darin bestehen, jetzt mit den Gebührenzahlern eine Art neuen Gesellschaftsvertrag abzuschließen.

    Warum soll nicht eine Garantie abgegeben werden, nie „heute“-Bild.de oder Tagesschau.google zu machen, dafür aber mit Basis-News beim Handy-TV dabei zu sein? Warum keine Einschränkung bei der bundesweiten Verbreitung der Dritten Programme oder nur Schwerpunkte für Internet und Podcasting geben?

    De facto haben die Öffentlich-Rechtlichen die Jugend verloren. Durch Jargon und Anwanze wird das nicht aufzuholen sein. Vielleicht sollte man einfach ganze Programmflächen freiräumen für Jugendredaktionen mit einem weiten Feld von Partizipationsmöglichkeiten? Oder: Warum sollen nicht – sagen wir: Ranga Yogeshwar 250 Millionen Euro in die Hand gedrückt werden, damit er ein spannendes Download-Bildungsfernsehen entwickelt? Wenn die Sender momentan schwunghaften DVD-Handel mit alten Serien betreiben, warum sollen dann nicht – auch gegen eine zusätzliche Mini-Gebühr – die digitalen Archiv-Schätze für jedermann zum Herunterladen offen stehen? Warum soll es keine cross-medialen Initiativen zu Arbeitsvermittlung und spezifischer Qualifizierung geben? Statt jeden Status quo zu verteidigen und immer mehr zu wollen, wären zukunftsweisende Ideen zu spezifizieren. Noch ist die Angst vor Marginalisierung größer als der Blick auf neue Möglichkeiten.

    Zur offenen Debatte gehörte natürlich auch mehr Transparenz über die Verwendung der Gebühren. Dazu gibt es keine ökonomische Analyse. Ist die Gebühr eine quasi-staatliche Unternehmensbeihilfe, eine Arbeitsplatzfinanzierung oder halb-sozialistische Subventionierung der Produktionswirtschaft? Wie sieht die reale Wertschöpfung der Anstalten des öffentlichen Rechts aus, für die letztlich der Staat haftet? Die bestehende Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs (KEF) redigiert Wunschzettel, und die Rechnungshöfe prüfen die Gesetzestreue. So eine Analyse wäre wichtig, gerade wenn nicht alle Bereiche simpel betriebswirtschaftlicher Effektivität untergeordnet werden sollen. Vielleicht „rechnet³ sich ein Kinderprogramm ja gerade nicht und trotzdem ist das Geld hier gut angelegt.

    Erörtert werden müsste auch, ob die Art der Rückbindung an die Gesellschaft, die weitgehend über die Quote einerseits und die interne Organisationsstruktur mit der Repräsentanz relevanter gesellschaftlicher Gruppen in den Gremien erfolgt, nicht durch ganz andere Mechanismen aufgefrischt werden sollte. Der ZDF-Intendant Markus Schächter lobt die eigene Anstalt schon mit den Worten, hier werde eine blendend funktionierende große Koalition praktiziert. Damit bestätigt er nur, wie sehr der Gesellschaftsbezug schon parteipolitisch überformt ist – bis hin zu den kuriosen Stellenbesetzungen nach rot-schwarzem Abzählreim.

    Sind Festanstellung und Redaktionsstatut noch Mittel zum Schutz vor Beeinflussung, Ermunterung zu Recherche, Meinung und Experiment oder schon ins Gegenteil umgeschlagen und zu Schulen des Opportunismus verkommen? Werden nicht zu viele kantige Kerle und forsche Frauen verprellt oder als Abtrünnige angesehen? Die aktuelle Übung einiger Ex-Redakteure – dissidentes Nachtreten bei gesicherter Rente – lassen dies befürchten.

    Die Kunden werden ihre Medien individueller nutzen und leistungsbezogen bezahlen wollen. Mit womöglich geringerer Grundgebühr und einigen Bezahldiensten können die öffentlich-rechtlichen Sender in der digitalen Vielfalt sogar eine Renaissance erleben. Nicht als quasi-staatliche Bürokratien, nicht durch maßlose Forderungen zu den technischen Verbreitungswegen, sondern allein durch die Besinnung auf unterscheidbare Inhalte, Haltung, Sprache und Stil, kurz: Durch ihre Kultur haben sie die Chance, sich als Fels im Ozean des Mainstreams zu behaupten.

    Teil 1 zur Medienaufsicht ist am 19. März erschienen, Teil 3 zum privaten Rundfunk folgt in der nächsten Woche: [Teil 3]



    „Preise sinken um bis zu 80 Prozent“

    EU-Telekommunikations-Kommissarin Viviane Reding über teures Telefonieren im Ausland, die Internet-Pläne der Deutschen Telekom und warum sie sich selbst gern überflüssig machen würde.

    Aus: Welt am Sonntag, Hamburg, 26. März 2006, Seite ?? (Wirtschaft). Das Gespräch führten THOMAS FRIEDRICH und THOMAS HEUZEROTH. [Original]

    Es ist etwas ungewöhnlich, sich als EU-Kommissar bei der Industrie so richtig unbeliebt zu machen. Normalerweise stehen die höchsten EU-Beamten eher in dem Ruf, im Zweifelsfall zu liberale Vertreter unternehmerischer Freiheit zu sein. Viviane Reding allerdings hat sich den Zorn der großen Telekommunikationskonzerne in Rekordzeit zugezogen. Sie werde die Konzerne zu Preissenkungen von bis zu 80 Prozent bei Auslandsgesprächen zwingen, sagt Reding. Und wenn die deutsche Regierung weiter zu freundlich zur Deutschen Telekom sei, sehe man sich vor Gericht.

    Welt am Sonntag (WamS): Frau Reding, Sie kämpfen seit einiger Zeit gegen zu hohe Mobilfunkgebühren im Ausland. Viel Erfolg hatten Sie nicht.

    Viviane Reding: Sie haben leider recht. Vor 6 Monaten haben wir angekündigt, daß wir eingreifen, wenn sich an den Preisen nichts ändert. Und es hat sich so gut wie gar nichts geändert. Es gibt Länder, in denen zahlen Sie für ein Vier-Minuten-Gespräch mehr als 10 Euro.

    Resolute Luxemburgerin
    Aus: Welt am Sonntag, 26.3.2006.
    KOMMISSARIN
    Viviane Reding wurde in Luxemburg geboren und studierte an der berühmten Pariser Sorbonne. Sie hat mehr als 20 Jahre als Journalistin für die Tageszeitung Luxemburger Wort gearbeitet, 12 Jahre lang war sie außerdem Präsidentin des Luxemburger Journalisten- Verbandes.

    Ihre politische Karriere begann Reding 1978 als Abgeordnete im Luxemburger Parlament. 1989 wurde sie Mitglied des Europäischen Parlaments, 10 Jahre später dann Mitglied der Europäischen Kommission, in der sie für Erziehung, Kultur, Jugend, Medien und Sport zuständig war. Seit 2004 ist sie Kommissarin für Medien und Informationsgesellschaft.

    REGULIERUNG
    Für Telekommunikationskonzerne ist Reding eine ungemütliche Kommissarin. Zum einen will sie die Mobilfunkbetreiber in der Europäischen Union zwingen, die Gebühren zu senken, die sie von EU-Ausländern außerhalb von deren Heimatländern verlangen. Künftig sollen diese Roaminggebühren im Ausland höchstens so hoch sein wie die Preise im Inland. Zum anderen geht Reding gegen die Regulierungsfreistellung der Deutschen Telekom an, die diese für den Bau ihres neuen Hochgeschwindigkeitsnetzes verlangt.

    WamS: Was machen Sie jetzt?

    Reding: Ich werde in der kommenden Woche Details für eine EU-Verordnung vorlegen, dann beginnt die Konsultationsphase. Noch vor dem Sommer wird es einen detaillierten Verordnungsentwurf geben.

    WamS: Wann sinken dann die Preise?

    Reding: Erst einmal müssen der Ministerrat und das Europäische Parlament zustimmen. Da es eine Verordnung ist, muß sie nicht in nationales Recht umgesetzt werden, sondern ist sofort gültig. Ich denke, das wird alles schnell geschehen, so daß der Sommerurlaub im nächsten Jahr schon wesentlich billiger sein könnte.

    WamS: Um wieviel billiger?

    Reding: Unsere Regelung wird vorsehen, daß beispielsweise ein Deutscher in Frankreich mit seinem Handy nicht teurer telefoniert als ein Franzose. In einigen Ländern bedeutet das einen Preissturz von mehr als 80 Prozent. Wir schreiben aber keine Preise vor. Auch wenn Sie hier in Brüssel von Ihrem Freund aus Deutschland angerufen werden, bezahlen Sie derzeit für das Gespräch auch noch mit, obwohl Sie ja angerufen werden. Das ist doch unsinnig.

    WamS: Trotzdem beginnen Sie damit die Regulierung des Mobilfunks.

    Reding: Die Mobilfunkbetreiber haben die Tür dafür selber aufgestoßen. Ich habe sie mehrfach aufgefordert, die Preise zu senken.

    WamS: In Deutschland steuern Sie auf einen weiteren Konflikt zu. Die Deutsche Telekom will für mehr als 3 Milliarden Euro ein Hochgeschwindigkeitsnetz bauen, wenn sie damit aus der Regulierung fällt. Sie haben Bedenken angemeldet. Verhindern Sie nicht Investitionen?

    Reding: Nein. Wir wollen doch ein neues Monopol verhindern. Die Telekom hatte bis Ende 2005 de facto ein Breitband-Monopol, weil der Markt überhaupt nicht reguliert wurde [Ed: vor allem wg. der absoluten Unfähigkeit der Regulierungsbehörde]. Wozu hat das geführt? Deutschland ist heute einer der Breitbandmärkte, die am wenigsten Wettbewerb haben, und steht als hochentwickeltes Land bei der Marktdurchdringung mit Breitbandanschlüssen beschämend im europäischen Mittelfeld. Das ist doch schon ein Beleg dafür, daß sich Monopole nicht zur Erschließung eines Marktes eignen.

    WamS: Das Bundeswirtschaftsministerium will der Telekom trotzdem eine Regulierungsausnahme ermöglichen. Was werden Sie tun?

    Reding: Ich hoffe, daß man zur Vernunft kommt [Ed: hm, bei dem Personal...].

    WamS: Gibt es Signale aus dem Wirtschaftsministerium?

    Reding: Ich hoffe, daß Wirtschaftsminister Michael Glos mit mir Kontakt aufnimmt und daß wir auf Chefebene diskutieren.

    WamS: Was passiert, wenn das Gesetz in Deutschland so verabschiedet wird?

    Reding: Dann wird die EU-Kommission vor den Europäischen Gerichtshof ziehen.

    WamS: Ein Vertragsverletzungsverfahren dauert Jahre. In dieser Zeit könnte längst ein Monopol entstehen.

    Reding: Sobald das Verfahren läuft, können die Telekom-Wettbewerber parallel dazu auch deutsche Gerichte anrufen und den Bau des Netzes stoppen. Im übrigen könnten sie das heute schon, weil wir festgelegt haben, daß der Breitbandmarkt zu regulieren ist. Damit gibt es auch eine grundsätzliche Zugangsverpflichtung.

    WamS: Die vom Telekommunikationsgesetz ausgesetzt werden kann.

    Reding: Es ist dann egal, was das deutsche Gesetz sagt, weil in diesem Fall europäisches Recht vorgeht. Sehen Sie, ich bin Hüterin der europäischen Verträge. Und die wurden, wenn ich mich nicht irre, auch von Deutschland unterschrieben. Europäisches Recht gilt auch für Deutschland.

    WamS: In ländlichen Regionen lohnt es sich für kommerzielle Anbieter häufig nicht, Breitbandzugänge anzubieten. Wollen Sie das ändern?

    Reding: Wo sich normaler Wettbewerb nicht lohnt, muß man andere Wege finden.

    WamS: Sie würden auch staatliche Beihilfen akzeptieren?

    Reding: Natürlich. Aber nur dort und nur so lange, wo der Markt nicht funktionieren kann.

    WamS: Gibt es dafür Geld aus Brüssel?

    Reding: Ja.

    WamS: Nennen Sie uns eine Summe?

    Reding: Nein. Es gibt dafür ja kein eigenes Budget. Aber die EU-Staaten können die Struktur- und Regionalfonds und den Fonds zur ländlichen Entwicklung anzapfen.

    WamS: Ist Ihr Ziel also eine garantierte Grundversorgung?

    Reding: Das wäre ein Schritt zu weit. Ich will möglichst viel Wettbewerb. Und nur dort, wo er sich nicht lohnt, müssen wir für die Bürger anders eingreifen.

    WamS: Die Kommunikationsindustrie ist extrem schnell und innovativ. Kann Regulierung aus Brüssel da überhaupt mithalten?

    Reding: Wir regulieren nicht die Technologie, sondern den Markt. Wir sind dafür da, den Markt zu öffnen. Wo Wettbewerb herrscht, sinken die Preise. Nur so setzen sich Technologien durch.

    WamS: Wie lange müssen die Telekommunikationsmärkte denn überhaupt noch reguliert werden?

    Reding: Wir regulieren, um zu deregulieren. Wenn wir erfolgreich sind, machen wir uns überflüssig.

    WamS: Wann wird das sein?

    Reding: Einige Märkte sind schon aus der Regulierung herausgenommen worden, wie die Auslandsgespräche aus dem deutschen Festnetz. Im Sommer werde ich weitere Vorschläge machen.

    WamS: In Großbritannien wird die British Telecom gerade teilweise aus der Regulierung entlassen, weil sie eine eigene Netzgesellschaft ausgelagert hat. Ist das ein Modell für Europa?

    Reding: Die britische Lösung ist ein gutes Beispiel, wie man zu mehr Infrastrukturwettbewerb kommen kann [Ed: und den deutsche Politiker Anfang der 90er-Jahre – gegen den Rat von Experten – von vornherein nicht wollten, zum Beispiel eine solche Netzgesellschaft]. Aber jeder Staat und jeder Markt ist anders.



    N E T   N E U T R A L I T Y

    Battle for the Web

    Tim Berners-Lee, chief architect of the World Wide Web, says his world-changing invention would no longer be an "open information space" if broadband providers abandoned the principle of Net neutrality.

    Aus:
    Toronto Star, Kanada, 28. März 2006, 12.10 Uhr MESZ (Internet=The Net). [Original] [Translation-Service]

    In an interview with the Toronto Star, Berners-Lee said he's "very concerned" about talk from major North America phone and cable giants about their desire to collect so-called Web tolls from content suppliers and e-commerce companies that want assured access to broadband subscribers.

    "It stops being the Net if a supplier of downloaded video pays to connect to a particular set of consumers who are connected to a particular cable company. It would no longer be an open information space," Berners-Lee, 50, told the Star.

    "The whole point of the Web is when you arrive it's more or less the same for everybody. That integrity is really essential. (...) I'm very concerned."

    His comments come as a major public-policy debate on net neutrality rages in the United States and, in Canada, is just beginning to heat up.

    Proponents of Net neutrality, a list that includes online giants Google, Microsoft Inc. and Amazon.com, argue broadband providers are gatekeepers of the Internet that shouldn't be permitted to favour one content provider or application over another. They collectively resist the idea of a tiered Internet – where how much one pays determines the level of access to an online consumer – arguing it would stymie online innovation.

    On the flip side, AT&T Inc., Comcast Corp. and other "carriers" say they need to be compensated for expensive upgrades to their networks, which are being overwhelmed with bandwidth-hungry services and applications, such as online video.

    The issue has captured the attention of the U.S. Congress, and a bill – the Internet Non-Discrimination Act of 2006 – has already been introduced that would mandate Net neutrality. In Canada, a telecom policy review panel vaguely drew attention to the issue in its report to government last week.

    Berners-Lee, who launched the world's first website on Aug 6, 1991, said it's crucial for the carriers to remain disinterested if the full potential of the Internet is to be realized.

    "I think the moment that they begin introducing a co-relation between different services, then it's a slippery slope. (...) The rot sets." He said the "horror scenario" is a time when computers are so cheap they're given away as promotional items, complete with their own operating system, browser and built-in Internet service ‹ all biased towards specific products and businesses.

    He gives the examples of a shoe store

    "The place you buy your shoes has been decided by the search engine, and the search engine was been decided by the browser, which has been decided by the operating system, which has been decided by the computer," he said. "If those things are kept independent, it's working. But if a company gets into a very strong position of having a vertical supply through the market, and has all these things tied up together, then your choice of shoes is dictated by your choice of computer."

    Google executive Vint Cerf, who developed many of the early software protocols that underpin the Internet, told a U.S. Senate committee on Feb. 7 that the principle of Net neutrality is core to the very existence of the Web and subsequent innovations.

    "A generation of innovators – like Tim Berners-Lee with the World Wide Web, Yair Goldfinger with instant messaging, David Filo and Jerry Yang with Yahoo, Jeff Bezos with Amazon, and Larry Page and Sergey Brin with Google – were able to offer new applications and services around the world (...) without paying exorbitant carrier rents to ensure that their services were seen online," Cerf said. "And we all have benefited enormously from their inventions."

    British born Berners-Lee, more than any, has promoted the concept of an open Internet. He never patented or collected a penny from his invention, preferring instead to freely distribute the software that eventually spawned a vast network of millions of websites connected by hypertext links. In doing so, he laid a foundation that changed the economy and made billionaires out of those who followed.



    Deutsche Telekom will durch Zukauf in Ungarn expandieren

    Aus:
    Yahoo Finanzen, 28. März 2006, 17.40 Uhr MESZ (Telekommunikation). [Original]

    BERLIN (Dow Jones). Die Ungarn-Tochter der Deutschen Telekom AG will ihr Geschäft am Inlandsmarkt ausbauen. Zu diesem Zweck habe die Magyar Telekom Rt ein Gebot für den Wettbewerber Invitel Rt abgegeben, sagten mit dem Vorgang vertraute Personen Dow Jones Newswires am Dienstag [28.3.2006].

    "Magyar gehört zu den Bietern", sagte eine an dem Verkaufsprozess beteiligte Person. Die Auktion komme wie geplant voran. Zur Höhe der Offerte der Telekom-Tochter wollte die Person nichts sagen. Ebensowenig wollte sie die übrigen Bieter namentlich nennen. Unternehmenssprecher von Deutsche Telekom, Magyar und Invitel wollten sich auf Nachfrage von Dow Jones Newswires nicht dazu äußern.

    Invitel ist den Angaben zufolge der zweitgrößte Festnetzanbieter Ungarns und wird von Analysten mit bis zu 500 Mio EUR bewertet. Sie habe 2005 ein EBITDA von 82,4 Mio EUR erzielt. Zum Verkauf gestellt wurde das Unternehmen von seinen Anteilseignern AIG Emerging Europe Infrastructure Fund und GMT Telecommunications Partners Ltd.

    Telekom-Vorstandsvorsitzender Kai-Uwe Ricke hatte Osteuropa jüngst als eine wichtige Region für die Expansion des Konzerns bezeichnet. An Magyar, dem größten Telekomunternehmen Ungarns, hält die Deutsche Telekom 59 %.



    Rüttgers wirbt für VDSL-Investitionen der Telekom in Brüssel

    Aus:
    Yahoo Finanzen, 28. März 2006, 17.43 Uhr MESZ (VDSL-Netz). [Original]

    BRÜSSEL. Die Deutsche Telekom erhält im Streit mit der EU-Kommission um milliardenschwere Investitionen in sehr schnelle Datenautobahnen Unterstützung von Nordrhein-Westfalen. Regierungschef Jürgen Rüttgers (CDU) warb am Dienstag [28.3.2006] bei der EU-Kommission dafür, die Telekom in einer Anfangszeit von der Überwachung durch die Aufsichtsbehörde für fairen Wettbewerb freizustellen. Zwischen der Kommission und der Bundesregierung ist der Streit um diese Pläne inzwischen eskaliert. Die EU-Wettbewerbshüter wollen eine Freistellung verhindern, da sie sonst eine Monopolstellung des Unternehmens auf diesem Markt befürchten.

    Die Telekom will 3 Milliarden Euro in ein Glasfasernetz investieren, das den Datenaustausch deutlich beschleunigen soll. Der Konzern pocht auf eine vorübergehende Freistellung von der Regulierung, damit sich die Ausgaben rentieren. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) steht hinter der Forderung des Unternehmens.

    Rüttgers sagte, von den Plänen der Telekom werde das Bundesland – und vor allem das Ruhrgebiet – profitieren. Es mache keinen Sinn, die Telekom zu zwingen, der Konkurrenz ihre Leitungen zu regulierten Preisen zur Verfügung zu stellen. "Das kann man von keinem Unternehmen verlangen", sagte der Ministerpräsident "Wir setzen uns als Landesregierung schon seit Monaten dafür ein."



    Europäische Telekombranche will Internet-Gebühren verlangen

    Aus:
    Yahoo Finanzen, 29. März 2006, 7.24 Uhr MESZ (Netzneutralität). [Original]

    LONDON (Dow Jones). Einige der großen europäischen Telekommunikationskonzerne wollen einem Zeitungsbericht zufolge profitablen Internet- Unternehmen wie der Google Inc die Verbreitung von Inhalten über ihr Netz in Rechnung stellen. Unternehmen wie die Deutsche Telekom AG oder die Telecom Italia SpA wollen sich auf diese Weise Milliardeninvestitionen für den Ausbau der europäischen Breitbandnetze wieder zurückholen, schreibt die Financial Times (FT) in ihrer Dienstagausgabe [28.3.2006].

    Die Internet-Unternehmen halten unterdessen dagegen, dass derartige Gebühren den Gedanken des freien Zugangs, auf dem die Entstehung des Internets basiert, unterminieren würde. Außerdem würde so weitere Innovation unterbunden.

    "Wir alle sind besorgt über den zunehmenden Wettbewerb und haben das Thema bei der Europäischen Kommission zur Sprache gebracht", sagte Ricardo Perissich, zuständig für regulative Angelegenheiten bei der Telecom Italia, zu der Zeitung. Laut FT handelt es sich bei der Forderung um eine Reaktion der Telekommunikationsbranche auf die Neuordnung der Marktregulierung durch die EU-Behörde. Die Unternehmen sollen in den kommenden 3 bis 4 Jahren rund 80 Mrd EUR in den Ausbau des Hochgeschwindigkeitsnetzes investieren.



    Ist die Telekom noch zu retten?

    Aus:
    Heise-Newsticker, 29. März 2006, 12.27 Uhr MESZ (Unternehmen). [Original]

    BONN/HANNOVER (wst/Technology Review). Zehn Jahre nach der offiziellen Liberalisierung kommt die Deutsche Telekom zunehmend unter echten Wettbewerbsdruck. Dieser entsteht durch neue Techniken wie Wimax oder Voice-over-IP (VoIP), aber auch durch Anbieter aus der Kabel-TV-Branche, die nach langer Restrukturierung wieder Fuß fassen. Dazu gesellt sich eine wachsende Bedrohung aus dem politischen Raum, berichtet Technology Review in seiner neuen Ausgabe.

    Im vergangenen Jahr verlor die Deutsche Telekom bereits 1,5 Millionen Telefonanschlüsse, der Gesamtumsatz im Inland sank trotz Millionen neuer DSL-Anschlüsse. Die Kunden wandern ab zu alternativen Netzbetreibern, Mobilfunkanbietern und zunehmend auch zu Kabel-TV-Firmen, die ihre Netze internetfähig gemacht haben. Deren Verband erwartet bis Ende dieses Jahres mindestens 1 Million Internetkunden – eine Verdreifachung gegenüber 2005.

    Der Telekom macht dabei zu schaffen, dass sich mit VoIP die Dienstleistung – das Verbinden von Gesprächsteilnehmern also – vom Netz trennen lässt; wer ohne Telekom zu einem schnellen Internet- Zugang kommt, braucht sie also auch zum Telefonieren nicht mehr. Als Anbindung sind auch schneller Mobilfunk über UMTS sowie WLAN, Wimax oder noch kommende Funktechniken denkbar. Frequenzen dafür dürften noch in diesem Jahr vergeben werden.

    Zudem könnten schnellere Internet- Zugänge zum Politikum werden: "Breitband wird immer weniger als Markt angesehen, denn als Mittel der gesellschaftlichen Entwicklung", sagt James Enck, Analyst bei Daiwa Securities. Er verweist auf Initiativen wie in Amsterdam oder London, wo Bürger unter Regierungsbeteiligung Glasfaseranschlüsse ins Haus gelegt werden. Auch in Deutschland laufen auf kommunaler Ebene bereits mindestens 2 derartige Projekte.

    Große Hoffnungen setzt die Telekom vor diesem Hintergrund in ihr eigenes schnelleres DSL-Netz. Ihre Forderung, es von der Regulierung auszunehmen, wird aber auch von neutralen Beobachtern als unangemessen angesehen: Das Ansinnen wirke wie ein "Rückschritt in Denkstrukturen, die eigentlich schon überwunden schienen", sagt Karl-Heinz Neumann, Geschäftsführer des Wissenschaftlichen Instituts für Infrastruktur und Kommunikationsdienste.

    Mehr über die Bedrohung für die Deutsche Telekom und ihre Bemühungen um eine Gegenstrategie lesen Sie in der Titelgeschichte der aktuellen Ausgabe von Technology Review. Sie ist ab dem 30. März im gut sortierten Zeitschriftenhandel oder portokostenfrei online erhältlich.



    Grüne wollen Netz-TV nicht wie klassisches Fernsehen reguliert wissen

    Aus:
    Heise-Newsticker, 31. März 2006, 9.25 Uhr MESZ (IPTV). [Original]

    STRASBOURG (jk/c't). Medienexperten der grünen Fraktion im EU-Parlament machen sich im anlaufenden Verfahren zur EU-Fernsehrichtlinie gegen eine Übertragung von Regeln etwa zum Jugendschutz vom traditionellen TV-Bereich auf das Internet stark. Gleichzeitig treten sie vehement gegen die von der EU-Kommission geplante Legalisierung von Product Placement ein. Diese beiden Leitlinien vertraten Helga Trüpel, Vize-Präsidentin des Kulturausschusses des EU-Parlaments, sowie Rebecca Harms, Mitglied im Industrieausschuss, in einem Gespräch mit heise online über die umstrittene Anpassung der Direktive "Fernsehen ohne Grenzen" ans digitale Zeitalter. Die Abgeordneten werden in den nächsten Wochen mit der Beratung des Kommissionsvorschlags in den Ausschüssen beginnen. Eine Anhörung von Interessensvertretern ist für Anfang Juni in Brüssel anberaumt.

    "Wir wollen nicht die gleiche Regelungsdichte für audiovisuelle Inhalte im Internet wie im klassischen Fernsehen", betonte Trüpel. Die von der Kommission vorgeschlagene Ausweitung des Rahmens der Richtlinie auf "Mediendienste" ergebe im Zeitalter der viel beschworenen Konvergenz der Geräteplattformen und Inhalte zwar Sinn. Dabei müsse man aber weiter zwischen einzelnen Angeboten unterscheiden. "Bei Video-on-Demand etwa bin ich mein eigener Programmdirektor", erklärt die Grüne. Die Autonomie des Verbrauchers sei damit viel größer als bei den nach wie vor "linearen Programmen" des Fernsehens. Ein Überstülpen von Auflagen für TV-Sender auf Internet- Anbieter komme auch daher nicht in Frage, da damit Eingriffe in die Presse- und Informationsfreiheit verbunden wären.

    Gerade beim Jugendschutz, wo Medienkommissarin Viviane Reding über das Prinzip der kontrovers diskutierten Koregulierung von Staat und Wirtschaft nationale Vorgaben vereinheitlichen will, hält Harms vor allem eine Stärkung der reinen Selbstregulierung der Anbieter für sinnvoll. Aus ihrer langjährigen Erfahrung beim NDR habe sie gelernt, dass der staatlichen Hand "hier generell Grenzen gesetzt sind". Immer neue Jugendschutzbestimmungen oder Selbstverpflichtungen der Wirtschaft hätten in den vergangenen Jahren nicht verhindert, dass über die Mattscheibe immer mehr Gewaltdarstellungen und Pornographie verbreitet würden. Am wichtigsten sei daher "eine gute Erziehung der Kinder" und die Verbesserung der Medienkompetenz. Jugendliche müssten befähigt werden, selbst eine begründete Auswahl zu treffen. Persönlich glaubt Harms auch nicht daran, dass "die Entwicklung von Heranwachsenden direkt vom Konsum von Medienprogrammen abhängt".

    Klar positionieren sich die beiden Abgeordneten gegen das Vorhaben der Kommission, ein im Vor- oder Abspann von TV-Produktionen aufgeführtes Product Placement im Unterschied zur gänzlich unerwähnt bleibenden Schleichwerbung zu erlauben. "Wir treten für die absolute Trennung von Inhalt und Programm ein", betonte Trüpel. Das Argument Redings, dass eine offizielle Freigabe gezielter Produktplatzierungen zu Werbezwecken unabhängige Produzenten und Filmemacher stärke, ist ihrer Ansicht nach nicht stichhaltig. Wie eine interne Grünen- Anhörung ergeben habe, würden die Sender nach einer Freigabe von Product Placement wohl von den autonomen Kreativen verlangen, dass sie selbst Geld auf diese Weise mit in Projekte bringen sollten. Insgesamt werde der Werbekuchen ja nicht größer, sondern es drohe nur eine problematische Umverteilung. Trüpel sorgt sich ferner um einen starken "Druck auf Drehbuchautoren, zu Werbeskriptschreibern zu werden".

    Statt mit Product Placement wollen die Grünen unabhängigen Produzenten mit einer über die Richtlinie voranzutreibenden Rückbesinnung der öffentlich-rechtlichen Sender auf ihren Programmauftrag und auf Qualitätssicherung zu mehr Aufmerksamkeit und Einkommen verhelfen. In Frankreich etwa hätten die selbstständigen Kreativen im Staatsfernsehen deutlich mehr Anteile an den Sendeplätzen als in Deutschland, gibt Harms zu bedenken. In diesem Bereich hält sie eine Harmonisierung der Situation in den Mitgliedsstaaten für sinnvoll, um den Quotendruck abzumildern. Einen "Generalangriff" auf die Öffentlich- Rechtlichen, wie ihn die mit dem Privatfernsehen aufgewachsene Luxemburgerin Reding in frühen Zeiten vorbereitete, lehnen die Grünen strikt ab.

    Weiteren Diskussionsbedarf sehen die Medienpolitikerinnen bei der Haltung der Kommission, auch Online-Computerspiele unter den Regulierungsbereich der Richtlinie fallen zu lassen. Es sei fraglich, ob übers Internet gespielte Games tatsächlich Kriterien wie "Massentauglichkeit" und "hauptsächliche Darstellung audiovisueller Inhalte" erfüllen würden. Andernfalls drohe eine enge Kontrolle etwa des noch jungen Sektors der "In Games"-Werbung. Zumindest das in Deutschland heiß diskutierte und von der grünen Bundestagsfraktion abgelehnte Verbot von "Killer-Spielen" sei aber noch nicht auf der Brüsseler Agenda.

    Die für die Richtlinie zuständige Parlamentsberichterstatterin, Ruth Hieronymi, hat derweil einen ambitionierten Zeitplan für die Debatte abgesteckt. Der CDU-Abgeordneten zufolge soll die Revision "noch in diesem Jahr abgeschlossen werden". Dabei seien inhaltliche Kernpunkte der ursprünglichen Direktive "unverändert" zu lassen. "Dazu gehören das Herkunftslandprinzip, der Jugend- und Verbraucherschutz, klare Werberegeln und die gezielte Förderung europäischer Inhalte", erklärte die medienpolitische Sprecherin der konservativen Volksparteifraktion. Allein erforderlich sei eine Anpassung, wonach "gleiche Inhalte, sofern sie relevant für die öffentliche Meinungsbildung in Bild und Ton sind, unabhängig von der Übertragungstechnik rechtlich auch gleich zu behandeln sind". Zu klären ist ihrer Ansicht nach vor allem auch die präzise Abgrenzung der audiovisuellen Mediendienste etwa zum elektronischen Handel und die Sicherung der Trennung von Werbung und Programm.




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