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Zeit der Einsamkeit
Kai-Uwe Ricke hat die Telekom saniert, sich aber zu wenig um die Kunden gekümmert. Die laufen jetzt weg und der Konzernchef bangt um seinen Posten.
Aus: Berliner Zeitung, 28. August 2006, Seite 3 (Kommentar). [Original]BERLIN. Es ist die Ruhe, die am gefährlichsten ist. Seit Wochen kämpft Kai-Uwe Ricke gegen ein übles Gerücht. Es besagt, dass der 44-jährige Chef der Deutschen Telekom demnächst abgelöst werden soll. Doch alle schweigen. Der Bundesfinanzminister, der als Vertreter des größten Anteilseigners dazu eigentlich etwas sagen müsste, hält sich bedeckt. Auch der Telekom-Aufsichtsratsvorsitzende Klaus Zumwinkel rührt sich nicht. Niemand stellt sich schützend vor den Telekom-Chef. Nur einer, der bisher selten das Wort erhoben hat, redet unentwegt: Kai-Uwe Ricke. "Unsere Erfolgsstory geht weiter", sagt der Mann an der Spitze von Europas größtem Telefonkonzern trotzig.
Ricke meint es ernst. Er ist ein Optimist, durch und durch. Er glaubt an die Menschen. An das Gute, das zum Schluss immer gewinnt. Und er glaubt besonders an seine Führungsmannschaft. Er sei ein Teamplayer, sagt der Hobby-Segler immer wieder von sich. Jemand, der erst einmal zuhört und dann entscheidet. Seinen Job als Chef der sechsköpfigen Telekom-Vorstandsrunde sieht Ricke zum Gutteil darin, ausgleichend zu wirken, zu moderieren, widerstreitende Interessen in gemeinsame Beschlüsse zu verwandeln.
Bis zuletzt hat dieser sanfte Führungsstil, der ihm den Ruf eines Zauderers eingebracht hat, scheinbar gut funktioniert. "Wir haben die stärkste Bilanz und das beste Ergebnis, das jemals von der Deutschen Telekom vorgelegt wurde", sagt Ricke stolz am 2. März diesen Jahres auf der Bilanzpressekonferenz in Bonn. 5,6 Milliarden Euro hat die Telekom 2005 verdient. Der Umsatz kratzt erstmals an der 60-Milliarden-Euro-Marke. Als im April der US-Finanzinvestor Blackstone dem Bund 4,5 Prozent der Telekom-Aktien abkauft, steigt auch der Börsenkurs. Aber schon zu dieser Zeit täuschen die Zahlen über den Zustand des Unternehmens hinweg.
Telekom-Chef Ricke ist im März auf dem Zenit seiner Karriere angelangt. Endgültig scheint er aus dem Schatten seines Vorgängers Ron Sommer herausgetreten zu sein. Im November 2002 an die Spitze der Telekom berufen, gilt der in rheinischen Krefeld geborene Ricke zunächst nur als zweite Wahl. Ihm wird kaum zugetraut, mit den Hinterlassenschaften der Ära Sommer aufzuräumen. Er wird als Zögling seines Vorgängers gesehen. Misstrauen erweckt auch Rickes Elternhaus: Sein Vater Helmut war einst der erste Chef der aus dem Staatsbetrieb Deutsche Bundespost hervor gegangenen Telekom. Verdankt der Sohn seinen Aufstieg nur den guten Beziehungen des Vaters und der Förderung des Vorgängers?
Es ist Ron Sommer, der Kai-Uwe Ricke Anfang 2000 in den Telekom-Vorstand holt. Als Chef der Mobilfunk-Tochter T-Mobile fädelt Ricke kurz darauf den 50 Milliarden Dollar teuren Kauf der US-Handynetzbetreiber Voicestream und Powertel mit ein ein Deal, der sich für Sommer bitter rächt: Der Schuldenberg der Telekom steigt wegen des Geschäfts auf astronomische 70 Milliarden Euro. Gleichzeitig bricht der Kurs der Volksaktie Telekom ein. Millionen Kleinanleger rebellieren im Bundestags-Wahljahr 2002. Ron Sommer muss gehen.
Doch Ricke erweist sich als überraschend erfolgreicher Sanierer. Im Tandem mit Finanzvorstand Karl-Gerhard Eick baut er binnen 2 Jahren den Schuldenberg der Telekom um die Hälfte ab. Regierte Sommer einst wie ein Sonnenkönig, leitet sein Nachfolger eine Dezentralisierung der Telekom-Geschäftsbereiche ein. Jeder seiner Vorstandskollegen darf weitgehend selbst in seinem Bereich schalten und walten. Nur das Ergebnis soll zählen. Die Stimmung ist gut im Vorstand der einst so stocksteifen Telekom. Man duzt sich sogar. Ricke spricht in der Öffentlichkeit von "Karlchen", wenn er Finanzchef Karl-Gerhard Eick meint. Der gibt das Wort zurück an "den Kai".
Doch mit Rickes Kuschel-Kurs ist es spätestens seit dem 10. August vorbei. Da tritt der Einmeterneunzig-Mann mit den tiefen Augenhöhlen mit einer unangenehmen Botschaft an die Öffentlichkeit: Der Telekom gehe es schlechter als erwartet, sagt Ricke mit versteinerter Miene vor Börsenexperten und Journalisten in der Wellblech-verkleideten Konzernzentrale in Bonn. Die Gewinne sinken, die Umsätze steigen nicht so schnell wie erhofft. Von Januar bis Juni habe die Telekom 1 Million Festnetz-Kunden in Deutschland an die Konkurrenz verloren rund 170.000 pro Monat.
Es ist der Tag, an dem die Messer gewetzt werden. Finanzvorstand "Karlchen" Eick, heißt es plötzlich, stehe bereit, Ricke an der Konzernspitze abzulösen. Zwar erklärt Ricke in 2 internen E-Mails an alle Telekom-Mitarbeiter, das Gerücht sei eine Erfindung der Medien. Der gesamte Telekom-Vorstand stehe geschlossen hinter ihm, so Ricke. Doch das Gerücht lässt sich schwer wieder aus der Welt bringen. Und das hat Gründe: Karl-Gerhard Eick gilt nicht nur als ehrgeizig und durchsetzungsstark. Er hat zudem bereits 2002 versucht, Telekom-Chef zu werden. Der Schwabe unterlag damals Kai-Uwe Ricke. Ein Indiz für einen Putschversuch sehen Insider darin, dass der Telekom-Chef erst vergleichsweise spät vor dem bevorstehenden Gewinneinbruch warnte. Hat ihn also der stets über die Zahlen wohl informierte Finanzvorstand "ins Messer rennen lassen", wie Beobachter vermuten?
Dass ausgerechnet beim Großaktionär Blackstone die größte Unzufriedenheit über Rickes Arbeit und der Entwicklung des Telekom-Börsenkurses herrschen soll, nährt weitere Spekulationen. Schließlich wird der US-Finanzinvestor in Telekom-Fragen ausgerechnet von Ron Sommer beraten. Es heißt, vor allem Blackstone habe signalisiert, Ricke los werden zu wollen. Der Telekom-Chef, so wurde in die Öffentlichkeit kolportiert, habe keine überzeugende Strategie.
Dass Ricke sich solche Kritik zu Herzen nimmt, sieht man ihm an: Seit seinem Amtsantritt altert der Telekom-Chef im Zeitraffer. Die Haare ergrauen, das Gesicht wird faltiger. Manche lästern bereits über das "Totenkopf-Äffchen" an der Konzernspitze. Der fahle Auftritt des Konzernlenkers hat allerdings wenig damit zu tun, dass Ricke nicht weiß, wohin er die Telekom steuern muss. Dass es so nicht weiter gehen kann, ist ihm klar.
Seit Jahren verdient der Ex-Monopolist im Inland nur noch Geld, weil viele Festnetzkunden zu träge sind, überteuerte Telefon- und Internet- Anschlüsse zu kündigen. Die hohen Gewinne daraus steckt die Telekom in die Auslandsexpansion der Mobilfunktochter T-Mobile, die beständig für Umsatzsteigerungen und Zuwachs an Kunden sorgt. Doch dieser Zweiklang trägt nicht mehr: Im Ausland flacht das Wachstum ab, weil bald jeder ein Handy hat. Und im Inland holt die Konkurrenz bei DSL- und Telefonanschlüssen massiv auf.
Doch statt das Problem anzupacken, verlässt sich Ricke zu lange auf seine Mannschaft. Und da vor allem auf Walter Raizner, den Ricke 2004 beim IT-Konzern IBM abgeworben hat. Der stets lächelnd in der Öffentlichkeit auftretende Computermann hat zwar wenig Ahnung vom Telefongeschäft, führt aber die kriselnde Festnetzsparte T-Com. Raizner gilt als extrem raubeinig. Geschäftlich hat das die Telekom allerdings nicht weit gebracht: Die deutschen Festnetz-Kunden wechseln in Scharen zu den Mitbewerbern. Außer höheren Preisen hat ihnen T-Com nichts zu bieten.
Auch mit seinem 3-Milliarden-Euro-Prestige-Projekt, dem neuen Internet- Hochgeschwindigkeitsnetz VDSL, hat Raizner bisher wenig Fortüne. Das Netz funktioniert selbst Wochen nach dem Start der Bundesliga-Saison nicht. Streit hat Raizner auch mit Vorstands-Kollege René Obermann. Der T-Mobile-Chef wildert mit einem Vor-Ort-Handy-Tarif für die Wohnungsadresse im Revier von T-Com. Raizner kontert mit einem Festnetz-Telefon, das unterwegs funkt. In Vorstandssitzungen gehe es fast nur noch um die Frage, wer der beiden den höheren Werbeetat erhalte, berichtet ein Konzernkenner.
Telekom-Chef Ricke versucht lange Zeit mit guten Worten und Appellen, die Streithähne zu besänftigen. Ganz so, als sei er ein Zirkus-Dompteur, dessen Raubtiere außer Kontrolle geraten sind.
Doch nun muss Ricke handeln. Er weiß, es ist seine letzte Chance. Seit 3 Wochen bestellt er seine Vorstandskollegen laufend zum Rapport. Eine Sitzung jagt die andere. Das Management ist aufgescheucht. Ende dieser Woche will Ricke dem Aufsichtsrat angeblich einen radikalen Strategiewechsel zur Genehmigung vorlegen: Neue Internet-Angebote sollen die Telekom zu "Europas Flatrate-Anbieter Nummer Eins" machen. "Die paradiesischen Zustände für unsere Wettbewerber sind vorbei", macht sich Ricke selber Mut.
Das nötige Geld für die Billig-Angebots-Strategie will Ricke durch neue Sparrunden im Konzern holen. Über die bereits verkündete Streichung von 32.000 Stellen hinaus sollen erneut viele Jobs der weltweit insgesamt 240.000 Stellen wegfallen, vor allem in Deutschland. Den Vorständen Raizner und Obermann will Ricke zudem angeblich die Verfügung über ihre hunderte Millionen Euro schweren Marketingetats wegnehmen. Stattdessen soll der Konzern straff aus der Zentrale geführt werden.
Es wäre das Ende jener Strategie, die Kai-Uwe Ricke anfangs zu seinem Markenzeichen gemacht hat. Der Teamplayer muss es jetzt allein schaffen.
Telecom-Branche hofft auf IPTV
Aus: Heise-Ticker, 28. August 2006, 12.20 Uhr MESZ (IFA-News). [Original]BERLIN. Die Telecom-Branche hat nach dem Mobilfunkstandard UMTS einen neuen Hoffnungsträger gefunden: Dem lahmenden Inlandsgeschäft soll die Übertragung von Fernsehbildern über das Internet-Protokoll (IPTV) auf die Sprünge helfen. Die Deutsche Telekom setzt große Hoffnungen auf das Geschäftsfeld und hat sich dazu eigens die Übertragungsrechte für die Fußball- Bundesliga gesichert. Auch wenn bislang nur einige wenige Kunden das neue Angebot nutzen, zeigt sich Konzernchef Kai-Uwe Ricke vom Erfolg überzeugt. Rund 1 Million Kunden will er bis Ende kommenden Jahres für seinen neuen Dienst unter Vertrag nehmen. Experten sind weniger euphorisch.
Mit IPTV wollen die Telecomfirmen das Fernsehen neu erfinden. "Es entsteht hier nicht nur ein weiterer TV-Vertriebskanal, sondern ein neuer Markt für innovative Anwendungen", sagt Telekom-Vorstand Walter Raizner. Dabei denkt er etwa an "Video on Demand" also das Streamen und Herunterladen von Filmen, die der Anwender sich selbst aussucht; der TV-Zuschauer wird damit zum eigenen Programmdirektor. Die Telekom verspricht sich von dem neuen Geschäftsfeld zusätzliche Einnahmen, mit denen die Rückgänge im traditionellen Festnetzgeschäft ausgeglichen werden sollen. Die Preise und die Angebotspalette will der Konzern auf der Internationalen Funkausstellung (IFA) in Berlin präsentieren.
Den Einstieg in das neue Geschäftsfeld haben sich die Bonner viel kosten lassen. Für rund 3 Milliarden Euro baut die Telekom ein schnelles Glasfasernetz für VDSL-Anschlüsse beim Endkunden, worüber die neue Medienvielfalt transportiert werden soll und um dessen Herausnahme aus der Regulierung noch gestritten wird. Bislang sind 10 Ballungsgebiete angeschlossen 40 weitere sollen bis Mitte kommenden Jahres folgen. Neben der Telekom plant auch eine Reihe anderer Telecomfirmen den Einstieg ins IPTV. Experten warnen allerdings davor, zu große Hoffnungen in das junge Geschäft zu setzen. "Es ist das Fernsehen von morgen, aber es ist derzeit schwer, den Kunden den Mehrwert zu vermitteln", sagt Philipp Geiger von dem Beratungsunternehmen Solon [Ed: denn für normale Fernsehnutzer existiert er ja garnicht]. Die bisherige Entwicklung gibt ihm Recht: Mit 2 Millionen Nutzern weltweit sehen die Marktforscher von Gartner IPTV noch in den Kinderschuhen. Die Ausbreitung laufe unter den Erwartungen. Nach Einschätzung von Solon werden bis Ende 2010 in Deutschland etwa 2 Millionen Haushalte auf das Fernsehen über Internet zurückgreifen. "Ich würde keine Umsatzwartungen an IPTV knüpfen", sagt Solon-Experte Geiger.
Das Vordringen der Telecomkonzerne in das neue Geschäft ist auch eine Reaktion auf die Expansion der TV-Kabelnetzbetreiber. Diese rüsten derzeit ihre Netz auf, um damit Telefonie und Internet-Zugang über das TV-Kabel anbieten zu können. Mit günstigen Bündelangeboten von Telefonie, Internet und Medieninhalten nahm Marktführer Kabel Deutschland (KDG) der Telekom schon einige Kunden ab. Die Experten von Solon und Gartner bescheinigen den Kabelnetzbetreibern enorme Wachstumschancen durch den Einstieg in die Telefonie. Mit rund 50 Milliarden Euro ist der deutsche Telekommarkt rund 10-mal so groß wie das Mediengeschäft.
Ein wirkliches Wachstum können die Telecomfirmen also nur über eine Weiterentwicklung des Mediengeschäfts erreichen. Dies brauche seine Zeit, damit die Kunden die neuen Produkte, die es derzeit zum Teil noch gar nicht gebe, auch verstünden, sagt Geiger. "IPTV ist daher eher eine Langfrist-Strategie."
N E U E T K - M Ä R K T E ?Deutsche Telekom schließt Rückkauf eigener Aktien ab
Aus: Heise-Ticker, 28. August 2006, 13.24 Uhr MESZ (Unternehmen). [Original]BONN. Die Deutsche Telekom hat ihr Aktienrückkauf-Programm abgeschlossen. In den vergangenen Wochen seien knapp 63 Millionen eigene Anteilsscheine für 707 Millionen Euro erworben worden, teilte das Unternehmen mit. Dies entspricht rund 1,4 Prozent des Grundkapitals. Die Aktien sollen eingezogen und vernichtet werden. Das Unternehmen will dadurch eine Verwässerung des Gewinns vermeiden, die durch die Ausgabe neuer Aktien im Tausch für Titel von T-Online im Rahmen der Wiedereingliederung des Internet-Providers entstanden wäre.
Visionen aus der Besserungsanstalt
In Seoul präsentiert Telekom-Vorstand Walter Raizner neue Ideen für die kriselnde Festnetz-Sparte des Unternehmens. Doch während in Korea schnelle Internet-Verbindungen mittlerweile zum Standard gehören, wird in Deutschland immer noch über die Regulierung der neuen Hochgeschwindigkeits-Leitung VDSL gestritten.
Aus: Handelsblatt, Düsseldorf, 29. August 2006, 11.03 Uhr MESZ (IT + Medien). [Original]SEOUL (HB). Walter Raizner sagt, er wisse genau, wo die Reise für die Deutsche Telekom hingehen soll. In Korea, dem Musterland für schnelle Internet-Verbindungen, führt sie den Festnetzvorstand des Bonner Konzerns direkt ins Gefängnis. Nicht, dass er sich dort wegen der schlechten Performance seiner Sparte verhaften lassen will. Nein, er ist dort, um zu zeigen, wo die Zukunft liegt.
Das Anyang-Gefängnis im Großraum Seoul ist Pionier-Anwender einer vermeintlichen Zukunfts-Technologie der Telemedizin. In dem ungastlichen Zuchthaus mit niedrigen Decken steht die schwüle Augusthitze. Türen aus blauen Gitterstäben führen durch mehrere Gänge zu einem circa 15 Quadratmeter großen Raum, in dem Raizner die Lösung für seine Probleme gefunden haben will. Der Raum ist voll gestellt mit modernster Technik 3 PC-Bildschirmen, einer gigantischen Video-Leinwand und allerhand medizinischem Untersuchungsgerät. Dazu gehören Blutdruckmessgeräte, Stethoskope und Stäbchen, die dazu dienen, Rachen und Ohren auszuleuchten. Das Besondere an diesen Instrumenten: Sie sind alle online mit einem Krankenhaus in Seoul verbunden.
Die "Anyang Correction Institution", wie sich die Haftanstalt beschönigend nennt, besitzt keine Krankenstation. Die Gefangenen werden vor Ort untersucht anwesend sind ein Allgemeinmediziner und ein Helfer. Per Videokonferenz ist ein Facharzt aus dem Krankenhaus zugeschaltet, der die Daten der vernetzten Untersuchungsgeräte erhält und so seine Diagnose stellt.
"Das ist ganz klar ein neuer Markt", schwärmt Raizner. Schließlich sind für das Verschicken der Körperdaten per Internet hohe Übertragungsgeschwindigkeiten nötig. Würden die EU-Kommission und der deutsche Regulierer sich seiner Meinung anschließen, hätte der Vorstand der kriselnden Festnetzsparte T-Com ein Problem weniger. Denn dann bestünden gute Aussichten darauf, dass seine neuen Hochgeschwindigkeitsleitungen (VDSL) von der Regulierung verschont blieben. Der Streit darum hat sich bis auf die politische Ebene ausgeweitet, weil die Bundesregierung die Telekom gegen den Protest der EU unterstützen will. Im Herbst soll der Bundestag über eine entsprechende Kabinettsvorlage entscheiden.
t-off Kurz-Kommentar:
Aber klar doch:
Wir binden Kranken- häuser nur mit VDSL
und somit kümmerlichem Upstream an, anstatt richtig breitbandig mit FTTH.So lange will die Telekom aber nicht warten. "Wir müssen in den nächsten Wochen eine Entscheidung fällen", sagt Raizner in Seoul. Er fordert mindestens 5 Jahre lang einen Schutz vor Regulierung, sonst will er VDSL nicht weiter ausbauen. "Wir setzen auf die Bundesregierung", sagt er.
Innovationsvorstand Bernd Kolb ist ebenfalls um die halbe Welt geflogen, um Raizner in Seoul Schützenhilfe zu leisten. Er argumentiert, die Telekom mache bekannte Anwendungen mit ihrem neuen Netz massenmarktfähig. Schließlich würden Dienste wie das Herunterladen von Spielfilmen aus dem Internet erst dann genutzt, wenn es nicht mehr wie bislang Stunden dauere. "Wir werden aus einer technischen Option einen Markt machen, nicht umgekehrt", sagt Kolb.
Die Telekom hat eine Innovation wie VDSL bitter nötig. Zuhause, in Deutschland, ist die Lage nämlich verfahren. Im zweiten Quartal haben alle 3 Sparten Festnetz, Mobilfunk und Geschäftskunden Umsatz verloren. Konzernchef Kai-Uwe Ricke musste seine Umsatz- und Gewinnprognose für dieses und das kommende Jahr drastisch reduzieren und schickte die T-Aktie damit auf Talfahrt. Prompt kursierten Gerüchte, Anteilseigner wollten dem Telekom-Chef seinen Vertrag im Herbst nicht verlängern.
Aber auch Raizners Lage ist alles andere als komfortabel. "6,5 Prozent Umsatzminus lassen keinen Verantwortlichen gut schlafen", räumt er mit Blick auf die Halbjahreszahlen seiner deutschen Festnetzsparte ein. Dabei schläft er selbst vermutlich am schlechtesten. Schließlich hat er im ersten Halbjahr 1 Million Kunden verloren und damit die ohnehin bittere eigene Prognose von 750.000 Kündigungen noch übertroffen. "Raizner wird der erste sein, der gehen muss", heißt aus dem Umfeld der Telekom. Im fernen Seoul gibt sich der Festnetzvorstand aber gelassen: Er sei sicher, dass niemand im Telekom-Vorstand seinen Posten räumen müsse.
Was ist VDSL?
Aus: Handelsblatt, 29.8.2006. VDSL
VDSL ist die Abkürzung für "Very High Data Rate Digital Subscriber Line". Dahinter verbirgt sich eine Internet- Verbindung, die Geschwindigkeiten von bis zu 50 Megabit pro Sekunde erreicht. Eine gängige DSL- Verbindung in Deutschland liegt dagegen nur bei 2 Megabit pro Sekunde. VDSL soll komplexe Anwen- dungen wie Fernsehen in hochauflösender Qualität ermöglichen.Ausbau
Die Telekom hat VDSL bisher in 10 Städten eingerichtet. Weitere 40 will sie nur angehen, wenn sie allein über die Leitungen bestimmen darf. Andernfalls würde der Ausbau mit Investitionen in Höhe von etwa 2,5 Mrd. Euro unterbleiben und es fielen zusätzlich zum ohnehin geplanten Personalabbau 5 000 Stellen weg. EU und Bundesnetzagentur wollen die Telekom nur aus der Regulierung entlassen, wenn sie auf VDSL neue Produkte anbietet, die mit keiner anderen Technik laufen. Dann handele es sich um einen neuen Markt."Ich weiß genau, wo die T-Com im Jahr 2010 stehen muss und stehen wird", sagt er in einem Hochhaus über den Dächern von Seoul. Die kriselnde Festnetzsparte werde künftig der "Integrator" des Konzerns sein und neben Anschlüssen für Telefon, Internet und Fernsehen auch Mobilfunkdienste anbieten. Damit kommt Raizner seinem Kollegen René Obermann ins Gehege, dem Chef der Mobilfunktochter T-Mobile.
Der wiederum reagierte seinerseits auf die desaströse Halbzeitbilanz der Telekom. Im heimischen Bonn ließ er am Montag [28.8.2006] seinen Deutschland-Chef deutlich reduzierte Preise verkünden. Ein paar Stellschrauben hier und billigere Preise da werden die Telekom jedoch nicht aus dem Tal der Tränen retten. "Die Telekom muss mit Hochdruck an einer mittelfristig tragbaren Strategie arbeiten, um Umsatzverluste zu stoppen und neue Wachstumsfelder zu erschließen", fordert Arno Wilfert von der Unternehmensberatung Arthur D. Little.
Wachstum, da ist sich Raizner sicher, lässt sich nur durch Zukäufe realisieren. "Natürlich denkt die Telekom über die europäische Konsolidierung nach", sagt er. "Der Markt ist so überhitzt und überreizt", dass es ohne eine Bereinigung langfristig nicht möglich sei, "ein Geschäft mit vernünftiger Marge" zu betreiben. Doch auch mit ihrer Akquisitionspolitik agierte die Telekom bislang glücklos. So schnappte Telefónica ihr den begehrten Mobilfunker O2 vor der Nase weg.
Derweil will Innovationschef Kolb den Umsatzverlust mit neuen Internet-Diensten stoppen. Leuchtendes Vorbild ist für ihn natürlich Korea. Von dort will er einen Dienst namens "Cyworld" nach Deutschland importieren. Die Telekom ist daran bereits mit 10 Prozent beteiligt. Auf Cyworld können Nutzer eigene Homepages gestalten. 65 Prozent der Koreaner besitzen bereits ein solches virtuelles Schaufenster in ihr Leben. Ab Oktober will Kolb auch deutsche Kunden damit locken. Für ihn wird das Internet künftig ein Medium zum Mitmachen. Im Vorteil sei dabei der Anbieter, der über viele Kunden verfügt wie die Deutsche Telekom. Die aktuelle Krise ist Kolb für seine Zukunfts-Pläne nur recht. "Leidensdruck ist mein größter Verbündeter", sagt er. "In einer Organisation wie der Telekom gibt es viele Menschen, denen der Wandel zu schnell geht."
Kabel Deutschland rutscht in die roten Zahlen
Aus: Heise-Newsticker, 29. August 2006, 13.47 Uhr MESZ (Cable). [Original]MÜNCHEN (anw/c't). Investitionen für den Netzausbau und die Kundengewinnung haben Deutschlands größten Kabelnetzbetreiber Kabel Deutschland zum Start ins neue Geschäftsjahr in die Verlustzone gedrückt. Im ersten Quartal des Geschäftsjahres 2006/07, das mit dem März endete, sei nach Steuern ein Verlust von 15,8 Millionen Euro verbucht worden, nach einem Gewinn von 8,9 Millionen Euro im Vorjahreszeitraum, teilte das Unternehmen heute in München mit. Der Gesamtumsatz stieg um 5,8 Prozent auf 265,7 Millionen Euro.
Bei Internet, Telefon und TV-Programmpaketen sei die Zahl der Kunden gestiegen, heißt es weiter in der Mitteilung (DOC-Datei, 78 KByte). Die Zahl der Kabelanschlusskunden sei mit 9,573 Millionen zum 30. Juni 2006 im Vergleich zum Vorjahreswert 9,568 Millionen leicht angestiegen. Die Zahl der "Umsatz generierenden Einheiten" (RGU) bei digitalen Programmpaketen stieg von 267.000 auf 549.000. Bei den RGU sind auch auch Haushalte mit mehreren Einzelverträgen enthalten. Ihre Zahl erhöhte sich bei schnellen Internet- Zugängen und Telefonie über das Fernsehkabel um 15.000 auf 162.000 am Quartalsende.
"Kabel Deutschland hat in weniger als 2 Jahren den Einstieg in den Pay TV- und in den Telekommunikationsmarkt geschafft", meint Christof Wahl, Sprecher der Geschäftsführung bei Kabel Deutschland. Darauf werde sich das Unternehmen nicht ausruhen, denn "die großen Telekommunikationskonzerne drängen umgekehrt massiv in unseren Markt. Deshalb haben wir den Ausbau unseres Kabelnetzes für Internet und Telefonie noch einmal beschleunigt".
Studie: Durchbruch von IPTV in 3 Jahren erwartet
Aus: Heise-Ticker, 29. August 2006, 14.54 Uhr MESZ (Digital-TV). [Original]BERLIN. Das Fernsehen per Internet Protocol (IPTV), das hierzulande über DSL-Anschlüsse zu den Endkunden gebracht werden soll, gehört zu den großen Hoffnungen vor allem der großen Telekommunikationsfirmen. Doch erste "signifikante" Umsätze sind einer Studie des Technologie-Dienstleisters Accenture zufolge erst in 3 Jahren zu erwarten. Bis 2010 erwarten Experten ein "rasantes Wachstum" der Abonnentenbasis auf bis zu 25 Millionen mit einem Umsatz von rund 10 Milliarden US-Dollar.
Einem schnellen Durchbruch stünden allerdings hohe Gebühren für Netzzugang oder Zusatzgeräte entgegen, so die Meinung von 21 Prozent der Befragten. Preisgünstige Paketlösungen werden deshalb für 85 Prozent der befragten Netzbetreiber in den kommenden 12 Monaten eine wichtige Rolle bei der Kundengewinnung spielen. Von Video-on-Demand erwartet die Branche den größten Umsatzschub.
Als weitere Herausforderungen nannten 21 Prozent aller Befragten mögliche Qualitätsprobleme, 17 Prozent erwarten Probleme bei der Bereitstellung hochwertiger Inhalte. "Das Fernsehen per Internet stellt die Telekommunikations-, Medien- und Elektronik- Unternehmen vor große Herausforderungen, bietet ihnen aber auch faszinierende Möglichkeiten", sagte Accenture-Geschäftsführer Nikolaus Mohr.
Für die Studie hatte Accenture zusammen mit der Marktforschung Economist Intelligence Unit im Frühjahr 2006 insgesamt 302 Führungskräfte aus mit IPTV befassten Medien- und Technologieunternehmen aus 40 Ländern befragt.
M E D I E N F O R U M B E R L I N - B R A N D E N B U R GDSL ohne Telefonanschluß in Zukunft möglich
So günstig DSL-Angebote auch geworden sind, Voraussetzung ist bisher immer noch ein Telefonanschluß meistens von der T-Com. Diese unnötig teure Verbindung soll nach dem Willen der EU-Kommission wegfallen.
Aus: Berliner Morgenpost, 30. August 2006, 7.26 Uhr MESZ (nur elektronisch publiziert). [Original]FRANKFURT/MAIN (morgenpost.de). Ohne einen Telefonanschluss kein Breitbandzugang ins Internet diese feste Verbindung will die EU-Kommission auflösen, um den Wettbewerb weiter zu fördern. Die Brüsseler Behörde hat jetzt einen Vorschlag der Bundesnetzagentur gebilligt, wonach die Deutsche Telekom den DSL-Anbietern künftig einen IP-Bitstromzugang bereitstellen soll damit wird der DSL-Zugang zum Internet ohne gleichzeitigen Festnetzanschluss möglich.
Bis Ende September will die Bundesnetzagentur der Deutschen Telekom nach Angaben von Behördensprecher Rudolf Boll eine entsprechende Verfügung schicken. Die Umsetzung dieser Verfügung dürfte sich aber womöglich bis Anfang nächsten Jahres hinziehen. Das nackte DSL ohne Telefon ist vor allem im Interesse derjenigen DSL-Anbieter, die ohne eigenes Telefonnetz auskommen und ihre Breitbandprodukte in Zusammenarbeit mit den Netzbetreibern vermarkten. So günstig die DSL-Angebote auch geworden sind Voraussetzung ist immer noch ein Telefonanschluss, meist von der T-Com. Wenn dies wegfällt, können wir sehr viel flexibler DSL-Komplettpakete anbieten, sagt 1&1-Sprecher Michael Frenzel.
Der von der EU geforderte IP-Bitstromzugang würde nur noch die Technik des Telefonanschlusses nutzen. Splitter und DSL-Modem bleiben weiter an der Telefonbuchse angeschlossen, stellen die Internet-Verbindung dann aber auch ohne den bislang obligatorischen Festnetzanschluss her. Das würde der wachsenden Zahl von DSL-Nutzern entgegen kommen, die schon jetzt nicht mehr übers Festnetz, sondern mit Voice over IP übers Internet telefonieren.
Die Deutsche Telekom aber macht geltend, dass die Entkoppelung von DSL und Telefon keineswegs eine Garantie für mehr Wettbewerb sei, wie die Erfahrung in Spanien, Italien und Luxemburg zeige. Dort seien die Marktanteile des führenden Anbieters höher als in Deutschland, wo ein Anteil von 61,7 Prozent für die Deutsche Telekom ein Beleg für einen funktionierenden Wettbewerb sei, erklärt ein Telekom-Sprecher.
Es wird versucht, allen 25 Märkten in der EU dieselbe Regulierung aufzudrücken, kritisiert die Telekom das Brüsseler Vorgehen. Das ist ungefähr so, als ob allen 25 Ländern die gleiche Rechtschreibung aufgezwungen würde, obwohl sie unterschiedliche Sprachen sprechen. Gegen die neue Regulierung sind auch die anderen Festnetzbetreiber wie Arcor oder Versatel, die nicht nur viel Geld in den Netzaufbau gesteckt haben, sondern der Deutschen Telekom auch Miete zahlen für die Telefonanschlussleitung zur Überwindung der letzten Meile zu ihren Kunden.
Der eco-Verband der Internet-Wirtschaft, in dem sich mit Ausnahme der Deutschen Telekom viele Internet-Zugangsanbieter organisiert haben, begrüßt hingegen den Vorstoß der EU. Dies würde die Preise für die Breitbandnutzung weiter in Bewegung bringen, erwartet eco-Geschäftsführer Harald Summa. Vor allem aber sieht er im nackten DSL ohne Telefon eine Herausforderung für alle Marktteilnehmer, sich Gedanken zu machen, um attraktivere Produkte anzubieten. Dabei gehe es für die Breitbandanbieter darum, möglichst viele Kunden an sich zu binden. Denn die Einnahmen allein aus der DSL-Nutzung verlieren immer mehr an Bedeutung. Das Wachstum kommt über Mehrwertdienste, erklärt Summa.
Das Zauberwort dafür heißt Triple Play ein einziger Breitbandanschluss liefert künftig Internet, Fernsehen und Telefon. Damit die Datenleitung auch breit genug ist, soll es dafür eine neue Technik geben: VDSL (Very High Bitrate DSL) ist bei der Deutschen Telekom seit Anfang August in 10 Großstädten in Betrieb und bringt nach Unternehmensangaben das Programm von bis zu 100 Fernsehsendern als IP-TV ins Haus die Film- und Tondaten werden also für das Internet- Protokoll (IP) aufbereitet. VDSL kann in der Download-Richtung bis zu 50 Megabit pro Sekunde an Daten ins Haus schaufeln.
Auch bei dieser neuen Technik werde der IP-Bitstromzugang gefordert, solange VDSL durch andere DSL-Techniken substituierbar ist erklärt Bundesnetzagentursprecher Boll. Genau dies aber ist zurzeit heftig umstritten. Die Deutsche Telekom betrachtet die mit VDSL angebotenen Dienste als einen neuen Markt, der zum Schutz der Investitionen für mehrere Jahre von der Regulierung ausgenommen werden soll. Die Rechtsgrundlage dafür soll eine von der EU kritisierte Novelle des Telekommunikationsgesetzes (TKG) bringen, deren parlamentarische Beratung im Bundestag im September beginnt.
M E D I E N F O R U M B E R L I N - B R A N D E N B U R GZDF-Intendant: Grundverschlüsselung killt die publizistische TV-Seele
Aus: Heise-Newsticker, 30. August 2006, 16.33 Uhr MESZ (Digital-Medien). [Original]BERLIN (jk/c't). Auf dem Medienforum Berlin-Brandenburg lieferten sich Vertreter der öffentlich- rechtlichen und privaten TV-Sender sowie Plattformanbieter am heutigen Mittwoch eine heftige rhetorische Schlacht um die Zukunft der digitalen Medienordnung. "Das Fernsehen droht, seine publizistische Seele zu verlieren", zeigte sich ZDF-Intendant Markus Schächter in Berlin besorgt. "Es verlässt seinen gesellschaftlichen Auftrag und hat nicht mehr das Ziel, das Gespräch der Gesellschaft anzustacheln." ARD- Generalsekretärin Verena Wiedemann fürchtete gar, dass sich "unsere Demokratie grundsätzlich verändern wird". Jürgen Doetz, Präsident des Verbands Privater Rundfunk und Telekommunikation (VPRT), tat die Sorgen als "Popanz" in einer "Schattendiskussion" ab.
Die Gemüter erregt vor allem der angekündigte Start der Grundverschlüsselung bislang frei verfügbarer Fernsehprogramme. Den Anfang wollen die Sendergruppen RTL und MTV im Rahmen der "Dolphin"-TV-Plattform des Satellitenbetreibers SES Astra machen. Als Zeitpunkt für den Beginn der Umstellung wird momentan September nächsten Jahres gehandelt. Doch letzten Endes werde darüber "zum Großteil vom Bundeskartellamt bestimmt", erklärte Astra-Präsident Ferdinand Kayser auf dem Medienforum. Die Verschlüsselung sei "kein Selbstzweck, sondern der Beginn einer Periode, die hunderttausend Jahre dauern wird." Die viel beschworenen interaktiven Medienangebote müssten auch über Satellit abgebildet werden können, was in anderen westeuropäischen Märkten mit Ausnahme Großbritanniens schon der Fall sei.
Neben Astra pochen auch Mobilfunkanbieter beim Handy-TV auf eine Grundverschlüsselung. Wiedemann sprach daher von der Zusammenrottung mehrerer "Kartelle", die das Fernsehen den Regeln des Pay-TV "unterwerfen" wollen. Schächter skizzierte den Trend "vom allgemeinen Broadcasting zur individuellen Adressierbarkeit des Einzelnen". Ziel sei der "gläserne, zahlende Kunde". Fernsehen werde gemeinsam mit Telefonie und Internet "zum Triple-Play konfiguriert" "radikal als kommerzielles Geschäftsmodell" gedacht. In den Businessplänen der neuen Plattformanbieter sei nur noch von "Customer Relationship Management" und "Billing mit entsprechender Kundenkarte" die Rede, ereiferte sich der ZDF-Intendant und fühlte sich an zwielichtige Haustürgeschäfte erinnert: "In der Übersetzung nannte man das früher Drückerkolonne."
Letztlich auf dem Spiel steht laut Schächter mit der Grundverschlüsselung die "Vielfaltsvorgabe des Bundesverfassungsgerichts". Es werde am dualen System gerüttelt, das Qualität und Vielfalt sichere und "alle Menschen ohne Zugangsbarrieren erreicht". Fernsehen bezeichnete der ZDF-Chef als "Netzwerkprodukt", das an Wert gewinne, wenn das Angebot möglichst umfassend und breit sei im Wettbewerb. Nur so habe die Mattscheibe die "Autorität eines Leitmediums" erhalten. Mit der "Flucht" der Privaten "hinter den Subskriptionswall" werde dieses System "grundsätzlich entreichert", beklagte Schächter Konturen eines "Digital Divide". Für die Wissensgesellschaft sei ein mehr oder weniger kostenloser Zugang zu einem breiten Informationsangebot "essenziell", assistierte ihm Wiedemann und forderte: "Der öffentlich-rechtliche Rundfunk muss frei empfangbar bleiben über alle Plattformen hinweg." Sonst drohe das US-Fernsehmodell Einzug zu halten, in dem ein Haushalt für die Grundversorgung angereichert mit Entertainment- und zwei Sportprogrammen 500 US-Dollar im Monat berappen müsse.
Doetz beklagte dagegen eine "Überbetonung des Randthemas Verschlüsselung". Habe eine Zeitschrift keine publizistische Seele mehr, "nur weil sie am Kiosk gekauft werden muss?", fragte er. Die Angst vor der zweiten Gebühr bei ARD und ZDF gelte vor allem der Rechtfertigung der Rundfunkgebühren, seit sich die Politik Sorgen um eine "Doppelgebühr" macht. Die "Adressierbarkeit" sei nötig, da sie "neue Geschäftsmodelle schafft" und einen "Schutz vor Missbrauch des Signals" biete. Es gehe da auch um eine Frage des Urheberrechts. Doetz hielt aber auch nicht mit der Ansage hinterm Berg, dass "der Empfang der neuen Möglichkeiten bedeuten wird, dass der Zuschauer und Nutzer mehr bezahlen muss. Wir sind kommerzielles Fernsehen, da kann man uns nicht vorhalten, wenn wir uns kommerziell verhalten."
Einig waren sich die Öffentlich-Rechtliche und Private, dass es einer neuen Regulierungsordnung für die neue Medienwelt bedarf. Doetz skizzierte den Rechtsstand als "digitale Medienunordnung" und sah die Politik "überfordert, irgendwie der technischen Entwicklung zu folgen und neue Spielregeln einzuführen." Dabei sei eine Regulierung durchaus erforderlich, zumindest an Engpässen wie der Frequenzvergabe fürs mobile TV. "Wenn ein Plattformbetreiber Inhalte organisiert, bietet dies die Gefahr der Diskriminierung, wenn er selbst Inhalte mit ins Spiel bringt", sorgte sich der VPRT-Präsident über den Vormarsch von Netzbetreibern ins Mediengeschäft. Ein gemeinsames Streiten der etablierten Programmanbieter gegen "die Telcos" hält er durchaus für sinnvoll.
Arcor-Chef Harald Stöber versuchte zu beruhigen. "Wir werden zu Vermarktern", stellte er klar, "aber ich möchte nicht in den Kreis der Inhalteproduzenten kommen." Zugleich lieferte er eine "klare Free-TV-Aussage" ab, pochte aber auf weniger regulierte digitale Zusatzangebote wie das zeitversetzte Anschauen von Sendungen oder auf Nischenprogrammen per Video on Demand. "Interessant" werde dabei vor allem, wer über die Menüführung und die "Sendeplatzvergabe" auf den digitalen Settop-Boxen entscheide. Es sei nicht so wichtig, um jeden Preis eigene Inhalte wie die Bundesliga zu besitzen, pflichtete ihm Christof Wahl von Kabel Deutschland bei. Wichtiger seien Modelle wie der individuelle Filmabruf. Angesichts von 160 digitalen Kanälen sieht er die Kabelindustrie überreguliert. Von einer "Mangelverwaltung" von Sendeplätzen könne keine Rede mehr sein.
SES-Astra plant Einstieg ins Triple-Play-Geschäft
Aus: Heise-Newsticker, 30. August 2006, 17.57 Uhr MESZ (Digital-Medien). [Original]BERLIN (anw/c't). Der Luxemburger Satellitenbetreiber SES Astra will über seine Himmelskörper künftig auch Breitband-Internet und Voice-over-IP (VoIP) vermarkten. Dies erklärte Firmenpräsident Ferdinand Kayser am heutigen Mittwoch auf dem Medienforum Berlin-Brandenburg. "Die Technik steht", zeigte sich Keyer optimistisch über den baldigen Eintritt ins viel beschworene Geschäft mit Triple-Play-Paketen. Auch die nötigen Terminals für den Empfang seien demnächst verfügbar. Das erweiterte Geschäftsmodell sei nicht "frontal gegen bestehende terrestrische Anbieter gerichtet", erläuterte Kayser die Pläne. Vielmehr wolle sein Unternehmen damit vergleichbare Bündelangebote traditioneller Netzbetreiber vor allem in ländlichen Gebieten ergänzen, "so diese nicht hinkommen".
Zu möglichen Bandbreiten, Preisen und technischen Details machte der Astra-Chef noch keine Angaben. Er kündigte allein an, dass die Internet-Telefonie mit Hilfe eines Rückkanals über Satellit abgewickelt werden soll. Offen ließ er auch den Zeitpunkt der Verfügbarkeit des Dreifachangebots. Ähnlich wie bei der von Astra geplanten Grundverschlüsselung von Sendern der Sendergruppen RTL und MTV über die kommende "Dolphin"-TV-Plattform machte er den Start von einem laufenden Verfahren beim Bundeskartellamt abhängig. Die Behörde haben die Verschlüsselungspläne auf den Plan gerufen, sodass Ermittlungen gegen die Privatsender und Astra im Gange sind.
Der Satellitenbetreiber hat hierzulande bislang 10 Millionen Haushalte auf digitalen Empfang umstellen können. "25 Millionen bleiben noch offen", zeigte sich Kayser unzufrieden mit dem Tempo der Digitalisierung. Gleichzeitig schloss er aus, dass SES Astra mit dem Triple-Play-Zuwachs in die Programmerstellung oder -vermarktung expandieren wolle. Fürs verschlüsselte Pay-TV will Kayser vor allem durch die massive Bewerbung des "Mehrwerts der neuen Anschlüsse" Kunden begeistern. Als Maxime hat er dabei im Hinterkopf: "In der digitalen Welt wird es nichts mehr umsonst geben."
Telekom leitet Tarifoffensive ein
Aus: Heise-Newsticker, 31. August 2006, 13.34 Uhr MESZ (Deutsche Telekom). [Original]BERLIN (vbr/c't). Das Wort "Service" war auf der Telekom- Pressekonferenz am Tag vor der IFA-Eröffnung in Berlin häufig aus Vorstandsmund zu vernehmen. Die Deutsche Telekom, oft als behäbiger Ex-Monopolist verspottet, will sich bewegen. Auf der Internationalen Funkausstellung (IFA) in Berlin stellten Telekom-Chef Kai-Uwe Ricke und seine Vorstandskollegen die "neue Telekom" vor. Die Idee: Kosten und Preise runter, dafür mehr Service und Innovation. Die Telekom will die verschiedenen, im Konzern angebotenen Dienste bündeln und mit neuen Tarifmodellen "ein neues Kapitel" aufschlagen, wie Ricke betonte. Das muss er auch, denn es geht um seinen Job.
Die Telekom wird den Kampf um Marktanteile nicht über den Preis gewinnen, glaubt Ricke. Der Vorstandschef will nicht "der billige Jakob" sein, wie er sagte. Für die Kunden soll es einfacher werden, der T-Com-Techniker richtet für knapp 50 Euro den DSL-Zugang beim Kunden ein, bis er läuft. Das versteht die Telekom unter Service. Intern müssen die Kosten runter. Dafür wollen Ricke und T-Com-Chef Walter Raizner alle Dienste konsequent auf IP-basierte Netze migrieren sowie Kosten in Entwicklung und Vertrieb senken. Personal solle nur im Rahmen der bereits angekündigten Maßnahmen abgebaut werden.
Wie einst der CDU-Finanzexperte Friedrich Merz sein Steuermodell stellte Raizner die T-Com-Tarifoffensive auf einem Bierdeckel vor. Die Tarifpakete sind dreistufig angelegt: Reine Telefonietarife, kombinierte Internet- und Telefonpakete sowie "Triple Play". Das vorab angekündigte DSL- und Telefonpaket für "unter 40 Euro" entpuppt sich als mit 500 Megabyte Datenvolumen und 120 Freiminuten im T-Com-Netz gedeckelter 2-MBit-Zugang mit analogem Telefonanschluss für insgesamt 34,95 Euro. Mit einer echten DSL-Flatrate und Telefonpauschale für das T-Com-Netz kostet das Paket 49,95 Euro, für 10 Euro mehr gibt es den Internet- Zugang auch mit 16 MBit/s. Für jeweils 4 Euro mehr pro Monat gibt es in diesen Paketen einen ISDN- statt des Analoganschlusses. Die neuen Tarife sind ab dem 18. September verfügbar, Interessenten können sich ab sofort vormerken lassen. Bestandskunden versprach Raizner großzügig zu migrieren.
Das neue Triple-Play- Angebot halten die Telekom-Manager weiter unter der Decke. Für den Einstieg bietet T-Com einen 6000er-DSL-Anschluss mit dem etablierten Video-on-Demand-Dienst der bald wieder in die Sparte integrierten T-Online. Inklusive Telefon- und DSL-Anschluss soll das Paket ab 65,84 Euro im Monat erhältlich sein. Ab "T-Home Complete Basic" gibt es dazu noch IPTV und VDSL mit 25 MBit/s. Die VDSL-Pakete sollen inklusive T-Net Telefonanschluss ab 80,84 Euro monatlich erhältlich sein offen bleibt nur, ab wann. Offizielle Sprachregelung: Triple Play gibt es erst im vierten Quartal des Jahres.
Angebote der Mobilfunksparte sind nicht auf Raizners Bierdeckel. Das von Ricke so genannte "Quadruple Play" findet bei der Telekom als konzernweiter Rabatt statt. Wer zu seinem Triple-Play-Paket auch einen Laufzeitvertrag bei T-Mobile hat, erhält einen je nach Kombination unterschiedlich hohen Rabatt, der über die Laufzeit des Vertrages verteilt wird. In Kombination mit der neuen T-Mobile-Flatrate Max ensteht nach Telekom-Arithmetik für "rund 81 Euro" die "erste echte Dreifach-Flatrate" Deutschlands. Mit den Telekom-typischen Einschränkungen. So gilt die "Deutschland-Flatrate" für Festnetzgespräche nur für das T-Com-Netz. Konzern-Chef Ricke rechnet den Kunden aber jedenfalls vor, dass sie für 81 Euro im Monat unbegrenzt ins deutsche Festnetz und ins T-Mobile-Netz telefonieren und unbegrenzt das Internet nutzen könnten.
"Wir brechen hier keinen Preiskrieg vom Zaun", stellte Ricke treffend fest, die Telekom passe sich dem Marktniveau an. Den Krieg führen andere, und sie jagen der Telekom damit Quartal für Quartal viele Kunden ab. Ricke und Raizner sind unter Druck, von dem neuen Konzept dürfte auch ihre Zukunft im Konzern abhängen. Der Aufsichtsratssitzung sieht Ricke gelassen entgegen. "Ich habe einen Plan, und das nicht erst seit dem 10. August", gab sich der Manager kämpferisch. Ob die neuen Tarife Ricke und Raizner den Kopf retten, bleibt abzuwarten. Der Schritt geht in die richtige Richtung, der große Wurf ist das Paket aber nicht. Für Ricke ist es trotzdem ein Erfolg: "Wir können endlich kundenorientierte Bündeltarife bis hin zur Dreifach- Flatrate aus Internet, Festnetz und Mobilfunk mit deutlichen Preisnachlässen anbieten", freut sich der Vorstandschef. Was ihn bisher davon abgehalten hat, verriet er nicht.
VDSL bei der Telekom nur mit Triple Play
Aus: Heise-Newsticker, 31. August 2006, 15.46 Uhr MESZ (VDSL-Netz). [Original]BERLIN (vbr/c't). VDSL und Triple Play gibt es jetzt bald auch bei der Telekom, und zwar ausschließlich in dieser Zusammenstellung. Nach den eher blamablen Berichten über ganze 43 Bundesliga-Zuschauer, dem endlosen Hickhack um die VDSL-Regulierung und den Verwerfungen im Konzern will auch der Bonner Ex-Monopolist mit dem Triple-Play-Angebot, der Kombination von Telefonie, Breitband und Unterhaltungsangeboten wie Fernsehen oder Video-on-Demand über ein Kabel, in die Zukunft starten. Der Zuschauer hat von IPTV zunächst nicht viel mehr als die zusätzliche Wahl, sein Fernsehprogramm in Zukunft auch über die Kupferdoppelader zu beziehen. Die Programmpakete sind in der Regel die gleichen, die sich auch über das digitale Kabel oder Satellit beziehen lassen. Das neue Triple-Play- Angebot der Telekom macht da keine Ausnahme.
Die T-Com staffelt ihre Triple-Play-Aktivitäten in 3 Pakete unter dem Label "T-Home". Das Einsteigerpaket "Classic" setzt auf einem ADSL-Anschluss mit 6000 KBit/s auf und kostet inklusive analogem Telefonanschluss sowie einer Internet-Flatrate 65,84 Euro monatlich. Dafür stehen dem Zuschauer die nach Unternehmensangaben 1200 Filmtitel des Video-on-Demand- Dienstes (VoD) von T-Online sowie ein TV-Archiv offen. Wie T-Online ebenfalls auf der IFA bekannt gab, werden auf dem VoD-Portal in Zukunft auch Inhalte von Sony Pictures Television International empfangbar sein, darunter Filme wie "Men in Black" oder "3 Engel für Charlie".
Zusätzlich zu dem VoD-Angebot des Classic-Pakets erhält der Kunde bei T-Home Complete Basic und Complete Plus in Kombination mit einem VDSL-Anschluss gut 60 frei empfangbare Fernsehkanäle, darunter ARD und ZDF sowie die Sender der ProSiebenSat1-Familie und der RTL-Gruppe. "Complete Basic" kostet inklusive Festnetztelefonanschluss 80,84 Euro pro Monat. Das Premium-Paket "Complete Plus" umfasst für weitere 10 Euro zusätzliche Sender sowie zwei Live-Spiele der Bundesliga (Freitagsspiel und eines der beiden Sonntagsspiele). Beide T-Home Complete-Pakete können für 9,95 Euro monatlich um das gemeinsame Bundesliga-Angebot von Premiere und T-Com erweitert werden. Auch das gesamte Premiere-Programm steht T-Home-Kunden offen. Darüber hinaus gibt es wie im digitalen Kabel auch die Option auf fremdsprachige Programme und eine Auswahl von Spartensendern.
Die Pakete "Complete Basic" und "Complete Plus" gibt es nur in Verbindung mit einem VDSL-Anschluss mit 25 MBit/s. Das Unternehmen begründet die Bündelung mit den hohen Bandbreiten, die für eine künftige Übertragung auch in HDTV-Qualität nötig sind. Umgekehrt wird es ab der Markteinführung der T-Home-Produkte VDSL auch nur in Verbindung mit einem der beiden "Complete"-Pakete geben. Die nötige Hardware wie der Mediareceiver T-Home X 300T sowie das VDSL-Modem und das Homegateway mit Routerfunktion werden zum Handelsstart in einem Komplettpaket für 99,95 Euro erhältlich sein.
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