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Italienische Bedenken ausgeräumt
Die Telecom Italia stimmt nun einer Fusion zu. Bonn behält zwar seine Stimmrechte als Mehrheitsaktionär der Telekom, hat aber zugesichert, sich nicht in die Geschäfte einzumischen. Die deutschen Konkurrenten des Ex-Monopolisten planen jetzt, gegen den Zusammenschluß zu klagen.
Aus: Spiegel Online 21. April 1999, 18.56 Uhr (nur elektronisch publiziert). [Original]BONN/ROM. Die Fusion der Deutschen Telekom und der Telecom Italia (TI) zu einer der größten Telefongesellschaften der Welt hat offenbar ihre große Hürde genommen. Laut italienischen Medienberichten hat der TI-Verwaltungsrat nach seinem prinzipiellen Ja nun am Mittwoch endgültig dem Zusammenschluß zugestimmt. Das Gremium will demnächst eine Hauptversammlung einberufen, auf der auch die Aktionäre des Unternehmens die größte Firmenehe der europäischen Wirtschaftsgeschichte abnicken sollen. Dies meldete die Nachrichtenagentur Radiocor nach einer Sitzung des Verwaltungsrates in Rom.
Die wichtigsten deutschen Telekom-Konkurrenten haben unterdessen kartellrechtliche Schritte gegen die aus ihrer Sicht wettbewerbsfeindliche Fusion angekündigt. Durch die Verschmelzung der beiden ehemaligen Staatsbetriebe entsteht ein Telefon-Gigant mit einem Börsenwert von rund 330 Milliarden Mark, 300.000 Beschäftigten und einem Jahresumsatz von 115 Milliarden Mark.
Entscheidend für das Votum des Verwaltungsrates war offensichtlich ein Brief, den das Bonner Finanzministerium am Mittwoch vormittag an das Schatzministerium in Rom sandte. In dem der Deutschen Presse-Agentur vorliegenden Schreiben versichert der Bund als Mehrheitsaktionär der Telekom, keinerlei Einfluß auf das operative Geschäft der fusionierten Unternehmen zu nehmen. Eine formale Beschränkung ihrer Stimmrechte stellte die Bundesregierung aber nicht in Aussicht.
Die TI-Verwaltungsspitze hatte noch am Vorabend nach einer prinzipiellen Zustimmung zur Fusion eine Klarstellung der Bundesregierung verlangt, wie sie mit ihren Stimmrechten als Anteilseigner des neuen Unternehmens umgehen wolle. In Italien befürchtet man, der deutsche Staat könnte mit seinem 72prozentigen Anteil an der Telekom einen zu starken Einfluß auf den neu entstehenden Konzern nehmen. Bei der Fusion müsse es wirklich um einen Zusammenschluß unter Gleichen gehen, was eine Führung des Unternehmens "nach paritätischen Kriterien" beinhalte.
Dies sagte das Finanzministerium jetzt ausdrücklich zu. Die Bundesregierung unterstütze eine ausgeglichene Vertretung beider Seiten im Management des neuen Konzerns, heißt es in dem Brief. Außerdem wies das Ministerium darauf hin, daß die Bundesrepublik durch die Fusion automatisch zu einem Minderheitsaktionär werde und sie sich darüber hinaus so schnell von ihren Anteilen trennen wolle, wie dies die Bedingungen auf den Kapitalmärkten zuließen.
Da der Bund aber keiner formalen Stimmrechtsbeschränkung unterliegen wird, dürfte er auch im neuen Telefon-Konzern noch eine maßgebende Rolle einnehmen. Dazu zählt etwa die Besetzung wichtiger Posten im Aufsichtsrat, der auch den Vorstand beruft. Außerdem verfügt der Bund mit seinem Anteil über ein großes Gewicht in der Hauptversammlung, die unter anderem über die Verwendung von Gewinnen, Satzungsänderungen oder Kapitalerhöhungen zu entscheiden hat.
Der Verband der Anbieter von Telekommunikations- und Mehrwertdiensten (VATM) sieht in dem sich anbahnenden Zusammenschluß einen "Angriff auf den gesamten europäischen Telekommunikationsmarkt". Die wichtigste Vereinigung der deutschen Telefonbranche wies in Köln darauf hin, daß der Jahresumsatz des neu entstehenden Unternehmens das Volumen des gesamten deutschen Telekommunikationsmarktes von 100 Milliarden Mark übertreffen wird.
"Eine solche Mega-Allianz hätte aus unserer Sicht verheerende Auswirkungen", sagte der VATM-Präsident und Vorstandsvorsitzende der Stuttgarter Debitel AG, Joachim Dreyer. "Sie gefährdet massiv den gerade in Gang gekommenen Wettbewerb in den europäischen Ländern." Im VATM haben sich 46 Konkurrenten der Telekom zusammengeschlossen. Skeptisch zur geplanten Fusion hatte sich vor zwei Tagen auch EU- Wettbewerbskommissar Karel van Miert geäußert. Er ging davon aus, daß eine Genehmigung des Zusammenschlusses nur unter erheblichen Auflagen möglich wäre. [mehr]
Telekom: Auf dem Weg zum Global Player
Die Ziele der neuen Partner sind hochgesteckt: Die Deutsche Telekom und die Telecom Italia wollen mit ihrer Fusion einen gesamteuropäisch tätigen Konzern schaffen und auch weltweit eine führende Rolle übernehmen. Das kündigten die beiden Chefs, Ron Sommer und Franco Bernabè, in London an. Geheim ist noch der Name des neuen Unternehmens.
Aus: Spiegel Online 22. April 1999, 17.11 Uhr (nur elektronisch publiziert). [Original]LONDON. Die Deutsche Telekom und Telecom Italia (TI) wollen sich zur zweitgrößten Telefongesellschaft der Welt zusammenschließen. Telekom-Chef Ron Sommer und sein TI-Kollege Franco Bernabè werden gemeinsam die Führung des neuen Konzerns übernehmen. Nach Angaben der beiden Manager sollen die heutigen Aktionäre der Telekom daran 56 Prozent halten. 44 Prozent werden auf die bisherigen Anteilseigner der Telecom Italia entfallen.
Der Name des neuen Unternehmens soll mit C beginnen [Ed: hm, soll wohl ein C enthalten, denn sonst müßte ja die Telekom überall ihr teures T einstampfen und durch ein C ersetzen]. Mehr wollten die beiden nicht verraten. Es werde weltweit 100 Millionen Kunden, einen Börsenwert von 330 Milliarden Mark, 300.000 Beschäftigte und einem Jahresumsatz von 115 Milliarden Mark haben, hieß es. Der Sitz der Holding werde Deutschland sein. Per saldo soll es keinen Arbeitsplatzabbau geben, sagte Bernabè. Zugleich kündigte er an, daß man bereits den Schritt zur globalen Expansion plane.
Die T-Aktien sollen steuerfrei eins zu eins gegen Aktien der neuen Gesellschaft getauscht werden können. TI-Anteilseigner müssen drei Aktien für eine neue einsetzen. Von der Fusion versprechen sich die Partner Synergieeffekte in Milliardenhöhe.
Zunächst müssen aber noch die Hauptversammlungen beider Unternehmen mit jeweils wenigstens 90 Prozent der Stimmen dem Vorhaben zustimmen. Auch die Kartellbehörden der EU und der USA müssen die Fusion billigen. Zuvor hatte das Bonner Finanzministerium versichert, weiterhin keinen Einfluß auf Unternehmensstruktur und Strategie der Telekom nehmen zu wollen. Das hatte die italienische Seite gefordert. Franco Bassanini, Staatsekretär beim italienischen Ministerpräsidenten, kündigte an, seine Regierung werde das Vorhaben in den nächsten Tagen eingehend prüfen. Der Telekom- Partner France Télécom, der im Vorfeld die Fusionsabsichten kritisiert hatte, wollte zunächst keinen Kommentar abgeben. [mehr] [noch mehr]
Neuer Kandidat für Telekom
Die Deutsche Telekom ist auch nach der geplanten Fusion mit der Telecom Italia möglicherweise weiter auf Einkaufstour. Presseberichten zufolge will das Unternehmen das britische Mobilfunkunternehmen One-2-One übernehmen. Die Telekom will zwischen 31 und 33 Milliarden Mark auf den Tisch legen.
Aus: Spiegel Online 24. April 1999, 14.22 Uhr (nur elektronisch publiziert). [Original]HAMBURG. Nach Informationen des Münchener Nachrichtenmagazins "Focus" bietet die Telekom umgerechnet 31 Milliarden Mark für One-2-One. Die "Welt am Sonntag" beziffert das Angebot auf 33 Milliarden Mark. Der britische Mobilfunkanbieter wird gemeinsam von Cable & Wireless und vom US-Konzern Media One betrieben. Auch Mannesmann habe Interesse an der One-2-One, die mit zwei Millionen Kunden der viertgrößte britische Mobilfunkbetreiber hinter Vodafone, Cellnet und Orange sei.
Der Telekom-Chef Ron Sommer sagte der "Welt am Sonntag", die Fusion mit Telecom Italia werde 2000 finanzielle Vorteile von "600 Millionen Euro vor Steuern" bringen, die "bis zum Jahr 2003 auf mehr als eine Milliarde Euro" steigen könnten. "Wir werden die erste wirklich europäische Telekommunikationsgesellschaft sein, die integrierte und innovative Produkte im Bereich Mobilfunk, Festnetz und Online- Kommunikation in Europa anbieten kann", sagte Sommer. Der Zusammenschluß biete Vorteile bei Betriebskosten, Investitionen, im Einkauf und bei der Einführung neuer Produkte.
Zu den Auswirkungen der geplanten Fusion auf andere Allianzen der Telekom wollte Sommer nichts sagen. Die Telekom werde "die Sachlage" mit ihren Partnern wie France Telecom diskutieren. Große Schwierigkeiten seitens der EU-Kommission erwarte er nicht. "Focus" berichtet unter Berufung auf ein Telekom- Aufsichtsratsmitglied, der France Telecom-Chef Michel Bon habe der deutsch- italienischen Fusion zugestimmt. Die France Telecom hatte ihren Partner Deutsche Telekom wegen der Fusionspläne öffentlich heftig kritisiert.
Der Präsident der Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post, Klaus-Dieter Scheurle, äußerte die Sorge, die Zusammenschlüsse könnten langfristig den Wettbewerb im Fernmeldesektor schwächen. Eine Fusion der Deutschen Telekom mit Telecom Italia habe auf den deutschen Markt zwar "keine unmittelbaren Auswirkungen", sagte Scheurle der dpa. Die Großfusion könne aber wie die Übernahme von Otelo durch Mannesmann Arcor eine "psychologische Wirkung" entfalten und Nachahmer finden. "Ich fürchte, daß der Grundsatz 'fressen oder gefressen werden' eine über die wirtschaftlichen Notwendigkeiten hinausgehende Bedeutung erhält", sagte Scheurle. Ein solche Entwicklung würde "letztlich auch den Wettbewerb abschwächen."
Internet: Attacke auf AOL
Aus: Spiegel 17/1999, 26. April 1999, Seite 77 (Trends).Mit hohen Kosten für den Internet-Zugang schrecken in Deutschland Anbieter wie T-Online oder AOL noch immer viele Kunden. In England gibt es fast das gesamte Leistungsangebot der Online-Dienste mittlerweile kostenlos [Ed: wobei aber die Telefonverbindung bezahlt werden muß]. Seit kurzem bietet die Boulevardzeitung "The Sun" ihren Lesern freien Internet-Zugang an; das Konkurrenzblatt "The Mirror" will bis Monatsende folgen. Die Zeitungen wollen ihren Lesern überdies bis zu fünf E-Mail-Adressen eröffnen sowie die Möglichkeit geben, eine eigene Web-Seite zu gestalten.
Auch große Buchhandelsketten wie Waterstone oder Supermarktriesen wie Tesco bieten einen freien Internet-Zugang an, über den selbstverständlich auch die eigenen Produkte vertrieben werden. Rund 40 solcher kostenlosen Internet- Provider machen den traditionellen Anbietern, die für ihre Dienste Monatsgebühren berechnen, schwer zu schaffen. Während der kostenpflichtige Marktführer AOL in Großbritannien nur 630.000 Kunden vorweisen kann, hat Englands größter Elektronikhändler Dixons bereits 1,5 Millionen Nutzer [Ed: t-off berichtete über den Start von Dixons FreeServe]. Möglich wird das Angebot, weil sich Dixons mit der Telefongesellschaft die Einnahmen aus den Minutengebühren [Ed: der Telefonverbindung] teilt.
Geniestreich oder Größenwahn?
Die Deutsche Telekom und Telecom Italia verbünden sich zum mächtigsten Telefonkonzern der Welt und keiner weiß so recht, warum. Die Chefs sprechen von kluger Strategie, dabei spielte der Zufall eine entscheidende Rolle.
Aus: Spiegel 17/1999, 26. April 1999, Seite 8082 (Wirtschaft).(...) Mit großem Interesse hatte [Telekom-] Sommer im vergangenen Jahr den Deal der Stuttgarter Daimler-Bosse beobachtet und ihn zum Vorbild für seine eigenen Expansionspläne gemacht. Wie Daimler-Chef Jürgen Schrempp [Ed: Jahresgehalt 5.300.000 DM pro Jahr] wollte auch Sommer "auf dem Fahrersitz Platz nehmen" und "nicht wie Opel bei General Motors" eine untergeordnete Rolle spielen. Doch erst einmal muß Sommer sich mit dem Beifahrersitz zufriedengeben. Denn obwohl die Deutsche Telekom weit mehr Umsatz in die Firmenehe einbringt, stimmteSommer der Konstruktion eines "Mergers unter Gleichen" zu. Die beiden Topleute wollen sich zunächst die Führung teilen. Ein Modell, das zwar beiden den Job erhält, eine effiziente Steuerung aber deutlich erschwert. Die Auseinandersetzungen sind programmiert. Die Netzwerker südlich der Alpen haben außer im Handy-Geschäft kaum Imposantes zu bieten. Die italienische Telekom ist zwar privatisiert, doch die Behördenmentalität ist geblieben, und die Tarife sind kaum vom Wettbewerb angenagt. (...)
Bei der Telekom tauchen ebenfalls erste Zweifel auf. "Die ganze Aktion", räumt ein hochkarätiger Telekom-Manager ein, sei mit "heißer Nadel gestrickt". Nicht die Telekom habe den Ton angegeben, sondern die Italiener. Hat sich Sommer, so fragen Telekom-Manager, von Bernabè womöglich über den Tisch ziehen lassen? In der Bonner Zentrale jedenfalls machte vergangene Woche ein böser Spruch die Runde: "Avanti Dilettanti" [Ed: eben eine Verzweiflungsfusion der Italiener].
Sommer stand mächtig unter Druck. Ende Juni will er in ganz Europa neue T-Aktien im Werte von rund 20 Milliarden Mark an die Börse bringen. Eine überzeugende "Story", wie sie Banker für ein solches Großereignis verlangen, hatte er bislang nicht vorzuweisen. Ganz im Gegenteil: Der Telekom drohen harte Zeiten. Die Preissenkungen von bis zu 60 %, mit denen Sommer seine Konkurrenten in Deutschland wieder auf Distanz brachte, dürften sich bald in der Bilanz niederschlagen. Nach Schätzungen der Telekom- Finanzabteilung müssen die Gewinnprognosen, die für 1999 ursprünglich einen Gewinn von 8 Mrd. Mark anpeilten, eventuell um mehr als 50 % reduziert werden. Nur Sonderverkäufe wie das TV-Kabelnetz könnten das Ergebnis noch etwas aufhellen. Eine fatale Situation (...) [mehr]
Internet-Pilotprojekt in Berlin
Das Kabel-Unternehmen TeleColumbus will eine Internet-Standleitung für 79 Mark pro Monat anbieten.
Aus: Spiegel Online 29. April 1999, 16.30 Uhr (nur elektronisch publiziert). [Original]BERLIN. In Berlin sollen bald 5.000 Haushalte in einem bundesweit einmaligen Pilotprojekt über das Fernsehkabel an das Internet angeschlossen werden. Man werde den Kunden über die Breitband-Anbindung einen hundertmal schnelleren 24-Stunden-Zugang als über das Telefon für eine feste Monatspauschale anbieten, teilte der Anbieter TeleColumbus heute vor Journalisten in Berlin mit. Abhängig von der technischen Entwicklung sollen die Kunden künftig auch über das Internet telefonieren können.
5.000 Haushalte im Stadtbezirk Berlin- Friedrichshain würden in Zusammenarbeit mit der Wohnungsbaugesellschaft WBF an den neuen Dienst angeschlossen. Er gestatte Übertragungsgeschwindigkeiten von bis zu zehn Megabit pro Sekunde. Die Nutzer können für einen monatlichen Festpreis von 59 Mark und eine Miete von 20 Mark im Monat ohne zeitliche Begrenzung im Internet surfen. "Es ist ein Beginn und wir hoffen auch schnelle Akzeptanz", sagte Dieter Schickel, Geschäftsführer von TeleColumbus.
Künftig sollen alle Kabelnetze des Unternehmens ausgebaut werden. TeleColumbus, [Ed: noch] ein Tochter- Unternehmen von Veba/RWE, ist [Ed: mit 1,7 Millionen Anschlüssen] Deutschlands zweitgrößter Kabelnetzbetreiber. Markführer ist die Deutsche Telekom [Ed: die aber meint(e), daß TV-Kabel sei nur fürs Fernsehen da].
Allianz mit Franzosen zerbricht
Das strategische Bündnis zwischen dem deutschen Telefonriesen und der France Télécom steht auf der Kippe. Falls die Deutschen wie gewünscht mit der Telecom Italia (TI) fusionieren, wollen die Franzosen die jetzige Partnerschaft beenden.
Aus: Spiegel Online 30. April 1999, 10.36 Uhr (nur elektronisch publiziert). [Original]PARIS/BONN. Die Deutsche Telekom dürfte noch vor dem Zustandekommen der Fusion mit der Telecom Italia ihren bisher wichtigsten internationalen Partner verlieren. Die France Télécom kündigte an, daß sie sich von ihrer erst kürzlich erworbenen zweiprozentigen Beteiligung an der Telekom trennen wird. Mit ihren Fusionsplänen habe die Telekom klar gegen Abmachungen mit ihrem franzüsischen Partner verstoßen, kritisierte Vorstandschef Michel Bon in einem Interview der Pariser Zeitung "Le Monde".
Ein Sprecher der Telekom sagte in Bonn: "Natürlich bedauern wir eine derartige Eskalation." Aus ihrer Sicht habe die Telekom aber keine Verträge verletzt. "Der geplante Zusammenschluß richtet sich nicht gegen bestehende Partnerschaften", betonte der Sprecher.
Dagegen verwies Bon darauf, daß für den Fall einer strategischen Allianz eine schriftliche Konsultation des jeweils anderen vorgesehen sei. Dies sei nicht erfolgt. Auch müsse derjenige, der so etwas plane, dem anderen die Möglichkeit einer Beteiligung anbieten. Dies sei ebenfalls nicht geschehen. Er wolle die Rechte und die Interessen der Aktionäre von France Télécom verteidigen, unterstrich Bon. Die Zusammenarbeit in der international agierenden Telefongesellschaft Global One, an der die Telekom, France Télécom und die US-Firma Sprint zu je einem Drittel beteiligt sind, solle jedoch fortgesetzt werden. Unklar ist noch, ob sich nun auch die Telekom von ihrem Zwei- Prozent- Anteil an France Télécom trennen wird.
Unterdessen bleibt weiter fraglich, ob der Zusammenschluß der Telekom mit der Telecom Italia (TI) zur zweitgrößten Telefongesellschaft der Welt überhaupt zustandekommen wird. Bei der Regierung in Rom gibt es unverändert starke Bedenken, daß das italienische Unternehmen nach einer Fusion unter zu starken staatlichen Einfluß aus Deutschland geraten könnte.
Diese Vorbehalte waren auch Thema einer kurzen Begegnung von Finanzminister Hans Eichel (SPD) mit seinen italienischen Amtskollegen Carlo Azeglio Ciampi am Dienstag abend in Washington, die aber zu keinem konkreten Ergebnis führte. Ein Sprecher Eichels zeigte sich am Donnerstag dennoch zuversichtlich, daß beide Regierungen in dieser Frage noch eine Annäherung erzielen werden.
Derzeit versucht Bonn die Regierung in Rom in Gesprächen auf Beamtenebene von ihrer Zusage zu überzeugen, daß sie sich als Mehrheitsaktionär der Telekom nicht in die Führung des neuen Telefon-Riesen einmischen wird. Teile der italienischen Regierung, darunter das wichtige Schatzministerium, geben sich mit dieser Zusicherung bislang nicht zufrieden. Sie verlangen vom Bund einen umgehenden Verkauf der Telekom-Aktien und bis dies erfolgt ist eine Beschränkung ihrer Stimmrechte.
Angesichts dieser Probleme hat sich der Ton zwischen der Regierung in Rom und der Telecom Italia verschärft. Deren Chef Franco Bernabè warf der Regierung laut Medienberichten vor, die Pläne des Elektronikkonzerns Olivetti für eine feindliche Übernahme seines Unternehmens zu unterstützen. In einer Videoansprache an Manager der Telecom Italia sagte Bernabè: "Alle Entscheidungen der Regierung und der Behörden waren von Anfang an zugunsten des Angreifers". Olivetti will Telecom Italia für 116 Milliarden Mark kaufen. Der TI-Verwaltungsrat hatte am Dienstag die Übernahmeofferte Olivettis abgelehnt. Bernabè und Telekom-Chef Ron Sommer hatten in der vergangenen Woche Einzelheiten ihrer Fusionspläne erläutert. [mehr]
Datenschutz: Private Wirtschaft im Visier
Unternehmen sind dem Datenschutzbeauftragten der Bundesregierung zu "wißbegierig". Die Deutschen seien im Schnitt in 52 Datenbanken von privaten Unternehmen gespeichert, heißt es seinem neuen Tätigkeitsbericht.
Aus: Spiegel Online 4. Mai 1999, 18.36 Uhr (nur elektronisch publiziert). [Original]BONN. Der Bundesbeauftragte für den Datenschutz, Joachim Jacob, hat einen besseren gesetzlichen Schutz der Verbraucher vor Datensammlungen privater Unternehmen angemahnt. Bei der Vorlage seines Tätigkeitsberichts für 1997 und 1998 sagte Jacob am Dienstag in Bonn, der moderne Mensch fürchte kaum noch den "allmächtigen Staat". Dagegen bereite es dem Bürger großes Unbehagen, was private Unternehmen mit seinen Daten machen könnten. So sei jeder Deutsche über 18 Jahren im Schnitt 52 mal in Datenbanken privater Firmen registriert. Zufrieden zeigte sich Jacob mit Plänen der rot-grünen Koalition, den gesetzlichen Datenschutz auf die private Wirtschaft auszuweiten.
Kritisch äußerte sich Jacob vor allem zu sogenannten Haushaltsbefragungen privater Unternehmen. Diese seien unter datenschutzrechtlichen Gesichtspunkten "brisant", obwohl die Verbraucher nicht zur Teilnahme an den Befragungen verpflichtet seien, schreibt Jacob in seinem Tätigkeitsbericht. So habe das Bundesverfassungsgericht im Volkszählungsgesetz von 1983 nur 15 Fragen zur Wohnsituation zugelassen. Die privaten Unternehmen seien da "ungleich wißbegieriger", sagte Jacob.
Auch im Internet geben viele Verbraucher nach den Worten des Datenschutzbeauftragten ungeschützt Teile ihrer Privatsphäre preis. Bereits bei einem virtuellen Schaufensterbummel durch das weltweite Computernetz hinterlasse jeder Nutzer Datenspuren, die von den Anbietern auch aufgezeichnet werden könnten. Jacob regte an, die bisher nur spärlich genutzten Verschlüsselungsprogramme und Anonymisierungsdienste im Computernetz deutlich auszubauen. Jeder Bürger und Konsument sei zunächst sein eigener Datenschützer, sagte Jacob. Bei der anstehenden Reform des Datenschutzrechtes müßten aber auch gesetzliche Regelungen zu den neuen Technologien gefunden werden.
Die Bundesregierung und der Bundesrat müßten eine Datenschutzrichtlinie der Europäischen Union aus dem Jahr 1994, die keine Unterschiede zwischen Behörden und privaten Firmen macht, möglichst bald in deutsches Recht umsetzen, forderte Jacob. Die Umsetzungsfrist war bereits im vergangenen Oktober abgelaufen. SPD und Grüne hatten unmittelbar nach der Bundestagswahl ein Eckwerte-Papier vorgelegt, in dem sich beide Fraktionen über die Richtlinie hinaus auch für eine bessere Kontrolle der Verwendung persönlicher Daten im Internet aussprechen. Gleichzeitig soll der Anspruch der Bürger und Verbraucher auf Auskunft über sie selbst betreffende Informationen gestärkt werden.
Jacob sagte, Ziel der gesetzlichen Neuregelungen müsse es sein, den Datenschutz als "wesentliches Element der entstehenden Informationsgesellschaft" zu begreifen. Das Beispiel der Telekommunikationsbranche zeige, daß guter Datenschutz die Akzeptanz und Verbreitung der angebotenen Dienstleistungen fördern könne. Kritisch äußert sich der Datenschutzbeauftragte jedoch zu Sicherheitsmängeln von Telekommunikationsanlagen bei digitalen ISDN-Anschlüsse. Über den sogenannten D-Kanal könne eine ISDN-Verbindung von Computerhackern manipuliert oder abgehört werden, ohne daß der Anschlußinhaber das merke, heißt es in dem Tätigkeitsbericht.
Private top Telekom flop
Eine Telekommunikations-Umfrage von SPIEGEL ONLINE und billiger-telefonieren.de ergab: Nach wie vor ist der Preis ausschlaggebend für die Wahl des Anbieters.
Aus: Spiegel Online 10. Mai 1999, 18.48 Uhr (nur elektronisch publiziert). [Original]HAMBURG. Der Preis ist immer noch das wichtigste Merkmal bei der Wahl eines Anbieters, auch nachdem seit Anfang letzten Jahres die Preise für innerdeutsche Ferngespräche um mehr als 80 Prozent gefallen sind. Das ergab eine Umfrage, durchgeführt von der Internet-Tarifdatenbank www.billiger- telefonieren.de in Zusammenarbeit mit SPIEGEL ONLINE. Mehr als 10.000 Kunden von Telefongesellschaften nahmen an Deutschlands größter Telekommunikationsstudie teil.
Dabei wußten die Teilnehmer der Umfrage auch um die Tücken verschiedener Abrechnungstakte. Ein minutenweise abgerechnetes Angebot birgt Fallen, da kurze Gespräche beispielsweise zu Anrufbeantwortern besonders teuer sind. Bei der Bewertung des Images der einzelnen Anbieter wurde insbesondere die Deutsche Telekom sehr schlecht beurteilt. Sie gilt als nicht modern, unflexibel und schlicht unsympathisch. Arcor, TelDaFax und Viag Interkom hingegen gelten als kompetent und seriös. Mobilcom wurde zwar als modern, aber nur als mäßig seriös wahrgenommen.
Ein großer Wunsch aller Kunden scheinen günstige Ortsgespräche zu sein. So gaben 96 Prozent dies als Voraussetzung für einen vollständigen Wechsel zu einem anderen Anbieter an. Eine wesentlich geringere Rolle spielt die Qualität der angebotenen Leistung. Mehr als zwei Drittel aller Befragten würde beispielsweise ihren Ortsnetzbetreiber wechseln, auch wenn damit keine bessere Qualität der Service-Hotlines zu erreicht wird.
Auch über die Aufgaben der Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post waren die Befragten recht gut informiert. 85 Prozent gaben korrekt an, eine Aufgabe der Regulierungsbehörde liege in der Kontrolle des Marktes. Irrigerweise glaubt jedoch fast die Hälfte aller Teilnehmer, alle Telefon- gesellschaften müßten Ihre Tarife von der Regulierungsbehörde genehmigen lassen.
Erstmals wurden bei der Gestaltung dieser Studie Mängel vermieden, die bisherige, auch größere Studien der Fachpresse häufig aufwiesen. Durch den Einsatz der sogenannten "Conjoint-Analyse" lassen sich die Präferenzen der User genauestens abbilden. [Die Umfrage-Ergebnisse online]
AOL: Interaktive Dienste über Kabel
Zur Funkausstellung im August 1999 soll das Angebot in Deutschland ans Netz gehen. Bisher fehlt beim Kabel noch der Rückkanal.
Aus: Spiegel Online 12. Mai 1999, 18.40 Uhr (nur elektronisch publiziert). [Original]HAMBURG. Der weltgrößte Online-Dienst American Online (AOL) will auch in Deutschland Kabel-TV-Netze für interaktive Multimedia-Dienste nutzen. "Dazu müssen allerdings die Kabelnetzbetreiber die Leistungspalette ihrer Netze erweitern", sagte AOL-Deutschland-Sprecher Frank Sarfeld am Mittwoch.
Im Gegensatz zum Kabel in den USA verfügten die meisten Netze in Deutschland bislang nicht über einen Rückkanal, der zur Steuerung der Inhalte benötigt wird. "Wir stehen Gewehr bei Fuß. Es wird aber wahrscheinlich noch bis zur Internationalen Funkausstellung Ende August 1999 in Berlin dauern."
AOL-Konkurrent Microsoft setzt unterdessen seine Expansion im Kabelfernsehen durch zahlreiche Beteiligungen bei führenden amerikanischen und britischen Kabelfernsehfirmen fort. Damit will Microsoft seiner für das interaktive Fernsehen und den Internetzugang über TV- und andere Geräte gedachten Software Windows CE größere Chancen verschaffen.
Der Softwareriese führt Gespräche mit der britischen Telekommunikationsfirma Cable & Wireless Plc, um eine Beteiligung von bis zu 30 Prozent an deren Kabelfernsehsparte zu erwerben. Dies berichtete die US-Wirtschaftszeitung "Wall Street Journal" am Mittwoch. Die Firmen nahmen keine Stellung. AOL hatte am Dienstag angekündigt, in den USA künftig gemeinsam mit mehreren Partnerfirmen ein neues interaktives Fernsehprogramm über Kabel und Satellit anzubieten.
Rund 60 Prozent der Kabelnetze in Deutschland seien in den Händen der Deutschen Telekom oder von Regionalanbietern mit Beteiligung der Telekom, betonte Sarfeld. Vor dem anstehenden Verkauf des Telekom- Kabelnetzes aus kartellrechtlichen Gründen sei nicht zu erwarten, daß große Summen zur technischen Erweiterung des Netzes investiert würden. Der Rückkanal könne theoretisch auch über das Telefonnetz verwirklicht werden, damit begebe man sich allerdings wieder in die Abhängigkeit der Deutschen Telekom.
In den USA soll "AOL TV" das herkömmliche TV-Programm mit dem interaktiven Fernsehen sowie dem Zugriff auf bestimmte Online-Inhalte kombinieren. Außerdem soll man über ein solches Gerät elektronische Post lesen sowie über das Netz mit anderen Menschen "chatten" können. In Zusammenarbeit mit dem amerikanischen TV-Anbieter Hughes Electronics Corp. soll "AOL TV" künftig über Satelliten ausgestrahlt werden. "AOL TV" würde mit dem "WebTV" konkurrieren, das seit 1997 von Microsoft betrieben wird.
Die Beteiligung von Microsoft an Cable & Wireless würde schätzungsweise mehr als vier Milliarden Dollar (7,3 Mrd. DM/3,7 Mrd.Euro) kosten. Es sei noch kein Abkommen getroffen und die Bedingungen seien noch nicht ausgehandelt worden, betonte die Zeitung. Der Abschluß eines Deals stehe nicht unmittelbar bevor. Microsoft ist bereits mit fünf Prozent an der britischen Kabelfernsehgesellschaft NTL beteiligt. Der Softwareriese übernimmt auch die 29,9prozentige Beteiligung an der britischen Kabelfernsehfirma Telewest Communications Plc, die dem US- Kabelfernsehunternehmen Media-One gehört.
Media-One wird vom größten US-Telefonkonzern AT&T für 58 Milliarden Dollar geschluckt. Microsoft beteiligt sich mit fünf Milliarden Dollar an AT&T. Die führende US- Telefongesellschaft ist inzwischen auch der größte US- Kabelfernsehkonzern.
AT&T wird das Windows CE- Betriebssystem von Microsoft in insgesamt bis zu zehn Millionen Set-Top- Boxen für Kabelfernsehgeräte einsetzen über die man telefonieren, ins Internet gehen sowie interaktives Fernsehen und sonstige Dienste empfangen kann. Microsoft hält auch eine Minderheitsbeteiligung am drittgrößten US- Kabelfernsehunternehmen Comcast.
Planspiele um das Kabelnetz der Telekom
Aus: Spiegel-Pressemeldung 15. Mai 1999 zum Artikel "Multimedia: Kampf um die Zukunft" im SPIEGEL 20/1999, 17. Mai 1999, Seite 6466 (Wirtschaft).HAMBURG. Die Konzerne Microsoft und Bertelsmann erwägen, gemeinsam mit der Deutschen Bank und anderen Firmen das Kabelnetz der Deutschen Telekom zu übernehmen. Wie das Nachrichten-Magazin DER SPIEGEL in der neuen Ausgabe berichtet, prüfen Experten beider Konzerne seit Wochen diese Möglichkeit. Bertelsmann-Manager können sich allerdings allenfalls einen Preis von neun bis zehn Milliarden Mark vorstellen, die Telekom aber will 30 Milliarden für das Netz haben.
Nach Informationen des SPIEGEL kommt für Telekom-Chef Ron Sommer eine Abgabe des gesamten Kabelnetzes allenfalls unter ganz anderen Vorzeichen in Frage: Sommer plant eine strategische Partnerschaft mit einer US- Telefongesellschaft, in diese Beteiligung könne er dann das TV-Kabel einbringen, statt die Anteile mit Geld oder Aktien zu bezahlen. "Angesichts der Preise, die zur Zeit für Kabelnetze bezahlt werden", zitiert DER SPIEGEL einen Telekom-Vorstand, "wäre das nicht ohne Reiz."
Wenn der Strommann zweimal klingelt
Die Deregulierung auf dem Strommarkt zeigt erste Folgen: Ein Broker vermittelt im Internet billige Tarife für Strom und Gas. Greenpeace ruft zum Wechsel auf politisch korrekten Ökostrom auf.
Aus: Spiegel Online 19. Mai 1999, 17.35 Uhr (nur elektronisch publiziert). [Original]HAMBURG. Strom zum Schnäppchenpreis was bisher für große Unternehmen recht war, ist seit dem liberalisierten Strommarkt auch für kleine Firmen und Privatkunden billig. Die Firmen Kilowatthandel GmbH Sachsens erster Energiebroker und die Firma www.virtuelles-kaufhaus.de organisieren bis zu 20 Prozent günstigeren Strom auch für Privathaushalte. Das Prinzip ist ganz einfach: Interessenten können sich über die Domäne www.billiger-strom.de für sogenannte Einkaufsgemeinschaften anmelden. Der Strombroker holt das beste Angebot für diese Einkaufsgemeinschaft ein für die großen Mengen gibt es außerdem noch Rabatt. Bis zu einem Fünftel weniger zahlt dann die Firma oder der normale Haushalt eine Familie kann so demnächst bis zu 500 Mark im Jahr sparen. Leider gilt das Angebot zur Zeit nur für Abnehmer von mindestens 5.000 kWh. Daher ist es vor allem für kleine Industriebetriebe oder Wohnungsbaugesellschaften interessant. "Aber spätestens in einem Jahr können wir den Billigstrom auch für Privatkunden einkaufen", sagt Strombroker Christian Haase. Schon jetzt können sie sich dafür vormerken lassen.
Seit dem 1. April letzten Jahres gilt der Wettbewerb auf dem deutschen Strommarkt. Die großen Versorger haben ihr Monopol verloren, private Anbieter drängen auf den Markt. Ähnlich wie beim Telefonmarkt haben die Großunternehmen zwar immer noch die Stromnetze in der Hand. Sie stellen sie den Konkurrenten zur Verfügung, die wiederum für den durchgeleiteten Strom eine bestimmte Gebühr zahlen müssen. Doch anders als auf dem Telefonmarkt haben die Privathaushalte bisher von der Liberalisierung des deutschen Strommarkts noch nicht profitiert. Theoretisch darf sich zwar jeder Kunde aussuchen, von welchem Energieversorger und zu welchem Preis er seinen Strom bezieht. Praktisch hat sich die neue Stromfreiheit aber noch nicht durchgesetzt.
Dabei gibt es durchaus auch für Privatleute schon neue Freiheiten: Wer beispielsweise keine Lust mehr auf Atomstrom hat, kann den privaten Ausstieg wagen: so wie Timm Krägenow aus Hamburg. Der 32jährige ist einer der ersten Stromkunden in Deutschland, die konsequent auf Ökostrom setzen. Sein Kühlschrank und sein Herd laufen seit zwei Monaten mit Energie aus einer Windkraftanlage. "Seinen" Strom erzeugen die Windräder im Windpark Francop, acht Kilometer von seiner Stadtwohnung entfernt. Die Ökostrom Handels AG in Hamburg kümmert sich um die Lieferung. Für die Durchleitung des Stroms muß Timm Krägenow den Hamburgischen Electricitäts- Werken 10,5 Pfennig pro Kilowattstunde zahlen. "Das ist immer noch zu teuer", so Krägenow, "insgesamt wird sich meine Stromrechnung so um 10 bis 20 Prozent erhöhen." Doch diesen Preis ist ihm der Ökostrom wert.
Neun Monate lang mußte der umweltbewußte Krägenow kämpfen, bis er den Windstrom nutzen konnte. Denn der Netzbetreiber HEW ließ erst nach zähem Ringen die Ökoenergie durch sein Stromnetz. Sie ließen sich immer neue Forderungen einfallen, um den Anbieterwechsel schwierig zu machen, meint Krägenow. So bauten die Elektrizitätswerke in seine Wohnung einen 2.000 Mark teuren Computer-Stromzähler ein, der jede Viertelstunde den exakten Stromverbrauch ermittelt und sonst nur für Industriekunden üblich ist. "Ich habe gesagt, wenn das nötig ist, dann bezahle ich das auch", erinnert sich Krägenow. "Ich wollte so schnell wie möglich wechseln und den HEW keinen Vorwand für weitere Verzögerungen bieten. Aber der Industriestromzähler war natürlich teurer Unsinn." Das haben inzwischen auch die HEW eingesehen und den teuren Computerzähler wieder ausgebaut. Privathaushalte, die ihren Stromanbieter wechseln, können künftig ihren normalen Stromzähler behalten. Sowieso wird der Wechsel eines Stromanbieters demnächst schneller möglich sein. "In wenigen Jahren herrscht auf dem Strommarkt für Privatleute der gleiche Wettbewerb wie heute auf dem Telefonmarkt", glaubt Windstrom-Pionier Krägenow, "dann werden auch die Preise für Ökostrom auf das Niveau der normalen Haushaltsstrompreise sinken."
Timm Krägenow wird nicht allein bleiben. Seit Ende August letzten Jahres wendet sich Greenpeace mit der Aktion Stromwechsel an alle Stromkunden. Die Umweltorganisation ruft dazu auf, von dem neuen Recht Gebrauch zu machen und zu einem umweltfreundlichen Stromversorger zu wechseln. Für die Ökoaktivisten ist eine saubere Stromerzeugung sowohl klimafreundlich als auch atomstromfrei. Durch einen Strommix, der je zur Hälfte aus regenerativen Energien und effizienten Kraft-Wärme- Kopplungsanlagen auf Gasbasis erzeugt wird, kann eine Vollversorgung sichergestellt werden. Seit Ende August 98 haben sich mehr als 60.000 Haushalte aus dem gesamten Bundesgebiet zum "Stromwechsel" bereit erklärt. Greenpeace sucht derzeit einen Partner, der die Versorgung der Stromkunden nach ökologischen Kriterien übernimmt.
Sommer fest im Sattel
Mit einem neuen Vertrag über fünf Jahre in der Tasche, spuckt Ron Sommer auf der Hauptversammlung große Töne. Er verwies auf die bisherigen Erfolge, kündigte neue Tarifmodelle an und will die Telekom zu einem der fünf führenden Anbietern machen.
Aus: Spiegel Online 27. Mai 1999, 14.09 Uhr (nur elektronisch publiziert). [Original]KÖLN. Die Telekom sei fest entschlossen, "einer der vier oder fünf Anbieter zu sein, die den Weltmarkt prägen", heißt es im vorab veröffentlichtem Redemanuskript von Ron Sommer. Das Unternehmen werde jede sinnvolle Möglichkeit nutzen, um seine Weltmarktstellung durch internationale Beteiligungen und Fusionen auszubauen.
Am Morgen hatte der Aufsichtsrat der Telekom noch Sommers Position gefestigt. Das Gremium stimmte der lang angekündigten Vertragsverlängerung für Sommer bis zum Jahr 2005 zu, teilte Chefkontrolleur Helmut Sihler zu Beginn der Hauptversammlung mit. Sommer bedankte sich dafür in seiner Rede, bevor er auf seine bisherigen Erfolge verwies.
So wurde der Konzernüberschuß 1998 um ein Drittel auf 4,4 Milliarden Mark gesteigert, und die Aktionäre können sich erneut über eine Dividende von 1,20 Mark plus 0,51 Mark Steuergutschrift freuen. Sommer rechnete vor, welchen Erfolg die T-Aktie seit dem Börsengang vor knapp drei Jahren gehabt habe. Und beim zweiten Börsengang werden wieder Privatanleger mit günstigen Konditionen gelockt. Da blieb für den Untergang des Telecom-Italia-Deals nicht viel Raum.
Konkret angekündigt wurden erneute Tarifsenkungen zum 1. Juli, die aber noch von der Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post in Bonn genehmigt werden müssen. Unter anderem will die Telekom sogenannte Budgettarife einführen. Dabei kosteten Ferngespräche nur noch fünf Pfennige je Minute, wenn der Kunde ein bestimmtes Kontingent im voraus einkaufe, erklärte Sommer.
Außerdem könnten Teilnehmer künftig für alle Gespräche zu fünf von ihnen festgelegten Nummern einen 30prozentigen Rabatt erhalten, wenn sie bereit seien, einen um fünf Mark erhöhten monatlichen Grundpreis zu zahlen. Zum Jahresende solle der Preisnachlaß automatisch für die fünf Rufnummern mit den höchsten Gesprächsumsätzen gelten. Für Geschäftskunden will die Telekom einen Business Basistarif mit sekundengenauer Abrechnung einführen.
Sommer: Kein Scherbenhaufen
Eine möglichen Untergangsstimmung wollte Sommer gestern vorbeugen. Auf einer überraschend einberufenen Pressekonferenz auf einem schwankenden Rheindampfer am Mittwoch abend ließ sich Sommer auch durch spitze Zungen nicht beirren. "Auf der Titanic spielte wenigstens noch ein Orchester", begrüßte eine Journalistin den Telekom-Chef.Sommer verbreitete Selbstbewußtsein: "Wir sind heute das erfolgreichste und größte Telekommunikationsunternehmen in Europa." Fragen nach Konktakten zum neuen Telecom-Italia-Mehrheitsaktionär Olivetti ließ er aber ebenso unbeantwortet, wie die nach möglichen Akquisitionszielen.
Die Schlacht um die Telecom Italia scheint zwar verloren. Doch bringe dies keineswegs die Deutsche Telekom von ihrem Kurs zum Ausbau zu einem der weltweit fünf führenden Telekommunikationskonzernen ab, erklärte Sommer auf dem vom Rheinhochwasser heftig umspülten Schiff. "Wie sind handlungsfrei in jeder Sache", und "wir stehen nicht unter unmittelbaren Handlungsdruck", gab sich Sommer über weitere Gespräche mit den Italienern gelassen.
Über Medienberichte unter dem Titel "Haus und Hof verwettet, Sommer steht vor einem Scherbenhaufen" könne er nur lächeln, sagte Sommer. Risiken gehörten nun mal zum Geschäft, wenn man wachsen wolle. "Ich fühle mich in keiner Weise vor einem Scherbenhaufen", sagte Sommer. Der Vorstand lasse sich auf seinem Weg nicht beirren. "Wir operieren nicht für den Tagesspekulanten."
In einer Mitteilung betonte der Vorstand gestern noch einmal, daß sich die Fusion mit der Telecom Italia nicht gegen den langjährigen Partner France Telecom richten sollte. Das Ziel der Telekom, über Zusammenschlüsse eine gewisse Größe zu erreichen, sei mit dem französischen Staatsunternehmen jedoch nicht zu verwirklichen gewesen. An dem internationalen Gemeinschaftsunternehmen Global One, an dem neben Telekom und France Telecom auch die US-Gesellschaft Sprint beteiligt ist, halte man unabhängig davon fest.
Trick der Telekom sorgt für satte Kursgewinne
Gewußt wie: Die Deutsche Telekom hat ihrem Börsenwert kurz vor der Ausgabe neuer Aktien einen kräftigen Schub verliehen. Sie beantragte für den Aktienanteil des Bundes die Handelszulassung und steigt damit noch vor DaimlerChrsyler zum größten Dax-Wert auf.
Aus: Spiegel Online 28. Mai 1999, 20.02 Uhr (nur elektronisch publiziert). [Original]FRANKFURT/MAIN. "Ein cleverer Schritt", hieß es anerkennend bei Analysten. Durch das höhere Gewicht im Deutschen Aktienindex (Dax) müssen Fonds, die sich am Kursbarometer der 30 Topwerte orientieren, ihre Bestände an Telekom-Titeln aufstocken. Das sorgte nicht nur am Freitag für kräftige Nachfrage nach den Aktien des Telekommunikations-Konzerns, sondern wird nach Meinung von Analysten auch den Absatz der Ende Juni in den Handel kommenden neuen T-Aktien ankurbeln.
In den vergangenen Wochen hatte der am Jahresanfang noch so rasant ansteigende Telekom-Kurs durch die Bekanntgabe der Kapitalerhöhung und die Fusionspläne mit Telecom Italia kräftige Dämpfer erhalten. Selbst das Scheitern der Fusion und das kämpferische Auftreten von Konzernchef Ron Sommer brachte die T-Aktie kaum von ihrer Talfahrt ab.
Mit ihrem Griff in die Trickkiste, für den Aktienanteil des Bundes von 72 Prozent die Handelszulassung zu beantragen und damit zum größten Dax-Gewicht aufzusteigen, trieb die Telekom den Aktienkurs nun wieder um rund zehn Prozent nach oben. Und das, obwohl der Titel am Tag nach der Hauptversammlung mit einem Dividendenabschlag gehandelt wurde.
Allerdings unterstreicht der Konzern mit seinem Schritt auch die Einschätzung vieler Analysten, daß die Kursgewinne der Telekom bis Anfang März vor allem auf das Gewicht der Aktie in den führenden europäischen Aktienindizes und nicht auf Nachrichten über den Erfolg des Unternehmens zurückzuführen waren.
In den vergangenen Tagen hatte Konzernchef Sommer verstärkt seine Vision eines künftigen Weltkonzerns Deutsche Telekom und die damit verbundenen Gewinnchancen in der Öffentlichkeit angepriesen. Doch die Turbulenzen um die Fusion mit Telecom Italia und der daraus entstandene Streit mit dem Partnerunternehmen France Télécom hatte die Investoren eher skeptisch gestimmt.
Ab dem 21. Juni wird die Telekom nun nach eigenen Angaben ein Gewicht von rund 13 Prozent statt bisher 5,07 Prozent im Dax haben und damit das bisher führende Schwergewicht DaimlerChrysler auf den zweiten Platz verweisen. Da der Bund zugesagt hat, mindestens ein weiteres Jahr mit dem Verkauf seiner Aktien zu warten, erhöht sich das gehandelte Aktienvolumen durch die Börsenzulassung der Bundesanteile nicht.
Doch dieser clevere Schritt dürfte die Investoren alleine nicht vom Aufstieg der Telekom in die Weltliga der Branche überzeugen. Es bleibt spannend, ob Sommer den Investoren noch vor der Ausgabe der neuen Papiere durch einen Zukauf oder den Anlauf zu einer neuen Fusion fundamentale Gründe für eine Neubewertung der Telekom-Aktie liefern kann. [Kommentar]
Pay-TV: Der letzte Versuch
Fast zehn Jahre nach Beginn steckt das Bezahlfernsehen in Deutschland noch immer in der Krise. Trotz Milliardenverlusten in der Vergangenheit wagt die Kirch-Gruppe einen Neustart: Im Herbst beginnt die Offensive für die vereinigten Sender Premiere und DF 1.
Zu finden in: Der Spiegel 23/1999, 7. Juni 1999, Seite 110112 (Medien).
Internet-Gebühren: Die Preise bröckeln
Im harten Konkurrenzkampf um den europäischen Markt erproben die Provider immer neue Tarifmodelle für den Internetzugang. Nun soll es auch in Deutschland gebührenfreie Internetzugänge und Pauschaltarife nach amerikanischem Vorbild geben.
Aus: Spiegel Online 23. Juni 1999, 13.40 Uhr (nur elektronisch publiziert). [Original]Bei den Internet-Gebühren in Europa zeichnet sich ein neuer Preisrutsch ab: Im Konkurrenzkampf um den billigsten Internetzugang drängen die Anbieter mit immer neuen Tarifsystemen auf den Markt.
Die Computerfirma Dell gab bekannt, sie stelle in Deutschland ab sofort einen gebührenfreien Internetzugang bereit, bei dem der Nutzer nur noch die örtlichen Telefongebühren bezahlen muß. Im letzten Monat hatte Dell schon einen ensprechenden Zugangsdienst in Großbritannien gestartet. Nun solle DellNet innerhalb der nächsten Wochen auch auf Frankreich, Schweden und die Beneluxländer ausgedehnt werden, sagte der Direktor von Dell Online in Europa, Gordon Ballantyne.
Auch bei AOL Europe denkt man offensichtlich über die Möglichkeit eines gebührenfreien Internetzugangs nach: "In Großbritannien erwägen wir die nächsten Schritte in der Entwicklung von Internet- Geschäftsmodellen", sagte ein AOL-Sprecher am Montag. Eine konkrete Absicht wurde jedoch von AOL Europe bestritten.
"Wir beschäftigen uns mit einer Vielzahl von Modellen", erklärte der Präsident von AOL Europe, Andreas Schmidt, "darunter auch mit sogenannten 'freien' Diensten als zusätzliche Möglichkeit zu unseren erfolgreichen beitragsbasierten Marken AOL und CompuServe." Wenn sich das 'freie' Modell als rentable Marktnische herausstelle, dann sei AOL Europe bestens vorbereitet, um diese Nische zu besetzen.
Auf dem britischen Markt hatte die Firma Dixon im vergangenen Herbst zuerst einen gebührenfreien Internet-Zugang angeboten, bei dem der Kunde nur die Telefongebühren zahlen muß. Daraufhin zogen verschiedene andere Anbieter mit eigenen freien Angeboten nach.
Der gebührenfreie Internetzugang ist nach Ansicht von AOL aber nicht das günstigste Modell für den Verbraucher. "Die als 'free' verkauften Angebote sind nicht kostenlos", sagte Frank Sarfeld, Sprecher von AOL Deutschland, "denn in Großbritannien wie in Deutschland fallen hohe Minutenpreise für Telefonzugang inklusive Internetzugang an."
Stattdessen will AOL auf dem deutschen Markt demnächst einen sogenannten "Flat-Rate"-Tarif einführen, bei dem die Nutzer gegen eine monatliche Pauschalgebühr unbegrenzte Zeit online sein können: "AOL wird in Deutschland wie auf der CeBit angekündigt bald eine Flat-Rate einführen", sagte Sarfeld am Dienstag. Über Zeitpunkt und Preis des Angebotes wollte er sich jedoch noch nicht äußern.
Ein solcher AOL-Pauschaltarif werde der Internet-Nutzung in Deutschland zum Durchbruch verhelfen, sagte Sarfeld. Außerdem verspricht er sich von diesem Tarifmodell eine verbesserte Nutzung von E-Commerce-Angeboten: "Im Kaufhaus werden Ihnen ja auch nicht die Minuten in Rechnung gestellt, die Sie beim Einkauf vor den Regalen verbringen."
Unterdessen drängen neue Internet-Provider mit verschiedenen Tarifmodellen auf den deutschen Markt, bei denen die Zugangsgebühren zu bestimmten Zeiten unter den Gebühren für Ortsgespräche liegen. Die Berliner Firma Naked-Eye bietet Vielnutzern einen Zugang, bei dem 100 Stunden Internet im Monat pauschal mit 100 Mark berechnet werden sollen [mehr]. Die Münchner Gesellschaft AddCom will ab dem 8. Juli spätabends 3,9 Pfennig pro Minute berechnen. In beiden Fällen sind die Telefongebühren bereits in den Gebühren enthalten.
AOL plant Free-Service unter dem Namen Netscape Online
Aus: Spiegel-Pressemeldung 26. Juni 1999 zum Artikel "Wir rennen Marathon" (Das Medienimperium von AOL) im SPIEGEL 26/1999, 28. Juni 1999, Seite 9499 (Medien). [Kompletter SPIEGEL-Artikel]HAMBURG. AOL, Europas zweitgrößter Internet-Service, will im August in Deutschland und Großbritannien einen sogenannten Free-Service einführen und dafür die Marke Netscape nutzen. Wie das Nachrichten-Magazin DER SPIEGEL in der aktuellen Ausgabe berichtet, soll der Service Netscape Online heißen.
Für den Kunden würden lediglich die Telefongebühren anfallen, schreibt DER SPIEGEL. AOL erwägt auch, die Kundenbetreuung gratis zu offerieren. Üblicherweise erheben Free-Services dafür eine Gebühr. Erste Tests werden schon im Juli beginnen. AOL hatte die Internet-Firma Netscape im vergangenen Jahr für 4,2 Milliarden Dollar gekauft.
Gleichzeitig will AOL eine Pauschalrate für seine Dienste AOL und Compuserve einführen. Der Preis wird unter zwanzig Mark im Monat liegen. Etwas später soll AOL auch über das Kabelnetz der Telekom angeboten werden.
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