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V E R T R E T E R D E R T E L E K O M - K U N D E NTelekom hat sich verrechnet
Die Deutsche Telekom muss ihre Bilanz korrigieren. Weil das Immobilienvermögen weniger wert ist als bisher angenommen, fällt der Jahresgewinn 2000 um 1,5 Milliarden Euro niedriger aus.
Aus: Spiegel Online 21. Februar 2001, 21.28 Uhr (nur elektronisch publiziert). [Original]BONN. Insgesamt müssten Wertberichtigungen im Wert von zwei Milliarden Euro vorgenommen werden, teilte Telekom-Sprecher Ulrich Lissek heute mit. In der Bilanz wirkt sich diese Neubewertung mit einem Minus von 1,5 Milliarden Euro aus. Der auf vorläufiger Basis veröffentlichte Konzerüberschusses 2000 müsse von zuvor 7,4 Milliarden Euro auf 5,9 Milliarden Euro korrgiert werden, erklärte Lissek. Die Wertberichtigung habe aber keinen Einfluss auf die Liquidität des Unternehmens.
Die Neubewertung der Grundstücke war notwendig geworden, weil die Deutsche Telekom einen erheblichen Teil ihres Immobilienvermögens verkaufen muss, um ihre Schulden zu bezahlen. Den Gesamtbuchwert des Immobilienvermögens gibt die Telekom jetzt mit 17,2 Milliarden Euro an. "Der Immobilienbestand ist damit aus bilanztechnischer Sicht konservativ bewertet. Ich gehe davon aus, dass sich deshalb nicht mehr viel ergeben dürfte", sagte Lissek zu einem möglichen weiteren Abschreibungsbedarf.
Neben den Immobilienverkäufen bringt auch die Trennung von den Sprint-Anteilen weniger Geld in die Kasse als ursprünglich kalkuliert. Die derzeit von der Telekom gehaltenen Sprint-Papiere hätten einen aktuellen Marktwert von 2,1 Milliarden Euro, hieß es in Bonn. Vor wenigen Monaten noch hatten die Telekom-Strategen mit einem Wert von rund acht Milliarden Euro gerechnet.
Auf den Börsenkurs wirkte sich insbesondere die Wertberichtigung der Immobilien verheerend aus. Die T-Aktie verlor bis zum frühen Nachmittag mehr als 4 % und rutschte damit unter die Marke von 26 Euro. Das Papier hatte erst in der vergangenen Woche seinen tiefsten Stand seit mehr als zwei Jahren markiert und sich zu Beginn dieser Woche leicht von diesem Rückschlag erholt. [mehr]
[DIE TELEBÖRSE: Börsengang mit falschen Zahlen?]
D E R M A R K T - F O R S C H E RSommer hat versagt
Manfred Herresthal, Vorsitzender des Verbandes für Post und Telekommunikation [DVPT], hat Ron Sommer zum Rücktritt aufgefordert. Im Interview mit Spiegel Online lässt er kein gutes Haar an dem Telekom-Chef.
Aus: Spiegel Online 22. Februar 2001, 13.45 Uhr (nur elektronisch publiziert). Das Interview führte CARSTEN MATTHÄUS. [Original]SPIEGEL ONLINE: Sie haben Ron Sommer zum Rücktritt aufgefordert, warum?
Herresthal: Das ist relativ einfach. Ron Sommer ist angetreten mit der klaren Vorgabe, die Telekom global aufzustellen. Aber nach der ganzen Zeit kann man sagen, dass daraus praktisch nichts geworden ist. Es gibt zwar einige internationale Beteiligungen, insbesondere in den östlichen Ländern. Jeder weiß aber, wie die Kaufkraft der östlichen Länder aussieht. In der nächsten Zeit ist dort praktisch nichts zu verdienen. In den westlichen Ländern hat Sommer nach unserer Auffassung total versagt. Daran ändert auch die Übernahme von VoiceStream nichts, denn VoiceStream wird auf Jahre hinaus keinen Gewinn abwerfen. Im Gegenteil dort muss eine ganze Menge investiert werden.
SPIEGEL ONLINE: Sie werfen dem Telekom-Chef Missmanagement vor, was meinen Sie konkret?
Herresthal: T-Online beispielsweise ist im Prinzip eine Katastrophe. Nicht nur vom Management her, auch im Hinblick auf den Netzaufbau. Ganz egal, mit welcher Technik die Nutzer auf T-Online zugreifen, sie verzweifeln. Man kann ein Produkt nicht bewerben bis zum Gehtnichtmehr ohne gleichzeitig darauf zu achten, dass ein entsprechender Ausbau der Netze passiert. Ein weiterer Punkt ist unverändert das Problem der Abrechnung. Wir bekommen täglich stapelweise Reklamationen von Kunden, die ihre Telefon- oder T-Online- Rechnung nicht mehr nachvollziehen können. Da wird teilweise über Monate nachberechnet. Es gibt also eine ganze Menge interner Probleme.
SPIEGEL ONLINE: Ron Sommer verlangt, dass die Regulierung der Telekommunikation in Deutschland gelockert werden soll. Denken Sie da ähnlich?
Herresthal: Nein, das hat nichts mit der momentanen Problematik der Telekom zu tun. Fast auf allen Bereichen hat die Telekom noch eine Quasi-Monopolstellung. Ich bin auch der Meinung, dass die Regulierungsbehörde ein falsches Signal gegeben hat, als sie die Gespräche in die Türkei freigegeben hat. Damit wurde die Tür geöffnet, dass die Telekom sukzessive aus der Regulierung entlassen wird. Wir haben aber immer noch fast ein Monopol im Ortsnetzbereich und auch bei den Auslandsgesprächen dominiert die Telekom. Es ist also noch längst nicht an der Zeit, die Regulierung zu lockern.
SPIEGEL ONLINE: Glauben Sie, dass eine Klage der Aktionärsschützer auf Prospekthaftung Erfolg haben könnte?
Herresthal: Ich bin kein Aktienexperte. Aber es ist seit Jahren klar, dass die Telekom-Immobilien nicht richtig bewertet worden sind. Ich habe volles Verständnis dafür, dass sich die Aktionäre jetzt dagegen angehen, weil sie sich nicht fair behandelt fühlen.
SPIEGEL ONLINE: Wir beurteilen Sie das momentane Verhalten von Ron Sommer?
Herresthal: Er ist ja in der letzten Zeit erstaunlich ruhig. Aber über seine letzten Aussagen zum Thema VoiceStream kann ich mich nur wundern. Man kann nicht sagen, dass VoiceStream deshalb der Renner sei, weil dann endlich die deutschen Kunden mit einem GSM-Handy in den USA telefonieren können. Ron Sommer müsste eigentlich wissen, dass es seit geraumer Zeit Tri-Band-Handys gibt, mit denen man problemlos auch in den USA telefonieren kann. Diese Handys kosten nur unwesentlich mehr als GSM-Handys. [mehr]
T E L E K O MWas Sommer können müsste
Fünf große Jobs stehen im Aufgabenheft jedes Vorstandschefs. Ron Sommer scheint bei dreien davon Schwierigkeiten zu haben.
Aus: Spiegel Online 23. Februar 2001, 17.18 Uhr (nur elektronisch publiziert). [Original]Stellen wir uns eine Stellenanzeige für den Beruf des Vorstandsvorsitzenden (VV) oder neudeutsch des Chief Executive Officer (CEO) vor. Schwer zu sagen, wie die Aufgabenbeschreibung lauten müsste. "Vorsitzen" oder gar "Chief sein", dürfte kaum den Punkt treffen. Woran sollte man die Leistungen der Sommers, Schrempps und von Pierers messen? Die knappe amerikanische Antwort auf diese Frage wäre: am Aktienkurs, woran sonst. Der Vorstandschef ist der oberste Kurspfleger, die Bewertung seiner Leistungen kann man dem Kursteil entnehmen. Wer so argumentiert, hat sicher zum Teil recht, er drückt sich aber vor der eigentlichen Frage. Denn Aktienkurse spiegeln eine Vielzahl von Faktoren wider, die ein Unternehmensboss beeinflussen kann und muss.
Fünf Hauptaufgaben lassen sich aus dem Gewirr der Stimmen zur Rolle des CEO heraushören. Erstens muss er (oder sie) etwas bieten, was sich unter dem etwas aus der Mode geratenen Begriff der Vision zusammenfassen lässt: Wo soll das Unternehmen in zehn Jahren stehen und wie will man dorthin gelangen. Daraus leitet sich die zweite zentrale Aufgabe des CEO ab, nämlich das Unternehmensportfolio zu gestalten. In welchen Geschäften will man tätig sein, wo wird zugekauft, wo und wie viel investiert, was wird abgestoßen. Drittens muss der CEO als oberster Personalchef die Spitzenposten seines Unternehmens mit fähigen Leuten besetzen. Krisen sind die vierte große Herausforderung der Bosse: Sie müssen zur richtigen Zeit Brandherde erkennen, zur Chefsache machen und löschen. Aufgabe Nummer fünf heißt Kommunikation und überstrahlt bisweilen die anderen vier: Der VV als Verkörperung, als Gesicht und Stimme des Unternehmens gegenüber Kunden, Mitarbeitern und mehr denn je Kapitalgebern.
Die bekanntesten deutschen Chefs schlagen sich in diesen fünf Disziplinen mit recht unterschiedlichem Erfolg. Siemens-Chef Heinrich von Pierer und Jürgen Schrempp von DaimlerChrysler haben trotz vieler Rückschläge beim immer wieder notwendigen Umbau ihrer Konzerne Großes geleistet. Pierer und sein Banker-Kollege Rolf Breuer scheinen in der Lage zu sein, hervorragende Manager zu holen und ihnen neben sich noch Luft zum Atmen zu lassen. Beim Thema Krisenbewältigung hat von Pierer nach langem Anlauf 1998 erfolgreich gehandelt, Schrempps Gesellenprüfung können wir täglich beobachten, Endnote ungewiss. Rolf Breuer ist als Kommunikator schwer zu schlagen, zumindest was Kunden und Kapitalseite betrifft.
Und wie schlägt sich der Telekom-Chef im Kreuzfeuer von Aktionärs- und Medienkritik? Die Vision vom "global aufgestellten Unternehmen" zerbröckelt gerade, wenngleich der Weg von der Bonner Behörde zur Notierung an der Wall Street zweifelsohne eine visionäre Großtat war. Die Gestaltung des Unternehmensportfolios muss man angesichts der vielen gescheiterten Übernahme- und Fusionsversuche eher als unsortiert bezeichnen. Auch bei der Personalauswahl bewies Sommer bisher keine glückliche Hand: Persönlichkeiten wie Dieter Zetsche neben Schrempp oder Josef Ackermann neben Breuer wollen neben dem Telekom-König auch nicht wachsen.
Das Kommunikationstalent entgleitet Sommer zur Zeit. "Verständnis für den Zorn" hilft den Aktionären wenig, gefragt ist das Bekenntnis zur Krisenbewältigung als Chefsache. Bei dieser Aufgabe hat Sommer nun alle Möglichkeiten: Ganz Deutschland sieht gespannt zu, wie er die Telekom aus der Krise steuert. Misslingt dies, dann wird die sechste große CEO-Aufgabe auf ihn zukommen, die seit 1996 bei zwei Dritteln aller Großunternehmen weltweit einmal zu tun war: den Hut nehmen und den Weg für einen Neuanfang frei machen. [mehr]
T E L E K O MMuss Sommer nächste Woche gehen?
Wegen des dramatischen Kursverfalls der T-Aktie soll angeblich bereits nach einem Nachfolger für Telekomchef Ron Sommer gesucht werden. Möglicherweise läuft seine Zeit schon in der kommenden Woche ab.
Aus: Spiegel Online 24. Februar 2001, 17.55 Uhr (nur elektronisch publiziert). [Original]HAMBURG. Laut einem Bericht der Welt am Sonntag soll der Aufsichtsrat der Telekom bereits potenzielle Nachfolger für den Telekom-Chef sondiert haben. Als mögliche Kandidaten würden Bahn- Aufsichtsratschef Dieter Vogel, Carsten Schloter, Vorstandsmitglied bei der Swisscom, und Vertriebs- Telekomvorstand Josef Brauner gelten. In Regierungskreisen werde spekuliert, ob Sommer bereits in den kommenden Tagen seinen Posten räumen muss.
Ein Telekom-Sprecher wies den Bericht entschieden zurück. Die Spekulationen entbehrten jeder Grundlage, sagte er. Noch in der vergangenen Woche habe sich der Aufsichtsrat voll hinter Sommer gestellt und ihm das Vertrauen ausgesprochen. Sommer, der zum Wochenschluss betont hatte, er wackele nicht, soll nach Informationen des Blattes bereits zu Beginn der Woche dem Telekom- Aufsichtsratschef Hans-Dietrich Winkhaus seine Demission angeboten haben, wenn die Bundesregierung ihm nicht eine Ehrenerklärung gebe. Doch Kanzler Gerhard Schröder soll diese Bitte mit einem "deutlichen Nein" verwehrt haben. Schlusspunkt eines offenbar seit langem gestörten Verhältnisses, schreibt die WamS.
So soll Sommer bereits im Vorfeld der UMTS-Versteigerung vergangenen Herbst vor den kostentreibenden Regeln der Versteigerung gewarnt und um ein Termin beim Kanzler gebeten haben. Auch diese Anfrage soll Bundeskanzler Schröder verneint haben. Sommer soll kaum noch Kontakt ins Kanzleramt sowie ins Wirtschafts- und Finanzministerium haben, heiße es. Das Blatt zitierte einen nicht näher genannten Insider mit den Worten: "Den engen Draht in die Politik, wie etwa nach der Wahl 1998, gibt es nicht mehr. Das Verhältnis ist endgültig zerstört."
Finanzministerium gerät in die Kritik
Der FDP-Fraktionsvize Rainer Brüderle fordert nach Angaben der Welt am Sonntag, Bundesfinanzminister Hans Eichel müsse als Hauptaktionär mit Sommer sehr intensive Gespräche führen. Im Sinne der Kleinaktionäre solle nun geprüft werden, ob es Prospekthaftungsansprüche gegen die Telekom gebe. Die FDP habe ein solches Prüfbegehren über den Rechnungshof beantragt.Elmar Müller, Vorsitzender des Beirats der Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post, sagte nach Angaben des Blattes: "Ich denke, die Situation hat einen Zeitpunkt erreicht, an dem ein Rücktritt von Ron Sommer unausweichlich ist."
Zugleich gerate wegen des dramatischen Kursverfalls der T-Aktie nun auch das Finanzministerium unter Beschuss, schrieb die Zeitung. Christine Scheel, finanzpolitische Sprecherin der Grünen und Vorsitzende des Finanzausschusses des Deutschen Bundestages will nach Informationen des Blattes noch in dieser Woche das Finanzministerium zu einer Stellungnahme auffordern, wie sich die Situation der Telekom aus Sicht der Regierung darstellt.
Versäumnisse der Bundesregierung kritisierte Gunnar Uldall, wirtschaftspolitischer Sprecher der CDU-Fraktion. "Der Hauptgesellschafter trägt eine große Verantwortung und daher hätten sich Bundeskanzler Schröder und Finanzminister Eichel schon längst einschalten müssen." [mehr]
Klage gegen Ron Sommer
Jetzt klagen geschädigte T-Aktionäre gegen den Vorstandsvorsitzenden Ron Sommer. Gleich vier Straftatbestände sehen sie erfüllt, darunter Verschleierung, Kapitalanlagebetrug und Verstöße gegen das Börsengesetz.
Aus: Spiegel Online 27. Februar 2001, 21.39 Uhr (nur elektronisch publiziert). [Original]BONN. Die Rechtsanwälte Jens-Peter Gieschen und Hans-Joachim Wiebe haben die Klage am Dienstag im Auftrag der Aktionsgemeinschaft geschädigter T-Aktionäre eingereicht. Den Anwälten zufolge sehen die Aktionäre einen Anfangsverdacht bestätigt, wonach folgende Straftatbestände erfüllt seien. Die Vorwürfe an den Vorstandsvorsitzenden Sommer lauten unter anderem: falsche Angaben gemäß Paragraf 399 des Aktiengesetzes, Verschleierung tatsächlicher Verhältnisse einer Kapitalgesellschaft, Kapitalanlagebetrug und Verstoß gegen Paragraf 88 des Börsengesetzes.
Die Kläger beziehen sich auf die massive Abwertung des Immobilienvermögens um vier Milliarden Mark. Diese Zahlen hatte die Telekom erst in der vergangenen Woche bekannt gegeben. Es spreche einiges dafür, dass zumindest beim zweiten und dritten Börsengang keine wahrheitsgemäßen Angaben über die Immobilienwerte gemacht worden seien. Der Vorwurf treffe vor allem Konzernchef Ron Sommer, der für die Revision zuständig sei. "Wer Kontrollpflichten hat, muss sie auch ausüben", sagte Gieschen.
Vermutlich habe die Telekom schon seit geraumer Zeit von der Fehlbewertung gewusst, habe die notwendige Korrektur jedoch nicht vorgenommen, um nicht den dritten Börsengang und die VoiceStream-Übernahme zu gefährden. Sollte sich herausstellen, dass Vermögenswerte falsch dargestellt wurden, werde man versuchen, für die bislang zehn Mandanten Ersatz für deren "beträchtliche Schäden" zu erreichen, erklärte Wiebe. Einige von ihnen hätten mehr als 80.000 Mark durch die Investition in die T-Aktie verloren.
Die Aktionsgemeinschaft ist in der vergangenen Woche von den beiden Anwälten gegründet worden. Die Strafanzeige soll am heutigen Dienstag bei den Amtsgerichten Hannover, Oldenburg, Bonn, München und Frankfurt eingehen. Auf ihrer frisch geschalteten Internet-Seite www.t-ax.de will die Aktionsgemeinschaft über den Fortgang und die Resonanz des Prozesses informieren. Dort werden auch die Beschwerden anderer Geschädigter gesammelt. [mehr]
UMTS: Behörde untersagt Kooperation
Wer in Deutschland eine UMTS-Lizenz gekauft hat, muss ein eigenes Netz aufbauen, sagt die Regulierungsbehörde. Damit macht sie Plänen der Telefongesellschaften, Netze gemeinsam zu nutzen, einen Strich durch die Rechnung.
Aus: Spiegel Online 27. Februar 2001, 21.40 Uhr (nur elektronisch publiziert). [Original]BONN. Die Regulierungsbehörde für Post und Telekommunikation sieht keinen Spielraum für einen gemeinsamen UMTS-Netzaufbau mehrerer Anbieter in Deutschland. Es werde sicher zu keinen Änderungen in den grundsätzlichen Lizenzaussagen kommen, sagte ein Sprecher der Behörde.
Bislang habe es nur von dem einen oder anderen Unternehmen Auslegungsfragen gegeben. Laut Presseberichten loten einige Mobilfunkanbieter aus, wie sie die Investitionskosten senken können. MobilCom- Sprecher Matthias Quaritsch bestätigte, dass Netzbetreiber miteinander redeten.
Konkrete Verhandlungen gebe es aber noch nicht. "Es macht Sinn, Synergien beim Netzaufbau zu nutzen", sagte er. So könnten beim Aufstellen von Antennen Standorte gemeinsam genutzt werden. Allerdings sähen die Lizenzauflagen den Aufbau eigener Netze vor. Die Höhe der Kosteneinsparungen konnte Quaritsch noch nicht genau beziffern. Laut "Handelsblatt" hatten Branchenkreise Einsparungen zwischen 20 und 40 % beim Netzaufbau in Aussicht gestellt.
Kirch verhandelt Telekom dementiert
Verhandeln sie nun, oder verhandeln sie nicht? Selbst über diese Frage scheinen sich Leo Kirch und T-Online nicht einig zu sein.
Aus: Spiegel Online 28. Februar 2001, 19.39 Uhr (nur elektronisch publiziert). [Original]BONN. "Wir verhandeln, aber es gibt noch keine Ergebnisse", sagte ein Kirch-Sprecher heute auf Anfrage in München. Die Telekom erklärte indes, ein Vorabbericht des Magazins Stern, in dem unter anderem über Pläne zur Einbringung von Kirch-Inhalten bei der Telekom-Tochter T-Online berichtet wurde, sei falsch. "Wir dementieren diesen Bericht eindeutig", sagte ein Sprecher der Telekom. Der Telekom-Sprecher wies zudem Angaben aus dem Stern-Bericht zurück, wonach sich T-Online auf einen Einstieg von Kirch bei T-Online vorbereite. "Wir führen keine wie auch immer gearteten Einstiegsverhandlungen mit Kirch.
Das Magazin hatte berichtet, die KirchGruppe sei Wunschkandidat von Telekom-Chef Ron Sommer für eine Minderheitsbeteiligung. T-Online-Chef Thomas Holtrop habe bereits einen Vorstandsposten für den neuen Teilhaber freigehalten. Aussichtsreicher Kandidat für den Posten des für Inhalte zuständigen Vorstands sei Hans Seger, Manager von Kirchs Pay-TV-Sparte. Die Telekom wies auch dies zurück.
Hintergedanke der Überlegungen über einen Kirch- Einstieg sei, dass ein Kirch- Mann die Inhalte für T-Online gleich mitbringe, hieß es im Stern weiter. Der Kirch-Sprecher sagte dazu auf Anfrage, Kirch sei als großer Anbieter von Inhalten daran interessiert, diese über alle Medien zu verbreiten. Bei der Telekom hieß es dazu, T-Online spreche über solche Fragen derzeit mit niemanden: "Wir führen keine aktuellen Gespräche über Inhalte", sagte der Sprecher. Dies gelte sowohl für Kirch als auch für andere Anbieter.
Der Kurs der T-Online-Aktie gab heute in einem schwachen Gesamtmarkt zeitweise um bis zu 8 % auf 11,11 Euro und damit auf den tiefsten Stand seit dem Börsengang im Frühjahr 2000 nach.
P A Y - T VTelekom-Chef Sommer unter Beschuss aus dem eigenen Haus
Aus: Spiegel-Pressemeldung 3. März 2001, 12.44 Uhr zum Artikel "Kritik von Führungskräften" im SPIEGEL 10/2001, 5. März 2001, Seite 123 (Trends).HAMBURG. Nach dem Kurssturz der T-Aktie, Klagen von Kleinaktionären und Rücktrittsforderungen aus der Politik droht Telekom- Chef Ron Sommer nun auch Ärger aus dem eigenen Haus. Wie das Nachrichten-Magazin Der Spiegel meldet, will eine Gruppe von Führungskräften, die der SPD nahe stehen, um Termine bei hochrangigen Regierungsmitgliedern wie Finanzminister Hans Eichel und Kanzleramtsminister Hans Martin Bury nachsuchen. Dort wollen sie die ihrer Ansicht nach "mangelnden Managementqualitäten" Sommers darstellen und darauf drängen, einen Nachfolger zu suchen.
Anlass für den internen Aufstand ist ein Rundschreiben, das Sommer vor einigen Tagen 300 Führungskräften geschickt hat. Darin macht er vor allem die von "Halbwahrheiten" geprägte "Medienberichterstattung" für den schlechten Kurs der T-Aktie verantwortlich und kündigt verstärkte Kommunikationsbemühungen an. Diese Analyse, so glaubt die Gruppe der Manager, gehe an der Realität vorbei. Sommer und Teile seines Vorstandes würden Probleme wie die "eklatante Ertragsschwäche" in fast allen Geschäftsbereichen verdrängen, anstatt Lösungen zu suchen. [mehr]
T E L E K O MGefahr für Kirch
Aus: Der Spiegel 10/2001, 5. März 2001, Seite 71 (Medien).Medienunternehmer Leo Kirch kämpft an mehreren Fronten, um sein PayTV- Unternehmen Premiere World profitabel zu machen bisher mit wenig Aussicht auf Erfolg. Bundeskanzler Gerhard Schröder drängt ihn, die Fußball- WM weitgehend im frei empfangbaren Fernsehen zu zeigen, die Automobilindustrie denkt laut darüber nach, eigene Rennen zu veranstalten, falls die Formel 1 künftig live nur noch im Bezahlfernsehen laufen sollte, und zudem droht Gefahr von seinem Partner Rupert Murdoch, weil die Verluste des Pay-Anbieters weiter steigen.
Allein im vierten Quartal 2000 betrug das Minus von Premiere World rund 350 Millionen Mark, gegenüber 320 Millionen im Quartal zuvor. Das ergibt sich aus der Bilanz des Premiere- Mitgesellschafters BSkyB. Damit hat der Kirch- Ableger in einem halben Jahr 670 Millionen Mark verloren. Da die wirtschaftlichen Ziele voraussichtlich weit verfehlt werden, kann Murdoch im Herbst sein Premiere- Investment von über 3 Milliarden Mark zurückfordern oder die Mehrheit der Anteile übernehmen.
Ärger könnte Kirch auch Murdochs Partner John Malone machen, der über die Firma UPC bereits Kabelnetze in Deutschland kontrolliert. Der Amerikaner akquirierte zudem in 6 Regionen TV-Netze der Deutsche Telekom. Damit bringt der machtbewusste Malone künftig Fernsehprogramme in viele Haushalte und kann die Konditionen, auch für Premiere World bestimmen.
T E L E K O MVorstand Tenzer soll Sommer ablösen
Telekom-Chef Ron Sommer steht offenbar vor dem Rauswurf. Gerd Tenzer soll bereits als sein Nachfolger feststehen.
Aus: Spiegel Online 6. März 2001, 11.14 Uhr (nur elektronisch publiziert). [Original]HAMBURG. Nach Informationen von manager magazin online soll Telekom- Vorstandsmitglied Gerd Tenzer, 57, den Chefposten übergangsweise übernehmen. Er ist bei der Telekom momentan für Einkauf, Netze und Ökologie zuständig. Ein Wechsel von Sommer zu Tenzer ist dem Bericht zufolge jedoch erst nach der Abwicklung des VoiceStream-Kaufes und der Telekom- Hauptversammlung im Mai möglich.
Wie der SPIEGEL berichtete, will eine Gruppe von SPD- nahen Telekom-Managern bei der Bundesregierung eine schnelle Absetzung ihres Chefs erreichen. Sie sollen bereits bei Bundesfinanzminister Hans Eichel und Kanzleramtsminister Hans Martin Bury um ein Gespräch gebeten haben. Die Rebellen werfen Sommer "mangelnde Managementqualitäten" vor. Anlass für den Aufstand sei ein Rundschreiben Sommers, in dem dieser den schlechten Kurs der T-Aktie vor allem mit "Halbwahrheiten" in der "Medienberichterstattung" begründet. Die Manager sehen dem Bericht zufolge in dem Brief Sommers eine Verdrängung der wahren Probleme wie einer "eklatanten Ertragsschwäche" in fast allen Geschäftsbereichen. [mehr] [noch mehr]
Ron Sommer: Ende des Strahlemanns? [21.02.2001: Sommers Durchhalte-Brief]
[21.02.2001: Telekom hat sich verrechnet]
[22.02.2001: Sommer hat versagt]
[23.02.2001: Was Sommer können müsste]
[24.02.2001: Muss Sommer nächste Woche gehen?]
[27.02.2001: Klage gegen Ron Sommer]
[03.03.2001: Telekom-Chef Sommer unter Beschuss aus dem eigenen Haus]
[06.03.2001: Ende der Sommer-Zeit]
P O W E R L I N ERon Sommer im Visier der Staatsanwaltschaft
Telekom-Chef Ron Sommer droht neuer Ärger. Staatsanwälte ermitteln wegen Aktionärsbetrugs.
Aus: Spiegel Online 10. März 2001, 16.52 Uhr (nur elektronisch publiziert). [Original]BONN. Sommer, so der Verdacht, könnte über Jahre hinweg von der Falschbewertung der Immobilien gewusst haben, ohne entsprechend zu reagieren, also die Bilanzen zu korrigieren.
Bisher hatten die Ermittler neben diversen Managern hauptsächlich den ehemaligen Telekom- Finanzvorstand Joachim Kröske wegen Falschbilanzierung und Kapitalbetrugs unter Verdacht. Der Grund: Ein Jahr vor dem Telekom- Börsengang 1996 hatte das Unternehmen 35.000 Immobilien bewertet, um eine Eröffnungsbilanz erstellen zu können.
Wie ein von der Bonner Staatsanwaltschaft angefordertes Gutachten inzwischen ergab, wurde der Immobilienbesitz dabei deutlich zu hoch angesetzt. Daraufhin hatte Kröske- Nachfolger Karl-Gerhard Eick die Bilanz vor wenigen Wochen völlig überraschend um 3,9 Milliarden Mark korrigiert. Die Staatsanwaltschaft vermutet nun, dass Sommer schon seit geraumer Zeit von der Überbewertung Kenntnis gehabt haben könnte.
Zumindest liegen den Ermittlern entsprechende Schreiben vor, in denen Telekom- Manager und externe Gutachter den ehemaligen Aufsichtsratsvorsitzenden Helmut Sihler und den Telekom- Vorstand bereits frühzeitig auf eine drohende Falschbewertung hingewiesen haben. Die Telekom weist solche Vorwürfe als "unbegründet" zurück. Die Bewertung der Immobilien, heißt es dort unter Berufung auf diverse externe Gutachten, sei ordnungsgemäß vorgenommen worden. [mehr]
T E L E K O MStartschuss für das Internet aus der Steckdose
Während der Rest der surfhungrigen Republik weiter auf den DSL-Anschluss wartet, beginnt in Essen und Mülheim die Neuzeit: Überraschend bietet RWE das "Web aus der Steckdose" dort bereits ab Ende dieses Monats an.
Aus: Spiegel Online 13. März 2001, 15.10 Uhr (nur elektronisch publiziert). [Original]DÜSSELDORF. Als erster Energiekonzern will die Essener RWE AG noch in diesem Monat den lang angekündigten Internet- Zugang über das Stromnetz ermöglichen. Auf der diesjährigen CeBIT wird der Startschuss für das Angebot unter dem Namen "PowerNet" gegeben, wie ein Sprecher der zuständigen Konzerntochter RWE PowerLine GmbH ankündigte. Das ist eine kleine Überraschung: Bis zuletzt hatte das Unternehmen den Start von "PowerNet" für den Juli diesen Jahres versprochen.
Zunächst werde die neue Technologie in Essen und Mülheim an der Ruhr angeboten. Weitere Städte würden dann rasch folgen, sagte er. RWE will privaten Haushalten dann einen breitbandigen Internet-Zugang bieten mit einer Übertragungsrate von 2 Megabit pro Sekunde [Ed: auch für jeden Kunden?].
Die bisherigen Feldversuche hätten gezeigt, dass die Technik marktreif sei, betonte der RWE-Sprecher. Bei den Testpersonen habe PowerLine großen Anklang gefunden. Ziel sei, zunächst "mehrere tausend Haushalte anzuschließen". Die zuständige Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post hat nach Angaben des Unternehmens keine Einwände gegen gegen die Nutzung der geplanten Frequenzen erhoben.
Ein Preismodell für PowerNet will RWE am 23. März auf der CeBIT erläutern. Dann soll auch ein zweites, verwandtes Produkt mit dem Namen "eHome Services" vorgestellt werden. Mit dem neuen Angebot soll es möglich sein, Elektrogeräte oder auch die Heizung von jedem Ort aus per Internet oder Handy ein- oder auszuschalten oder zu programmieren.
RWE hatte im vergangenen Jahr die PowerLine-Technologie unter anderem bei einem großangelegten Feldversuch in Essen getestet, bei dem rund 100 Ein- und Mehrfamilienhäuser sowie eine Schule angeschlossen wurden. RWE kooperierte dabei bereits mit dem Schweizer Technologiekonzern Ascom Holding AG, der die nötigen Geräte und Modems herstellt. Der Vorstandsvorsitzende von RWE, Dietmar Kuhnt, hatte auf der jüngsten Hauptversammlung des Konzerns die PowerLine-Technologie noch als eine der herausragenden "Innovationen für das Kerngeschäft" gewürdigt.
Mit PowerLine experimentieren neben RWE bereits seit geraumer Zeit auch zahlreiche andere Energieunternehmen. Im vergangenen Jahr hatten mehrere Versorger ebenfalls angekündigt, in diesem Frühjahr mit der Technologie auf den Markt gehen zu wollen. Dies wurde von einigen mittlerweile wieder zurückgenommen. Bei der zuständige E.ON-Tochter Oneline AG, Barleben, hieß es jetzt, die Pläne der Konkurrenten hätten keine direkten Auswirkungen auf den eigenen PowerLine- Zeitplan.
Beim im September angekündigten Pilotversuch in Zusammenarbeit mit der Avacon AG seien jetzt erst die vorbereitenden Arbeiten abgeschlossen worden. Erst im April gehe es in die eigentliche sechsmonatige Testphase. Ein PowerLine- Sprecher erläuterte, erst nach der anschließenden Auswertung der Ergebnisse werde man über einen Markteintritt entscheiden. [mehr]
A R C O R I N N O TRechtswidriger Zustand
Die Telekom musste Teile des Immobilienvermögens in ihrer Bilanz erheblich abwerten. Ob die Aktionäre betrogen wurden, prüft nun die Staatsanwaltschaft.
Aus: Der Spiegel 12/2001, 19. März 2001, Seite 98101 (Wirtschaft) von FRANK DOHMEN. [Original]Ron Sommer gab sich betont empört: "Hochgradig unseriös und völlig absurd", so der Telekom-Chef, seien die "Aussagen zum angeblichen Wertberichtigungsbedarf der Immobilien". Mehrfach bereits hätten die eigenen Wirtschaftsprüfer die Immobilien untersucht und testiert. Ergebnis: "Alles korrekt."
Gut zweieinhalb Jahre ist das nun her. Damals hatte der SPIEGEL den Telekom- Chef mit einem "streng vertraulichen" Bericht der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Arthur Andersen konfrontiert [t-off dokumentierte]. Im Auftrag der Telekom- Immobilientochter DeTe-Immobilien hatten fünf Architekten, Juristen und Ingenieure zusammen mit der Unternehmensberatung den Immobilienbestand der Telekom, der in der Eröffnungsbilanz 1995 mit rund 35,7 Milliarden Mark angegeben wurde, anhand von Stichproben untersucht mit brisantem Ergebnis.
"Das Immobilienvermögen", so schrieben die Gutachter, "scheint in den Bilanzen der Telekom überbewertet zu sein." In Einzelfällen lägen die bei einem Verkauf zu erzielenden Erlöse um mehr als 22 % unter dem in der Bilanz angegebenen Buchwert. Der Telekom drohe, warnten die Gutachter, "ein erheblicher Wertberichtigungsbedarf mit Nachteilen für die Gewinnsituation und das Ansehen".
Inzwischen ist die Warnung zur Realität geworden. Vor knapp drei Wochen musste Telekom-Finanzvorstand Karl-Gerhard Eick den Wert der Immobilien um rund 3,9 Milliarden Mark nach unten korrigieren. Schlimmer noch: Die Bonner Staatsanwaltschaft ermittelt gegen aktive und ehemalige Telekom-Manager wie den Ex-Finanzvorstand Joachim Kröske wegen des Verdachts der Falschbilanzierung und des Kapitalanlagebetrugs.
Auch gegen Ron Sommer wurde vor einigen Tagen ein Ermittlungsverfahren eingeleitet. Die Ermittler hegen den Anfangsverdacht, dass Sommer von einer Falschbilanzierung gewusst haben könnte, ohne zu reagieren. Anlass für den ganzen Wirbel war der Bericht, den der SPIEGEL im Anschluss an ein Gespräch mit Ron Sommer am 31. August 1998 unter der Überschrift "Schwer verkäuflich" zum Immobilienthema veröffentlichte. Den Artikel nahm Finanzvorstand Kröske zum Anlass, den Telekom-Manager Frerich Görts schriftlich zu maßregeln der damalige Chef der DeTe-Immobilien hatte nämlich die brisante Studie in Auftrag gegeben.
Görts, der 1996 vom Posten des Personalvorstands der Telekom zur DeTe-Immobilien gewechselt war und schon früh auf die Bewertungsproblematik hinwies, hatte allerdings mit der Veröffentlichung des Gutachtens nichts zu tun. Görts witterte seinerseits in der Berichterstattung eine "gezielte Kampage" des Vorstands, um ihn als "lästigen Kritiker" loszuwerden. Und so verfasste der ehemalige Staatssekretär zwei Briefe an Ron Sommer und dessen Aufsichtsratschef Helmut Sihler.
In den beiden "nur persönlich zu öffnenden" Schreiben erhob Görts schwere Vorwürfe gegen die Telekom und deren Finanzvorstand Kröske. Es sei, so schreibt Görts in dem Brief vom 8. September 1998, "klar erweislich, dass die in der Bilanz der Deutschen Telekom AG verbuchten und testierten Werte des Immobilienvermögens mit den Verkehrswerten in krassem Umfang nicht übereinstimmten". Allein für 163 stichprobenartig untersuchte Grundstücke in Dortmund, Düsseldorf und Koblenz, so Görts, ergebe sich eine Differenz von rund 473 Millionen Mark oder 47 %.
Erschwerend komme hinzu, "dass diese Diskrepanz und ihre Ursachen erkennbar bereits vor Erstellung des Börsenprospektes vorgelegen hätten. "Ich bin", so der Manager, "nicht länger bereit, die von Herrn Kröske betriebene Politik der Verschleierung weiter zu verantworten" und "mich an der Verdeckung des rechtswidrigen Zustandes" zu beteiligen. Die Telekom reagierte auf die Briefe mit fristloser Kündigung, die Görts seinerseits mit einer Klage vor dem Landgericht Münster beantwortete. Dort breiteten seine Anwälte in einer fast 100 Seiten umfassenden Klageschrift pikante Details aus, die die Bewertung der Telekom-Immobilien in fragwürdigem Licht erscheinen lassen.
35.000 Grundstücke und Gebäude hatte der Telefonriese 1995 vor seiner Umwandlung in eine Aktiengesellschaft von der Unternehmensberatung Seebauer & Partner und der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft C&L Treuarbeit für ihre Eröffnungsbilanz neu bewerten lassen. In einem hoch komplexen Verfahren wurden die Immobilien in verschiedene Kategorien (Cluster) wie Verwaltung, Schulen oder Büros eingeteilt und nach Verkehrswerten bewertet.
Als die Wirtschaftsprüfer mit ihrer Arbeit fertig waren, hatte sich das Immobilienvermögen der Telekom quasi über Nacht von rund 22,9 Milliarden auf knapp 35,7 Milliarden Mark erhöht. "Völlig korrekt", behauptet die Telekom und stützt sich dabei nicht nur auf ihre eigenen Fachleute, sondern auf namhafte Gutachter wie die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Wedit, "die das Verfahren der Erstbewertung 1998" laut Kröske-Nachfolger Karl-Gerhard Eick "bestätigte".
Eine Bewertung, an der es schon früh Zweifel gab, behauptet dagegen Görts und ließ seine Anwälte in Münster gleich reihenweise vermeintliche Beweise präsentieren. Besonders pikant: Selbst die Telekom- Konzernrevision habe "anlässlich einer Dienstbesprechung im Oktober 1995" bereits erhebliche Zweifel an der Richtigkeit der Immobilienwerte geäußert, heißt es in der Görts- Klage. So monierten die Telekom- Prüfer in einem von Görts als Beweismittel vorgelegten Vermerk, dass die Neubewertung "erhebliche Mängel in den ermittelten Verkehrswerten aufweist".
Außerdem präsentierte Görts neben dem Gutachten von Arthur Andersen, von dem sich die Unternehmensberatung inzwischen in Teilen distanziert, listenweise Aufstellungen von Immobilien, bei denen die Verkehrswerte, die also beim Verkauf zu erzielenden Preise, erheblich von den Buchwerten in der Bilanz abwichen. So ermittelten Prüfer beispielsweise für Bauten an der Düsseldorfer Königsallee oder beim Fernsehturm Alexanderplatz in Berlin eine negative Abweichung von den Bilanzwerten zwischen 18,6 und 22,2 %. Ein Beweis für die Fehlbewertung, folgerten die Görts-Anwälte.
Ein Ansatz, der an der Realität vorbeigeht, sagt die Telekom. Die Bewertung der Immobilien, so die Telekom-Anwälte in ihrer Klageerwiderung, sei nach geltendem Recht korrekt durchgeführt worden. "Danach sind derartige Bauten in der Bilanz solange sie betrieblich genutzt werden mit den Herstellungs- oder Wiederbeschaffungskosten, vermindert um die Abschreibung für Abnutzung, anzusetzen." Nur wenn Gebäude "nicht mehr betrieblich genutzt" werden, seien "sie mit ihren Veräußerungswerten anzusetzen". Und nur von denen gehe Görts fälschlicherweise aus. Für die Fälle, in denen modernere Technik Gebäude überflüssig gemacht habe, sei überdies bis zum Geschäftsjahr 2000 eine Rückstellung von rund 700 Millionen Mark gebildet worden.
Als Motiv für die Vorwürfe ihres früheren Immobilienchefs sieht die Telekom vor allem persönliche Gründe: Görts habe die Bewertungsproblematik künstlich hochgespielt, um sich und seiner Immobilientochter größere Freiheiten beim Verkauf der Gebäude zu verschaffen. Auch Kröske-Nachfolger Eick sieht für die vergangenen Jahre "keine Verstöße gegen geltendes Recht". Allerdings, erkannte der Finanzmann bereits im vergangenen Jahr, könnte sich die Situation dramatisch verändern, wenn sich die Telekom auf Grund der angespannten Finanzsituation entscheide, Teile des Immobilienvermögens zu verscherbeln.
Und so vergab der Finanzvorstand im Sommer 2000 einen millionenschweren Auftrag an die beiden Wirtschaftsprofessoren und Bilanzexperten Karlheinz Küting und Claus-Peter Weber. Sie sollen rund 12.000 zum Verkauf vorgesehene Gebäude und Grundstücke einzeln ansehen und nach den tatsächlich zu erzielenden Marktpreisen bewerten. Im Herbst dieses Jahres sollte das Projekt abgeschlossen werden. "Diese Neubewertung", sagt Eick, "hätte uns ermöglicht, die Bilanz anhand von nachvollziehbaren Kriterien umzustellen, um dann Teile des Besitzes zu veräußern."
Pech nur, dass inzwischen die Staatsanwaltschaft in Sachen Immobilien ermittelte. Ihr waren neben Strafanzeigen Teile der Görts-Unterlagen zugespielt worden. Die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens gegen verantwortliche Telekom- Manager war die fast zwangsläufige Folge. Auf Drängen der Ermittler gab die Telekom ein weiteres Gutachten in Auftrag. Die Immobiliengesellschaft Jones Lang Lasalle sollte Teile der Immobilien nun in einem mit der Staatsanwaltschaft abgestimmten Verfahren stichprobenartig anhand der Bodenwerte von 1995 bewerten. Das Ergebnis, das Eick vor wenigen Wochen auf den Tisch bekam, ist erschreckend: Die von den Experten ermittelten Werte lagen zwischen 700 Millionen und 1,3 Milliarden Mark unter den in der Eröffnungsbilanz ausgewiesenen Werten.
Für Eick ein Horrorszenario: Denn mit der Neubewertung nur einer einzigen Immobilie müssen die gesamten Cluster, in die der Besitz der Telekom aufgeteilt ist, neu berechnet werden. "Unterm Strich", so der Finanzvorstand, "ergab sich ein Korrekturbedarf von 3,9 Milliarden Mark." Trotzdem ist die Telekom zuversichtlich, unbeschadet aus der Immobilienaffäre rauszukommen. Den Optimismus begründet Eick mit den noch laufenden Bewertungen der beiden Wirtschaftsprofessoren.
Erst wenn jedes Haus, jedes Grundstück und jede Vermittlungsstelle angeschaut und nach den tatsächlichen Verhältnissen bewertet sei, so der Finanzvorstand, könne man abschließend sagen, ob die ursprünglichen Bilanzzahlen zu hoch oder "vielleicht sogar zu niedrig waren".
[Ron Sommer im Visier der Staatsanwaltschaft]
[Telekom muss keine Flatrate anbieten]
D E U T S C H E T E L E K O MDeutsche Bahn will Telefonnetz zurück
Erst versagt Bahnchef Hartmut Mehdorn der Telefongesellschaft Arcor den Börsengang, nun will er den Konzern auch noch zweiteilen: Arcor soll der Bahn ihr Telefonnetz zurückgeben.
Aus: Spiegel Online 21. März 2001, 20.17 Uhr (nur elektronisch publiziert). [Original]MÜNCHEN. Die Deutsche Bahn, die ihre Fernmeldeanlagen 1997 in Arcor eingebracht hat, wolle diese nun zurückkaufen und wieder selbst betreiben. Das schrieb Mehdorn nach Informationen der Süddeutschen Zeitung in einem Brief an den Arcor-Aufsichtsratsvorsitzenden Thomas Geitner. Der Verzicht auf den Bahnfunk würde Arcor ein Drittel seines Umsatzes kosten und hätte eine Zerlegung des Unternehmens zur Folge: Für die einstige Mannesmann- Tochter bliebe nur noch das Festnetz- Geschäft mit Telefon und Internet übrig.
Die Bahn überlegt bereits seit längerem, wie sie die Kontrolle über ihr Fernmeldenetz wieder erlangen kann. Anfang 1997 hatte sie das 40.000 Kilometer lange Telefonnetz entlang ihrer Gleise an Arcor verkauft und sich verpflichtet, zehn Jahre lang nur über Arcor zu telefonieren. Inzwischen übersteigen jedoch die jährlichen Gebühren für die Nutzung des Netzes längst den Kaufpreis. Der Süddeutschen Zeitung zufolge will Mehdorn für das Telefonnetz einen eigenen Unternehmensbereich unter Kontrolle der Bahn schaffen.
Die Bahn, die mit 18 % Minderheitsaktionär von Arcor ist, hatte im vergangenen Dezember den Börsengang der Telefonfirma faktisch blockiert: Der Bahnvertreter war dem entscheidenden Treffen des Aufsichtsrats einfach fern geblieben. Schon damals gab es Gerüchte, dass die Bahn den Rückkauf ihrer Anteile plane.
D E U T S C H E T E L E K O MBanken sollen Aktienkurs stützen
VoiceStream: Stoßen US-Aktionäre nach dem Tausch die T-Aktie ab? Die Deutsche Telekom sucht bei der VoiceStream-Übernahme offenbar die Hilfe von sechs Großbanken. Diese sollen angeblich verhindern, dass die T-Aktie durch Verkäufe von US-Anlegern belastet wird, die kein Interesse an einer deutschen Aktie haben.
Aus: Spiegel Online 27. März 2001, 16.23 Uhr (nur elektronisch publiziert). [Original]BONN. Analysten gingen davon aus, dass viele VoiceStream-Aktionäre wenig Interesse an den Telekom- Papieren hätten, die sie im Zuge der Übernahme erhielten, meldet das Handelsblatt. Sollten die Aktionäre größere Pakete verkaufen, könnte das den ohnehin schon niedrigen Telekom-Kurs weiter belasten.
Dies sollen die sechs Großbanken verhindern. Sie seien von der Telekom beauftragt worden, den so genannten "Rückfluss" zu managen. Bei den Banken handele es sich um Dresdner Kleinwort Wasserstein, Crédit Suisse First Boston, Goldman Sachs, Merrill Lynch, Deutsche Bank und Schröder Salomon Smith Barney, schreibt die Zeitung unter Berufung auf Finanzkreise. Die Deutsche Telekom wollte die Meldung nicht kommentieren.
Wie die Banken im Einzelnen vorgehen wollten, sei noch unklar. Theoretisch könnten sie Käufer für größere Pakete suchen oder die Titel teilweise in die eigenen Depots nehmen. Analysten zufolge kämen beispielsweise große Investmentfonds als Käufer in Frage.
Das Banken-Großaufgebot gilt in der Finanzbranche als ungewöhnlich, zeige aber, wie besorgt die Telekom sei. Zudem ist das Volumen der Übernahmen in den USA ungewöhnlich groß. Allein für VoiceStream will die Telekom 828,8 Millionen eigene Aktien ausgeben. Weitere 147 Millionen braucht sie für den Kauf der kleineren Powertel. Damit wird die Anzahl der Telekom-Aktien von 3,09 auf rund vier Milliarden ansteigen. Die Zahl der Aktien im Streubesitz erhöht sich um 80 %.
Politischer Druck auf Regulierer?
Telekom-Chef Ron Sommer sucht Hilfe beim Hauptaktionär. In einem Brief fordert die Telekom Mitglieder der Bundesregierung dazu auf, Druck auf die Regulierungsbehörde auszuüben.
Aus: Spiegel Online 29. März 2001, 19.32 Uhr (nur elektronisch publiziert). [Original]BONN. Bei der Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post stehen diverse Entscheidungen an, die laut Telekom Umsatzrückgänge in Milliardenhöhe bringen könnten. Die Telekom bezeichnete den Brief "als einen den normalsten Vorgänge der Welt". Man informiere lediglich die zuständigen Aufsichtspersonen über mögliche Fehlentwicklungen, sagte Sprecher Ulrich Lissek. Bei der Regulierungsbehörde war keine Stellungnahme zu erhalten.
Das Schreiben des Leiters der Telekom-Zentralabteilung Ordnungs- und Wettbewerbspolitik, Hans-Willi Hefekäuser, ist unter anderem an den Staatsminister im Kanzleramt, Hans Martin Bury, den Kanzleramtschef Frank Steinmeier, den Finanzstaatssekretär Heribert Zitzelsberger und den Wirtschaftsstaatssekretär Alfred Tacke gerichtet. In dem am 26. März datierten Brief wird unter Bezug auf mehrere am Freitag [30.3.2001] zur Veröffentlichung anstehenden Entscheidungen des Regulierers vor "Fehlentwicklungen" in der Regulierungspraxis gewarnt.
Morgen wird die Regulierungsbehörde mehrere grundsätzliche Entscheidungen bekannt geben, die die Entwicklung des Wettbewerbs auf dem deutschen Telekommunikationsmarkt mitbestimmen werden. Nach Angaben aus Branchenkreisen wird die Bonner Behörde kein Preisdumping beim schnellen Internetanschluss T-DSL feststellen.
Bei der mit Spannung erwarteten Preisfestsetzung für den Teilnehmeranschluss im Ortsnetz wird es voraussichtlich keine deutliche Senkung des gegenwärtigen Mietpreises von 25,40 Mark pro Monat geben. Einem Bericht des Handelsblatts zufolge wird die Gebühr um eine Mark gesenkt.
Während mit diesen beiden Entscheidungen die Erwartungen der Konkurrenten der Deutschen Telekom weitgehend enttäuscht werden, muss die Telekom durch die absehbare Zulassung des so genannten Reselling künftig mit mehr Wettbewerb im Ortsnetz rechnen. Dabei handelt es sich um den Wiederverkauf von Leistungen der Telekom, die ein Unternehmen mit einem Rabatt erwirbt und an Endkunden weitergibt.
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